46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
machen.“
„Hm! Ja! Wie?“ meinte der Kapitän im Ton des Bedenkens, obgleich er seinem Untergebenen vollständig beistimmte.
„Wir füsilieren sie.“
„Das sind wir unserer eigenen Sicherheit und dem Marschall schuldig. Aber sie sollen, obgleich sie den augenblicklichen Tod verdient haben, ein rechtmäßiges Urteil empfangen. Gehen Sie, Oberleutnant, und rufen Sie die Chargierten zusammen. Wir werden augenblicklich ein Kriegsgericht konstituieren.“
Der Leutnant ging und holte in aller Stille die Leute herbei. Der Kapitän hielt an dieselben eine kurze Ansprache, verlas die Briefe und erklärte, daß solche Verbrechen mit dem sofortigen Tod zu bestrafen seien.
„Wir befinden uns auf dem Marsch in Feindesland“, sagte er. „Formalitäten sind überflüssig, ja vielleicht gefährlich. Im Krieg handelt man schneller als in Zeiten des Friedens. Ich fordere unbedingt sofortige Vollziehung des Urteils, welches die Herren aussprechen werden. Wie lautet es?“
Die Untergebenen errieten den Wunsch ihres Vorgesetzten und stimmten alle für den Tod der beiden Deutschen, zu vollziehen durch das Gewehr.
Nur ein Unteroffizier wagte zu fragen, ob es nicht geraten sei, die Angeklagten vorher reden zu lassen.
„Pah, was sollen sie reden!“ sagte der Kapitän. „Ihre Schuld ist erwiesen. Nehmen wir ihnen die Knebel fort, so heulen sie uns die Ohren voll. Das können wir vermeiden. Schlagt zwei Pfähle in die Erde und bindet sie daran, so, wie sie jetzt sind, und ruft die Kompanie zusammen. Wir verkünden das Urteil, und sechs Mann sind genug, es zu vollziehen, für jeden drei.“
„Dann müssen wir die Feuer heller machen“, meinte der Oberleutnant.
„Besorgen Sie das“, stimmte der Kapitän zu.
In kürzester Zeit flammten die Feuer auf. Am Rand des Waldes wurden zwei Stämme abgeschnitten und zwischen den Lagerfeuern in die Erde geschlagen. Dann befestigte man die Gefangenen daran, und nun ertönte das laute Kommando zum Antreten. In der Zeit von zwei Minuten stand die ganze Kompanie in Reih und Glied mit den Offizieren vor der Front.
Hierdurch war natürlich ein Lärm erregt worden, welcher die beiden Schwestern in ihrem Zelt aufmerksam machte. Sie traten aus demselben hervor.
„Was ist das?“ fragte Pepi erstaunt.
„Die ganze Kompanie versammelt, mitten in der Nacht!“ fügte Zilli hinzu.
„Und dort – o Zilli, siehst du?“
„Wo?“
„Zwischen den beiden Feuern!“
„Heiliger Gott, Doktor Willmann an einen Pfahl gebunden!“
„Und Doktor Berthold neben ihm! Was ist das?“
Die beiden Mädchen waren im ersten Augenblick mehr erstaunt als erschrocken. Da erhob der Hauptmann seine Stimme, um Achtung zu rufen.
„Sie sind gefangen!“ sagte Pepi.
„Man hat sie von uns fortgelockt!“ meinte Zilli.
„O, man will sie töten, töten aus Eifersucht unseretwegen! Ich leide es nicht, nein, ich leide es nicht! Komm Zilli!“
Die beiden Mädchen eilten auf die Reihe der Soldaten zu. Sie hörten, was der Kapitän mit lauter Stimme sprach; sie erfuhren, daß die beiden geliebten Männer wegen Einvernehmens mit dem Feind und wegen Mordanschlags gegen den Marschall sofort erschossen werden sollten. Sie waren heißblütige, mutige Mexikanerinnen. Sie flogen mit wehenden Gewändern um den Flügelmann herum und auf die Offiziere zu.
„Das ist falsch! Sie sind unschuldig! Sie sind keine Verräter!“ rief Pepi.
„Zurück mit euch!“ gebot der Kapitän. „Hier ist kein Platz für euch.“
„So gehen wir dahin, wo unser Platz ist!“ sagte das mutige Mädchen. „Eure Kugeln sollen erst uns durchbohren, ehe sie die Unschuldigen treffen.“
Sie schritt auf die Gefangenen zu und stellte sich vor Berthold hin, während ihre Schwester Willmann mit ihrem Leib deckte.
„Unsinn!“ sagte der Kapitän. „Korporal Gradon, nehmen Sie drei Mann und schaffen Sie die Mädchen fort!“
Der Korporal wollte gehorchen, doch als er in die Nähe der kühnen Mexikanerinnen kam, zogen sie ihre Dolche und Pepi drohte:
„Halt, bleibt stehen! Wer uns anrührt, muß sterben. Diese Klingen sind mit Curare vergiftet!“
Da machte der Korporal mit seinen drei Mann Halt und blickte den Hauptmann an, um dessen neuen Befehl zu erwarten.
Dieser befand sich in augenscheinlicher Verlegenheit. Er wollte Zilli nicht gewaltsam behandeln, aber auch keinen seiner Leute verlieren. Da riß ihn der Oberleutnant aus der schwierigen Lage, indem er sagte:
„Das sind ganz verteufelte Kröten. Man darf ihnen nicht zu nahe
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