Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

Titel: 47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
Vom Netzwerk:
Eitelkeit und ihr Neid untereinander so legendär wie die der Samurai. Trotzdem wünschte er sich bei ihrem Anblick, dass er in einem anderen Leben als Schauspieler wiedergeboren wurde, und sei es nur für wenige kostbare Augenblicke wie diesen ... dem die Ronin nun ein Ende bereiten würden. Diesmal stieß Oishi ihn an. Die Ronin erhoben sich aus ihren Verstecken in den Büschen und traten hinaus auf die Straße, um sie zu versperren.
    Kawatake blieb wie angewurzelt stehen und starrte sie an. Sein Ausdruck gelähmten Entsetzens angesichts der Bande zerlumpter, ungepflegter und gut bewaffneter Männer, die zurückstarrten und offensichtlich nicht die Absicht hatten, seine Gruppe vorbeizulassen, hatte nichts Theatralisches mehr an sich.
    Oishi machte einen Schritt vor und verbeugte sich respektvoll. Kai zog sein Schwert.
    Es dauerte nicht lange, und die Darsteller saßen in einer langen Reihe auf der Lichtung, auf der die Ronin ihre Vorräte und Pferde zurückgelassen hatten. Die Reaktionen der Schauspieler reichten von Nervosität bis zu Faszination, während sie die Männer, die sie für eine Banditenbande gehalten hatten, bei ihrem Treiben beobachteten. Die Ronin servierten ihnen ein Mahl aus Tee und Reis mit geräucherten Fischstückchen oder Wildfleisch, das sie von ihrer eigenen Reise übrig hatten, und taten ihr Bestes, um ihre Geiseln wie Ehrengäste zu behandeln.
    Schließlich fasste sich Kawatake als Anführer der Truppe ein Herz – scheinbar hatten die Mahlzeit und die Tatsache, dass die »Banditen« ihnen mehr Rücksichtnahme zuteilwerden ließen als manche Fürsten, ihn ermutigt.
    Oishi und seine Kommandanten standen mit verschränkten Armen in einem Halbkreis um den Schauspieler herum. Ihre Gesichter wirkten nicht ganz so unbeteiligt, wie sie es gerne gehabt hätten. Kawatake ließ eine Schimpfkanonade los, die wohl angesichts der Lage, in der er sich befand, von seinen Schauspielfähigkeiten getragen war.
    »Dafür werdet ihr hängen!«, brüllte Kawatake und die Männer, die ihm zuhörten, grinsten sich in einem Anflug von Ironie an. »Wir sind keine Dorftruppe, die sich einfach von Banditen überfallen lässt! Fürst Kira höchstpersönlich hat uns engagiert, um bei seiner Hochzeit aufzutreten. Ich habe Briefe und Passierscheine, um das zu beweisen ...«
    »Das ist nicht nötig«, sagte Oishi schließlich sanft und hob seine Hand, um den Mann zum Schweigen zu bringen. »Wir haben eure Vorstellung in Ako gesehen.«
    Kawatake klappte überrascht den Mund zu und starrte Oishi lange an. Seine Augen waren daran gewöhnt, den Mann hinter einer Maske oder Bühnenschminke zu erkennen. »Ihr seid Fürst Asanos Männer«, sagte er dann und es klang keineswegs wie eine Frage. Er musterte die anderen, die um Oishi herumstanden, und runzelte die Stirn, als ihm klar wurde, dass er diese Männer, die er für Banditen gehalten hatte, das letzte Mal in der vornehmen Kleidung und der glänzenden Rüstung von Fürst Asanos hochrangigen Offizieren gesehen hatte. Er begriff, dass sie seit der Verurteilung und dem Tod ihres Fürsten sehr tief gefallen waren.
    Oishi starrte zurück und sah erst das Begreifen und dann echtes Mitgefühl in den Augen eines intelligenten Mannes, der genauso viel von Machtpolitik verstand, wie von den Launen des Schicksals. Er hoffte, dass er das, was er in Kawatakes Augen sah, richtig deutete und sagte: »Wir brauchen eure Hilfe.«

    Die Sonne senkte sich bereits dem westlichen Horizont entgegen, als ein langer Nachmittag voller Auseinandersetzungen, emotionaler Debatten, Anspannung und völliger Ermüdung zu Ende ging. Zur unendlichen Erleichterung der Ronin endete er mit einer Vereinbarung zwischen den beiden Gruppen. Sie waren so unterschiedlich, dass sie von entgegengesetzten Enden der Erde hätten stammen können, doch am Ende stellte sich heraus, dass sie bei den Dingen, die ihnen am meisten bedeuteten, im Grunde einer Meinung waren.
    Jetzt saß die Schauspieltruppe schweigend da und beobachtete ein Ritual, das aus einer Szene eines von ihnen aufgeführten uralten

-Dramas stammen könnte.
    Keiner von ihnen hatte je einem Moment wie diesem beigewohnt, der so wenig mit ihren persönlichen Erfahrungen zu tun hatte wie die legendären Helden und Götter, deren Geschichten sie pantomimisch oder in Lied und Tanz darstellten. Diese Tradition hatte vor etwa einem Jahrtausend ihren Anfang genommen – etwa ein halbes Jahrtausend, bevor das

-Theater entstanden war – und war das Erbe der

Weitere Kostenlose Bücher