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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kommen, und doch will man ihnen nicht weh tun. Soll ich sie unschädlich machen, Kapitän?“
    „Ja. Aber wie?“
    „Hm, wissen Sie nicht, daß ich mich in letzter Zeit geübt habe, Lasso zu werfen?“
    „Ah, gut, schön; das ist prächtig! Haben Sie einen Lasso?“
    „Ja, im Zelt.“
    „Holen Sie ihn sogleich.“
    Das tat nun der Leutnant nicht; er gab vielmehr seinem Diener einen Wink, welcher das Verlangte sogleich brachte. Der Leutnant nahm den Riemen, wickelte ihn kunstgerecht auf und schritt dann auf die Pfähle zu.
    Es war ein eigentümlicher Augenblick. Zwei Mädchen hielten eine ganze Kompanie Soldaten in Schach. Sie wußten, welche Furcht man vor dem Curare hat. Ungefähr zwölf Schritte von ihnen entfernt blieb der Leutnant stehen und gebot:
    „Geht fort, sonst werfe ich!“
    „Versuchen Sie es!“ antwortete Pepi trotzig.
    Er machte Miene, zum Wurf auszuholen, wurde aber durch eine fremde Stimme davon abgehalten, welche in kräftigem Baß Halt gebot. Er drehte sich langsam um, und mit ihm sah die Kompanie einen Mann langsam vom Rand des Gebüsches her auf die Stelle zuschreiten, an der die Offiziere standen.
    Dieser Mann war hoch und breit gebaut, und die flackernden Reflexe der Feuer schienen seine Gestalt in das Gigantische verlängern zu wollen. Er blieb gerade vor der Front bei dem Hauptmann stehen und grüßte:
    „Guten Abend, meine Herren. Ich verbiete Ihnen, diese Damen zu beleidigen!“
    Die Franzosen waren ganz erstaunt ob dieses Zwischenfalles. Die Gestalt und das gebieterische Verhalten dieses Mannes machten einen so verblüffenden Eindruck auf sie, daß erst nach einer Pause der Kapitän fragte:
    „Mensch, was wagen Sie? Wer sind Sie?“
    Der Mann stützte den Kolben seiner Büchse auf die Erde und antwortete ruhig:
    „Ein Jäger bin ich, Monsieur.“
    „Ein Jäger? Und Sie treten hier als Gebieter auf?“
    „Wie Sie sehen und hören! Die Damen stehen unter meinem Schutz.“
    „Ah, woher kommen Sie?“
    „Aus Fort Guadeloupe.“
    „Donnerwetter! Und wohin wollen Sie?“
    „Nur hierher zu Ihnen.“
    Der Kapitän war über diese Antwort ganz betreten. Er fragte:
    „Hierher? Zu mir? Kennen Sie mich?“
    „Ja.“
    „Und wußten Sie, daß ich hier zu treffen bin?“
    „Sehr genau.“
    „Woher?“
    „Ich habe von Chihuahua aus Ihre Spur verfolgt und Sie seit dem Nachmittag hier beobachtet.“
    Der Offizier befand sich beinahe in Verlegenheit, was er von dem Mann zu halten habe. Die Sicherheit und Ruhe desselben imponierten ihm. Die ganze Szenerie war vollständig dazu angetan, den Eindruck dieser plötzlichen Erscheinung zu verzehnfachen. Der Oberleutnant sah die Bestürzung seines Vorgesetzten. Den Lasso in der Hand, trat er wieder näher, musterte den Fremden aufmerksam und fragte dann:
    „Sie wußten, daß wir hier zu finden seien?“
    „Ja“, nickte der Gefragte.
    „Sie haben uns also gesucht?“
    „Gewiß.“
    „So sind Sie ein Bote?“
    „Nein.“
    „Aber zum Teufel, was wollen Sie denn da hier?“
    „Ihnen sagen, daß die vier Personen, welche dort an den beiden Pfählen stehen, sich unter meinem Schutz befinden.“
    „Sie sind einfach verrückt! Ich werde Sie festnehmen lassen, um zu sehen, was wir von Ihnen zu halten haben. Geben Sie Ihre Büchse ab.“
    Er streckte die Hand nach dem Gewehr aus, der Fremde aber trat einen Schritt zurück und antwortete:
    „Sie erklären mich für wahnsinnig, weil ich, ein einzelner Jäger, es wage, der Vollstreckung eines ungerechten Urteilsspruches mich zu widersetzen? Ah, wissen Sie, was hier im wilden Gebirge ein Jäger zu bedeuten hat? Sie haben zwei Unschuldige zum Tod verurteilt; dafür werde ich mich als Richter aufwerfen und Sie selbst zum Tod verurteilen. In fünf Minuten lebt von Ihnen allen kein einziger mehr. Blut um Blut, das fordert das Gesetz der Savanne.“
    Da erhielt der Kapitän die Sprache wieder. Er zog seinen Degen, trat hart an den Fremden heran und sagte:
    „Mensch, aus Ihnen spricht entweder der Wahnsinn oder Verrat. Geben Sie Ihre Waffen ab und sagen Sie, wer Sie sind und wie Sie heißen!“
    „Die Waffe abgeben? Pah, das wollen Sie doch nicht von mir verlangen! Die Kugeln werden Sie bekommen, aber die Büchse nicht. Ich brauche Ihnen nur meinen Namen zu nennen, so werden Sie es glauben.“
    Der Fremde stand so ruhig und stolz vor ihm, als ob er mit einem Schulknaben spräche. Dies entflammte den Kapitän zur Wut. Er gebot:
    „Nun, so lassen Sie hören! Wie heißen Sie?“
    „Man nennt mich den

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