47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)
war so entschlossen, das seine herauszufordern, es zu ändern, wenn er konnte. Nur Menschen waren so naiv und arrogant, ihr ganzes Leben lang mit Dingen zu ringen, die unabänderlich waren – außer durch absolut außergewöhnliche Ereignisse.
Doch gerade wegen ihrer Blindheit für das Qi waren Menschen die einzigen Kreaturen, die das Potenzial hatten, so derart chaotische Ereignisse heraufzubeschwören, dass sich ihr Schicksal tatsächlich ändern konnte. Genau wie dieser Bauernjunge heute, der das
kirin
ganz allein zur Strecke gebracht hatte: Für einen Menschen war er sehr begabt darin, das Qi zu beeinflussen. Wie ironisch, wie unergründlich war der Wille der Götter, diesen Segen an eine solche Kreatur zu verschwenden. Sie war sicher, dass es dieselbe Gabe war, gepaart mit der Entschlossenheit, seine Zukunft zu verändern, die Fürst Kira zu dem machte, was er war ... Der einzige Mensch, den sie jemals lieben konnte, ganz zu schweigen davon, ihm ihre Macht freiwillig zur Verfügung zu stellen.
»Ihr dürft Ako nicht mit Gewalt erobern. Sein Herr ist schlau, seine Männer sind furchtlose Kämpfer und absolut loyal ...« Sie zögerte. »Aber Ihr könnt es erobern, indem Ihr ihren Kampfgeist brecht.« Sie streckte die Hand aus und berührte zärtlich seine Wange. Dieses Mal erlaubte er es, presste sogar sein Gesicht gegen die Wärme ihrer Hand, während er darauf wartete, dass sie weitersprach.
»In drei Tagen werden sich alle Augen auf Ako richten«, sagte sie leise. Es klang wie ein tödliches Versprechen, als sie fortfuhr: »Wenn mein Herr es wünscht, wird Fürst Asanos Stunde des Triumphs seinen Niedergang einläuten.«
»Wie?« Er richtete sich auf und hob den Kopf. In seinen Augen leuchtete bereits wieder das Feuer des Ehrgeizes auf.
Mitsuke schüttelte den Kopf. Ihr offenes Haar wogte langsam mit ihren Bewegungen über ihre Schultern. »Jeder Mensch hat eine Schwäche«, murmelte sie. Sie achtete darauf, dass Kira nicht zu tief in ihre Augen blicken konnte, während ihr Selbstvertrauen zurückkehrte. »Asano hat ein großes Ego. Wir werden ihn herausfordern. Er hat eine Tochter. Sie ist das Einzige, wofür er bereit ist, zu sterben.« Sie ließ die winzigste Andeutung eines Lächelns über ihre Lippen huschen.
Endlich lächelte Kira zur Antwort. Er schlang seine Arme um sie und zog sie dicht an sich heran. Dann küsste er sie, mit der ganzen Leidenschaft, nach der sie sich gesehnt hatte ...
Die Jagdgesellschaft kam gut gelaunt an der Burg Ako an. Jeder der Männer fand, dass die jadegrünen Reisfelder am Fuße des Tals und das saphirfarbene Band des Flusses, in dem sich an einigen Stellen der blaue Himmel spiegelte, noch nie so schön ausgesehen hatten. Überall standen die Kirschbäume in voller Blüte, angefangen bei den einfachen weißen mit fünfblättrigen Blüten, bis zu den viellagigen, tief korallenfarbenen, die wie Rubine im Sonnenlicht zu leuchten schienen. Ako selbst schien die Männer nach ihrem Triumph über das Monster, das Land und Leute bedroht hatte, willkommen zu heißen.
Mika sah aus dem Kreis der schwarz gekleideten Berater auf, mit denen sie sich seit Tagen besprochen hatte. Oishi Chikara, der Sohn des
karō
, war mit würdeloser Eile in die beinahe abgeschlossenen Vorbereitungen im unteren Burghof geplatzt. Chikara sah sich suchend in dem Bereich um, in dem eine Arena für das Turnier, das Hauptereignis des Shogunbesuchs, aufgebaut war. Mika war sicher, dass er sie suchte.
In Gesellschaft von Männern mit so entsetzlich guten Manieren wagte Mika es nicht, ihn einfach zu sich zu rufen oder zu winken. Chikara erinnerte sie sehr an seinen Vater, als Oishi in seinem Alter war – er war gerade zum Samurai ernannt worden und zudem ungemein stolz auf sein Amt als Assistent seines Vaters, des
karō
– und das weckte auch in der Tochter des
daimyō
das impulsive Mädchen von einst.
Sie war nun eine erwachsene Frau, und um ihres Vaters willen, und ihrer selbst als Frau, durfte sie vor den distinguierten Beratern, die mit Geld von Edo hierhergelockt worden waren, keine Spur von Unachtsamkeit zeigen.
Sie verbarg ihr Lächeln, richtete graziös ihren Ärmel und vergewisserte sich, dass ihre Robe deutlich die gekreuzten Falkenfedern des
mon
des Asano-Clans zeigte. Chikara würde es bald entdecken. Das Strahlen, das sie auf seinem Gesicht gesehen hatte, reichte aus, um ihr zu versichern, dass sie noch warten konnte, um seine Nachrichten zu hören.
Einige der Berater sahen sie an, als
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