46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
solle.“
„Nun, ich bitte Sie!“
„O, ich würde zunächst zum Degen greifen, und diese Franzmänner zum Land hinausjagen, sie haben dies genügsam verdient.“
„General, Sie, als Soldat, wissen am besten, daß dies unmöglich ist!“
„Unmöglich? Leicht ist es, Majestät, sogar sehr leicht!“
„Sie bringen mich in das größte Erstaunen!“
„Rufen Sie die Mexikaner auf. Sie werden wie ein einziger Mann aufstehen und Ihnen helfen. Dann sind Sie der Anführer, der Kaiser des Volkes. Dann haben Sie gezeigt, daß Sie Herrscher sind aus eigener Kraft, und Majestät. Man wird Sie anerkennen; man wird Ihnen gehorchen, ja, man wird Ihnen zujubeln!“
Max schüttelte den Kopf und entgegnete:
„Ich kann Ihre Begeisterung nicht teilen. Denken Sie an Juarez, an den ‚Panther des Südens‘, an die vielen anderen Bandenführer, welche gern selbst Kaiser spielen möchten. Denken Sie ferner an England, an die Vereinigten Staaten, an Spanien – von anderen gar nicht zu sprechen! Denken Sie an meine Verpflichtungen Frankreich gegenüber – – –“
„O“, unterbrach ihn der General, „ich glaube nicht, daß der Franzose sich seiner Verpflichtungen Ihnen gegenüber zur geeigneten Stunde erinnern wird. Über Mexiko kann nur das Schwert herrschen. Wer die Parteien einigen und ihnen befehlen will, der muß eine starke, rücksichtslose Faust haben und sich vor aller Weichheit hüten. Erst seine späteren Nachfolger dürfen daran denken, das Schwert mit der Palme zu vertauschen.“
„Sie verlangen also einen Attila, einen Tamerlan?“
„Nein, sondern einen Karl den Großen, welcher zu siegen und zu einigen weiß, ohne zu verwüsten.“
„Jetzt hat man mit der Politik zu rechnen!“
„Was können die Diplomaten tun, vollendeten Tatsachen gegenüber?“
„Und Juarez, mein kräftiger Gegner?“
„Wird unschädlich gemacht. Ich denke mit Grimm an die kleinen Kerls, welche sich General schimpfen und nur den Zweck haben, der Herde die Wolle zu nehmen. Da ist zum Beispiel dieser Cortejo –“
„Ah“, unterbrach ihn der Kaiser, „welcher jetzt mit dem ‚Panther des Südens‘ gleiche Sache macht?“
„Ja, jener Pablo Cortejo, dessen Tochter ihre Fotografien versendet, um vermöge ihrer Schönheit Anhänger zu werben.“
„Haben Sie Ihr Bild gesehen?“
„Hundertmal!“
„Ich leider noch nicht“, lächelte der Kaiser.
„Nicht? Ah, diesen Hochgenuß dürfen Majestät nicht länger entbehren!“
Er griff in seine rotseidene Schärpe und zog ein Visitenkartenetui hervor.
„Sie besitzen das Porträt?“ fragte der Kaiser.
„Ja. Ich gestatte mir, es Eurer Majestät zur Ansicht zu überreichen!“ –
Er gab dem Kaiser das Bild. Dieser betrachtete es einige Augenblicke lang, gab es dann dem General wieder und sagte dabei im Ton des Bedauerns:
„Armes Mädchen!“
Mejia runzelte abermals die Stirn. Er liebte den Kaiser, aber er war ein Mann der Tat und haßte alles Weichliche. Er sagte mit Nachdruck:
„Arm? O, Majestät, ich bedaure und bemitleide diese Dame nicht. Ja, sie macht sich lächerlich, ungeheuer lächerlich, aber sie ist eine gefährliche Intrigantin, welche ich für alle Fälle unschädlich machen würde.“
„So halten Sie auch ihren Vater für gefährlich?“
„Allerdings.“
„Als Kronprätendenten?“
„O nein“, lachte Mejia. „Aber gefährlich ist mir jeder Mensch, gleichviel, ob Mann oder Frau, welcher nicht mit mir, sondern wider mich ist.“
Er wollte fortfahren, konnte aber nicht, denn es ertönten Schritte hinter ihnen, und als sie sich umdrehten, gewahrten sie den Kammerdiener des Kaisers. Er hieß Grill, spielte in Cuernavaca den Haushofmeister und ist seit jener Zeit eine viel genannte Persönlichkeit gewesen. Man sah es dem Kaiser an, daß ihm diese Störung nicht ganz unlieb sei. Mejia hatte denn doch ein wenig zu aufrichtig gesprochen.
„Was gibt's?“ fragte Max.
„Entschuldigung, Majestät, der Herr Marschall ist hier“, antwortete Grill.
„Bazaine?“
„Ja. Er wünscht, Euer Majestät zu sprechen.“
„Ich komme sogleich!“
„O, der Marschall folgt mir auf dem Fuße.“
„So kehren wir um.“
Sie drehten sich um. Mejia zog ein finsteres Gesicht. Max sah es.
„Soll ich Sie entlassen, General?“ fragte er.
Er wußte sehr wohl, daß diese beiden einander ganz und gar nicht leiden konnten.
„Ich bitte Euer Majestät, bleiben zu dürfen, um nicht den Anschein zu erregen, als ob ich einen Franzosen fürchte.
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