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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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es in Frankreich gebräuchlich, sich Liebe durch rohe Gewalt zu erzwingen. Aber selbst diese Roheit würde in Mexiko zu keinem Ziel führen.“
    „Das kommt auf einen Versuch an.“
    „Ich warne vor demselben.“
    „Ah, wollen Sie mir wieder ein Monokel zerbrechen?“
    „Vielleicht.“
    „Ich kann es ersetzen!“
    „Ich habe das bemerkt. Sie scheinen außerhalb des Dienstes Brillenhändler zu sein.“
    „Alle Teufel, Sie werden giftig“, fuhr er auf.
    „Nur zuweilen.“
    „Ich werde Sie zähmen.“
    „Sparen Sie die Mühe! Ich sehe gar wohl ein, daß ich mich Ihnen aufrichtig und ohne alle weibliche Scheu erklären muß, Ihnen Ihren Standpunkt klar zu machen.“
    „Tun Sie es! Ich bin neugierig und werde ein eifriger Zuhörer sein.“
    Diese Worte wurden in einem impertinenten Ton gesprochen. Sie beachtete dies aber nicht im geringsten, sondern fuhr im belehrenden Ton fort:
    „Wir Mexikanerinnen sind anders, als die Damen Frankreichs –“
    „Donnerwetter, das bemerke ich!“ unterbrach er sie.
    „Ah, wirklich? Nun, welchen Unterschied finden Sie?“
    „Sie sind verdammt kokett. Sie erregen Gefühle, welche Sie nicht befriedigen.“
    „Ihr Vorwurf enthält zugleich eine Ehre für uns. Aber Sie drücken sich falsch aus, denn wir befriedigen nur diejenigen Gefühle nicht, welche ohne unsere direkte Absicht entstanden sind.“
    „Ah“, lachte er, „die anderen finden Befriedigung.“
    „Gewiß“, antwortete sie unbefangen. „Wenn wir lieben, so lieben wir mit Leib und Seele, dies wird bei Ihnen ebenso sein, nur daß Ihre Damen vielleicht nicht aufrichtig genug sind, dies einzugestehen. Wenn wir aber nicht lieben, so kann uns keine Macht der Erde zwingen, Erhörung zu gewähren. Versucht man diesen Zwang, so sind wir imstande, zum Dolch zu greifen, und ich gebe Ihnen mein Wort, daß wir ihn zu führen verstehen.“
    „Ah, Sie sind wirklich ein Teufel, aber ein sehr liebenswürdiger.“
    „Weiter! Unsere Verhältnisse sind andere, als die Ihrigen. Bei Ihnen wird eine Dame sich vielleicht scheuen, einem Offizier offen in das Feld zu folgen. Bei uns ist das eine Heldentat. Mit einem Schritt wie diesem ist nicht die mindeste Schande verknüpft. Man liebt den Mann; man schließt sich ihm an; man nimmt Teil an seinen Entbehrungen, an seinen Taten, und später wird man seine Frau.“
    „Ah, wirklich?“
    „Sicher. Kein Mexikaner ist ehrlos genug, eine solche Aufopferung, ein solches Vertrauen mit Schande zu bezahlen. Fühlt er, daß er die Dame nicht lieben kann, so weist er sie zurück. Sie aber, Señor, kommandieren die Dame tyrannisch mit sich fort, glauben, Liebe befehlen zu können, wo keine vorhanden ist und werfen die Ärmste dann von sich, sobald Sie sich gesättigt haben. Sie begehen sodann den Fehler, uns nach Ihnen zu beurteilen, und das kann sehr leicht verhängnisvoll werden.“
    „Sie sprechen wie ein Pfarrer!“
    „Spotten Sie immerhin; ich spreche dennoch weiter. Bin ich dann mit meiner Rede fertig, so bin ich zugleich fertig mit Ihnen. Sie stellen mich und meine Schwester zu einer gewissen Kategorie Mädchen, deren es bei Ihnen jedenfalls hundertmal mehr gibt, als bei uns; aber Sie irren sich. Glauben Sie es oder nicht, das ist mir gleichgültig; aber ich sage Ihnen, daß es noch kein Mann gewagt hat, mich so zu berühren, wie Sie es in Ihrer Absicht haben. Ich hatte eben noch nie geliebt, als bis ich Señor Berthold sah. Er stand mir fern, und ich konnte mich ihm nicht nähern. Da hörte ich von Ihrer Offerte, und ich meldete mich. Jetzt erst erhielt er Gelegenheit mich kennenzulernen. Ist es ihm möglich, mich zu lieben, so werde ich ein glückliches Weib sein, liebt er mich aber nicht, so kehre ich zurück und werde in einem Kloster meine unglückliche Neigung zu besiegen versuchen.“
    Dieses offene Geständnis aber war so scharf, so fest und sicher ausgesprochen, daß der Offizier an die Wahrheit desselben glauben mußte; sein Leichtsinn bekam aber sofort die Oberhand; darum fragte er:
    „Ah, also Sie lieben diesen Monsieur Berthold?“
    „Ja.“
    „Und er Sie?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Ihm würden Sie also die Bitten erfüllen, welche ich vergebens an Sie stelle?“
    „Ja.“
    „Und wenn er Sie dann verließe?“
    „Dies würde er nicht tun; er ist ein Ehrenmann. Ein Deutscher ist kein Franzose.“
    „Danke, Señorita, für dieses Kompliment! Aber wenn er Sie doch verließe? Wenn es sich doch herausstellte, daß er kein Ehrenmann ist und daß Sie sich geirrt

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