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47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

Titel: 47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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der stilisierten Gebräuche des

ungewöhnlich eindringlich vermittelten, so fasziniert, dass er sogar vergessen hatte, Mika immer wieder liebevoll anzuschauen, die neben ihm kniete.
    Mika schien sich ihrer Umgebung oder der Tatsache, dass ihr ausnahmsweise kaum jemand Aufmerksamkeit schenkte, nur vage bewusst zu sein. Sie nahm die Handlung auf der Bühne kaum wahr, und ihr Geist schien sich in seiner eigenen Welt zu befinden. Sie spielte verschiedene Szenarien ihrer Zukunft durch – ihrem ganz persönlichen Drama, das sich vor ihren Augen entfaltete. Dabei hinterfragte, erwog und verwarf sie ihre Möglichkeiten.
    Oishi wandte sich von ihr und Kira ab, als Horibe – gekleidet in der traditionell schwarzen Kleidung eines Bühnenhelfers – ihn anstieß. Oishi zupfte ein letztes Mal an seinem aufwändigen und überraschend widerstandsfähigen Kostüm. Dann tauschte er einen ironischen Blick und ein grimmiges Nicken mit dem alten Krieger aus. Er setzte sich den Helm mit der schützenden Halbmaske auf – einerseits, um ein Held der Legende zu werden, andererseits, um sein Gesicht wirkungsvoll zu verdecken. Dann nahm er eines der traditionell nicht sehr stabil gebauten Bühnenschwerter von Horibe, schob sich durch die Vorhänge und schritt hinaus auf die Bühne.
    Bei seinem Auftritt stand Okuda/Kawatake – der auch als Erzähler und Statist fungierte – mit übertrieben theatralischer Erleichterung auf und begann, die Legende der geheimnisvollen Geburt des Helden aufzusagen. Oishi dankte den Göttern, dass alle die Geschichte nur flüchtig kannten.
    Kawatake hatte die Rollen der Ronin mit ihnen auf dem Weg hierher geprobt und ihnen versichert, dass sie kreativ sein durften, wenn sie eine Zeile vergaßen. Die echten Schauspieler hatten ihre Rollen ganz alleine gelernt, und sie hatten dieses Stück erst einmal als Gruppe geprobt. Kawatake hatte erklärt, dass es besser so sei, da die Gefühle der Schauspieler unverbraucht blieben und das Stück lebendiger wirkte, wenn jede Vorstellung
wabi-sabi
war – immer ein wenig anders. Oishi nahm an, dass er wusste, wovon er sprach – man musste sich nur den Ruf der Truppe vor Augen halten.
    Doch wenn die Götter auf sie herablächelten, würde die heutige Vorstellung auf ganz besondere Weise unvergesslich werden
...
    Oishi bot dem feindlichen General die Stirn. Dabei fuchtelte er mit dem Requisitenschwert und dem Fächer herum, den sie alle benutzen mussten. Beide waren nicht sehr stabil. Doch in Wirklichkeit war seine Aufmerksamkeit auf den wahren Bösewicht des Stücks gerichtet, der kaum zwanzig Schritt von ihm entfernt im Publikum saß.

    Kai sah, wie Oishi auf der Bühne erschien, und merkte, auf wen sich dessen Aufmerksamkeit richtete: Kira. Er trat aus den Schatten heraus in das Laternenlicht, wo Chikara ihn deutlich sehen konnte, und bewegte sich langsam vorwärts. Er erkannte Kiras Samurai mit der Dämonenmaske in der zweiten Reihe und an dessen Seite die Hexe. Mika kniete vor ihr neben Kira ... doch selbst von hier aus konnte er kaum das Profil von Mikas Gesicht erkennen. Mit dem weißen Gesichtspuder und den rotbemalten Lippen einer Dame bei einem offiziellen Auftritt sah sie wie ein Charakter aus dem Stück aus, der sich ins Publikum begeben hatte. Ihr Ausdruck war so versteinert wie die Maske einer

-Jungfrau.
    Er schaute wieder zu Oishi auf die Bühne und steuerte weiter auf Kira zu. Oishi führte einen Schaukampf mit Fuwa auf.
Es war fast so weit
. Kai warf einen weiteren Blick zum Wachturm und dann zu der Stelle, an der Chikara wartete.
    Mika bewegte leicht ihren Kopf, ihr Blick glitt unstet umher, als beachte sie die Bühne nicht einmal. Da sie Oishi ihr Leben lang kannte, hätte sie vielleicht seine Augen erkannt und ihr wäre klar geworden, dass bald etwas Unerwartetes geschehen würde.
    Kai bewegte sich langsam durch den engen Gang neben dem Publikum und presste seinen Rücken gegen die
tobari
, um näher an den Platz zu gelangen, an dem sie kniete.
Wenn ihre Aufmerksamkeit genug umherwanderte, würde sie vielleicht in seine Richtung schauen
. Dort, wo sie saß, war sie in Gefahr – nicht nur, weil Kira sich neben ihr befand, sondern weil die Hexe und der Samurai in der schwarzen Rüstung direkt hinter ihr saßen.
Wenn ich ihr nur ein Zeichen geben könnte
...
    Auf der Bühne warf Oishi sich in Pose und gestikulierte wie ein Zauberer mit seinem Fächer. Auf sein abgesprochenes Signal hin wurden überall auf dem Burghof die Lichter gelöscht, was auf

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