46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
darauf nur, Ihnen anzudeuten, in welcher Weise er den betreffenden Gegenstand beurteilt. Von meiner Meinung ist keine Rede gewesen.“
„Das wollen wir uns auch sehr verbitten. Ich betrachte Ihren Besuch als einen sehr nutzlosen und entschieden gefahrvollen. Nutzlos ist er für Juarez, da wir nicht mit ihm verhandeln, und gefahrvoll ist er für Sie, Monsieur.“
Sternau nahm eine ungläubige Miene an.
„Gefahrvoll für mich?“ sagte er. „Inwiefern, Monsieur?“
„Weil Sie dabei Ihre Freiheit, ja sogar Ihr Leben wagen.“
„Ah! Unmöglich!“
„Und doch. Juarez ist vogelfrei. Ich habe erst gestern den strengen Befehl erhalten, jeden seiner Anhänger als Banditen zu betrachten und zu behandeln, das heißt, ihn erschießen zu lassen.“
„Alle Teufel“, lachte Sternau, „so wird mir wohl das Vergnügen, von Ihnen auch als Bandit betrachtet zu werden?“
„Sie stehen sehr nahe an dieser Gefahr. Es tut mir leid, Ihnen sagen zu müssen, daß ich erstens einen Bevollmächtigten des Expräsidenten nicht als diplomatische Person anerkenne – – –“
„Und zweitens?“
„Und daß ich zweitens Sie als meinen Gefangenen festhalten werde.“
Da legte Sternau das eine Bein über das andere und antwortete ruhig:
„Über den zweiten Punkt wollen wir jetzt nicht richten; dazu ist ja später noch Zeit. Was aber den ersten Punkt betrifft, so werde ich auf alle Fälle und trotz Ihrer Weigerung den mir gewordenen Auftrag ausrichten. Ich habe Ihnen nämlich zu sagen, daß – – –“
Er wurde unterbrochen, Oberst Laramel trat einen Schritt näher und rief zornig:
„Halt! Kein Wort weiter! Jede Silbe wäre eine Beleidigung!“
Sternau zuckte die Achseln.
„Ich habe bereits gesagt, daß ich gekommen bin, um mit dem Kommandanten von Chihuahua, nicht aber mit einem anderen zu sprechen. Will man von einem Bevollmächtigten seitens Juarez nichts wissen, so kann es doch nichts schaden, einen Mann anzuhören, dessen Mitteilungen nur Nutzen bringen können.“
„Ihre Mitteilungen können mir nichts nutzen!“ sagte der Kommandant streng.
„Sie könnten wenigstens weiteren und größeren Schaden verhüten, wenn sie allerdings auch nicht imstande sind, Geschehenes ungeschehen zu machen. Wollen Sie Juarez nicht als eine Person anerkennen, mit welcher Sie amtliche Verhandlungen pflegen, so wird er sich durch die Macht der Tatsachen Anerkennung verschaffen.“
„Welche Tatsachen sind das?“ fragte der Kommandant spöttisch. „Meinen Sie etwa seine Flucht, seine Ohnmacht, seine Hilflosigkeit?“
„Flucht? Er ist nicht geflohen, er hat sich zurückgezogen. Ohnmacht? Nennen Sie einen Mann ohnmächtig, der alle Ihre Unternehmungen vereitelt?“
„Herr, wahren Sie Ihre Zunge!“ brauste der Kommandant auf. „Ich weiß nicht, was Sie mit Ihrer Vereitelung meinen. Allerdings ist eine meiner Kompanien abgeschlachtet worden, aber es sind bereits Vorkehrungen getroffen, diesen Unfall zu rächen.“
„Glauben Sie, daß diese Rache Ihnen gelingen wird!“
„Unbedingt.“
„So sage ich Ihnen, daß jetzt Sie es sind, der sich eines gewaltigen Irrtums schuldig macht. Ihr Unternehmen ist nämlich bereits vollständig mißlungen.“
Der Offizier machte eine Bewegung des Schrecks.
„Wieso? Was wissen Sie von meinem Unternehmen?“
„Oh, Juarez war bereits längst von demselben unterrichtet und hatte seine Vorkehrungen getroffen. Der Angriff auf Fort Guadeloupe hat allerdings stattgefunden, aber –“
„Aber?“ fragte der Oberst rasch.
„Er ist abgeschlagen worden.“
Da sprangen auch sämtliche Offiziere auf, die bisher noch gesessen hatten.
„Unmöglich!“ rief der Oberst. „Wer hat ihn abgeschlagen?“
„Juarez.“
„So befand er sich in Guadeloupe?“
„Er begab sich dorthin, sobald er von Ihrer Absicht unterrichtet wurde.“
„Sie wissen das genau?“
„Ich befand mich bei ihm.“
„Sie waren bei dem Angriff zugegen?“
„Ja.“
„Nun, dann wird der Erfolg des Expräsidenten nur ein augenblicklicher und kurzer gewesen sein. Wir haben es nicht erreicht, ihn zu überraschen, aber meine tapferen Truppen werden dennoch das Fort nehmen und ihn, wenn nicht fangen, so doch wenigstens aus demselben vertreiben.“
„Ich muß Ihnen leider sagen, daß dies nicht geschehen wird.“
„Warum nicht?“
„Weil Sie keine Truppen mehr haben.“
Der Kommandant erbleichte.
„Wie meinen Sie das?“ fragte er stockend.
„Ihre Truppen sind vollständig vernichtet.“
„Herr,
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