47 - Die Geißel von Antares
da am Ende meiner Suche etwas sehr Häßliches.
Also sagte ich etwas, wie ich fand, wirklich Einfallsreiches. »Du solltest Tolaar für dein Leben danken.«
Das ließ ihn reagieren. Sein Gesicht verzerrte sich. »Du verdammter Blintz ...«, fing er an.
Der Knebel fand mühelos Platz, als er seine schwarzzähnige Weinschnute hübsch weit aufriß. Dann wurde er zusammengeschnürt wie ein Braten, auf den die Backröhre wartete. Ich legte ihn in den Tiefen des Gebüsches ab, kroch rückwärts hinaus und stand auf, wobei ich mich sorgfältig nach allen Seiten umsah.
Er hieß Fortro N'Norgoil. Er hatte ein auffälliges goldenes, mit Ronilen besetztes Medaillon in der Form eines sich an den Spitzen berührenden Schwingenpaars an einer Goldkette um den Hals getragen. Der Ausdruck hinterhältiger Berechnung war ausgeprägter geworden, als ich es ihm abgenommen hatte. Nun, ich war schlau genug gewesen, es auf keinen Fall anzulegen. Es steckte nun in einer Innentasche des roten Gewandes.
In den offenen Platz um mich herum war offenbar eine beträchtliche Summe investiert worden. Allein die Wasserversorgung mußte ein Vermögen gekostet haben. Aquädukte und Rohrleitungen speisten zahllose Brunnen und Teiche mit Wasser. Wo die weicheren Gesteinsschichten verwittert waren, hatten Zeit und die Hand des Menschen Lustgärten angelegt, in denen es Blumen und Gewächse in Hülle und Fülle gab. Aus den härteren Felsen hatte man beeindruckende Statuen geformt, die sich über den kleinen Tälern erhoben. Zeitweise hatte man den Eindruck, als folgte man einem Naturpfad.
Die über die Lichtungen verstreuten Gebäude dienten allen Arten vergnüglicher Betätigungen, davon waren einige angenehm und andere wiederum faszinierend, während man ein paar besser nicht erwähnen sollte. Priester spazierten zwischen diesem Aufgebot hedonistischer Erquickungen umher, um die diversen Angebote auszunutzen. Hier belohnte Dokerty die seinen.
Ich folgte den Richtungsanweisungen Fortro N'Norgoils über kurzgemähte Rasenflächen, die im Licht des Mondes in seltsamen Farben schimmerten, und bleiche Kieswege.
Der Tempel, in dem ich, wie er mir versichert hatte, den Schrein des Prismas finden würde, kam am Ende einer von großen Statuen mythologischer Ungeheuer gesäumten Gasse in Sicht. Das Gebäude erschien für eine so wichtige Funktion ziemlich klein und unscheinbar. Die Gegend war ein gutes Stück von den Lustgärten entfernt, und im verschwommenen rosafarbenen Licht der Jungfrau mit dem Vielfältigen Lächeln konnte ich keinerlei Bewegungen ausmachen. Ich ging ruhig weiter.
Die Türen waren aus festem, gehämmertem Gold. Die Säulen bestanden aus glänzendem Marmor. Ich drückte gegen die Tür, sie schwang auf, und ich trat ein.
Ich wunderte mich erneut über die geringe Größe des Gebäudes. Es war in verschwenderischer Weise mit Schätzen geschmückt, die im Licht zahlloser Laternen auf fast schon schmerzhafte Weise funkelten.
Der eigentliche Schrein in Gestalt eines drei Meter hohen, achteckigen Behältnisses war eine Masse aus Gold, mit Ronilen besetzt. Das Kristallfenster an der Vorderseite wurde von einer inneren Lichtquelle erhellt. Ich sah hinein.
Dort stand das verdammte Schwingensymbol, deutlich sichtbar. Die erhobenen Schwingen, deren Spitzen zusammentrafen, waren in allen Einzelheiten herausgearbeitet. Sie wuchsen aus einem breiten, rechteckigen Fundament heraus, in deren Mitte ein rundes, hell funkelndes Symbol das Prisma der Macht enthielt. Das war der teuflische Zauber aus alten Zeiten, der junge Männer und Frauen in zum Tode verurteilte, rasende Ungeheuer verwandelte.
Das Kristallfenster schwang lautlos auf.
Ich griff hinein.
Ich griff nach dem Prisma der Macht.
Meine Finger öffneten und schlossen sich.
Meine Faust packte Luft. Meine Finger fuhren einfach durch das Schwingensymbol hindurch.
Ich begriff sofort.
Ein Trugbild! Ein verdammtes Trugbild!
Und genau in diesem Augenblick ertönte hinter mir ein heiseres und unheimliches Gelächter, das durch den ganzen Tempel hallte.
14
Ich löste die schwarzen Seidenschnüre des Gewands und drehte mich langsam um.
Eine Gestalt näherte sich vom Eingang. Das Licht fiel auf ein mit roten und schwarzen waagrechten Schlitzen versehenes Gewand, das mit goldenen Ziffern übersät war. Die nach vorn gezogene Kapuze verhüllte ein schwarzes Nichts. Eine Hand hielt einen langen Stab umklammert, um den sich Symbole schlängelten; er wies jedoch keine Schädel oder
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