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47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

Titel: 47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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rückwärtsging, streifte er die Scheide von Oishis
katana
. Er zuckte überrascht zusammen, und Oishi sah nach unten. Der Burgvogt blickte verärgert, aber nicht wütend, weil ein gewöhnlicher Untertan seine Schwertscheide auch nur berührt hatte. Aber als er Kai erkannte und die Wunden an seinem Körper entdeckte, das goldfarbene Blut des
kirin
, das immer noch an seinen Händen und auf seiner Kleidung klebte, veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Er blickte ihn fragend an. Dann sah er Yasuno an, und sein Gesichtsausdruck veränderte sich erneut.
    »Für Ako!«, rief Fürst Asano laut und Oishis Aufmerksamkeit wurde auf die anderen Männer gelenkt. Als er wieder nach unten sah, war Kai bereits verschwunden.

    Kai setzte sich auf einen umgefallenen Baumstamm, sodass Oishi und die anderen ihn nicht sehen konnten. Er ließ das Oberteil seines Kimonos von seiner verletzten Schulter gleiten. Mit seinen Fingern löste er ein Stück moosigen Lehm aus dem Boden und legte es auf die Wunde, die das
kirin
ihm zugefügt hatte. Sein unversehrter Arm konnte die Stelle kaum erreichen. Der Schmerz der Bewegung war so stark, dass er sich beinahe erbrach. Er biss auf den Stoff seines Ärmels, um sich nicht durch einen Schmerzenslaut zu verraten.
    Es musste getan werden
. Einige seiner anderen Schnittwunden waren tief und mussten versorgt werden. Aber das konnte warten. Ihm tat alles weh. Er hatte fast vergessen, wie sich das anfühlte ... Aber er wusste aus bitterer Erfahrung, dass es ihn nicht umbringen würde. Doch die Wunde auf seinem Rücken blutete so stark, dass er den langen Weg zur Burg nicht überleben würde, wenn er nicht etwas unternahm.
    Er sah noch einmal zu dem toten
kirin
hinüber und hoffte, es wäre das letzte Mal. Aber er wusste, dass er sich an seinen Tod und seine Transformation bis an sein Lebensende erinnern würde.
Für Ako
... Vorsichtig zog er den Kimono zurecht. Er war unglaublich erschöpft und hatte keinen anderen Wunsch, als wieder zu Hause, in Sicherheit, zu sein.
    Er drehte sich abrupt auf seinem Platz um, als er spürte, dass er erneut angestarrt wurde – diesmal jedoch nicht aus menschlichen Augen.
    Der weiße Fuchs, den er zuvor gesehen hatte, war zurückgekehrt. Die Füchsin saß da und beobachtete ihn mit einem Interesse, das beunruhigend intelligent wirkte. Kai bemerkte, dass eines ihrer Augen das rötliche Braun eines echten Fuchsauges hatte. Das andere dagegen war blassblau.
    Ein
kitsune
... ein gestaltwandelnder
yōkai
, der mit Zauberkräften gesegnet war, die zu zahlreich waren, um sie aufzuzählen. Für gewöhnlich traten sie in Gestalt eines Fuchses auf. Nun da er das Wesen genau betrachtete, konnte er die pulsierende Körperlosigkeit fast wie eine Aura um die Fuchsgestalt erkennen. Die schneeweiße Farbe wies die Fähe als uralten und sehr mächtigen Geist aus. Er fragte sich, was sie hierhergezogen hatte – war es das
kirin
gewesen?
    Die Füchsin blickte ihn noch einen Moment länger beinahe nachdenklich an, bevor sie sich umdrehte und im Wald verschwand wie der letzte Hauch des Morgennebels.

2
    Der Blick von oben auf Honshu war wirklich wie ein Wunder ... und etwas, das menschliche Augen noch nie zuvor erblickt hatten. Das ferne Meer erstreckte sich so weit, bis es es mit dem klaren blauen Himmels verschmolz. Das ewig wechselnde Grün der Felder und Bambushaine wurde dunkler, als es in die Bäume des tiefen Waldes an den immer steileren Hügeln überging. Und dahinter lagen die Reihen der grauvioletten Berge mit ihren schneebedeckten Spitzen.
    Das Frühlingsgrün des Tieflands zog sich zurück wie die Wellen an der entfernten Küste des Ozeans, als sie sich mit dem ansteigenden Land höher in die Lüfte erhob. Gelegentlich tauchten zwischen den Bäumen Schneeflächen auf. Eisiges Weiß überdeckte nach und nach das Grün, und das kalte Grau leblosen Steins drang tiefer und tiefer ins Reich der Lebenden ein.
    Als Burg Kirayama in Sicht kam, schienen die steinernen Mauern der Festung das Einzige zu sein, das Menschen je in dieser weiß-grauen Wildnis errichtet hatten. Sonst gab es unter dem Himmel nichts zu sehen.
    Die Wachposten auf den Zinnen und Türmen bemerkten nicht, dass die
kitsune
sich ihrem Ziel näherte. Nur ein winziger Lichtschimmer verriet ihren bogenförmigen Landeanflug, der im Burghof endete. Fuchsfeuer sah bei Tageslicht nicht anders aus als ein Sonnenstrahl, der auf dem Eis reflektierte.
    Natürlich blickten die Posten selten nach oben, wo nichts außer einem

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