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47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

Titel: 47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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ihn an. Die Stunden der Anstrengung und Jahre der Abscheu ließen die Worte aus seinem Mund schnellen.
    Kai hob den Kopf, und Oishis Mund verkrampfte sich vor Ungeduld, während das Halbblut noch mit den richtigen Worten rang. Kai sah ebenso erschöpft aus wie Oishi selbst – vielleicht sogar schlimmer – wahrscheinlich aber aus anderen Gründen.
    Oishis Augen wurden hart wie Feuerstein, als er sich plötzlich an das erlegte
kirin
erinnerte. Das schuldbeladene Geheimnis, von dem weder Kai noch Yasuno wussten, dass er es teilte, verschlechterte seine Laune nur noch mehr.
    Endlich atmete das Halbblut tief ein und sagte: »Bei der Jagd letzte Woche habe ich einen ... einen Fuchs gesehen. Damals habe ich nicht gemerkt, dass es sich um eine
kitsune
handelte.«
    Oishi starrte ihn an und sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich weiter. »Eine Hexe?«, fragte er und konnte die Verachtung in seiner Stimme kaum verbergen. Er hätte bis zum Morgengrauen Dinge auflisten können, die Kai war und nicht war. Dass er auch ein abergläubischer Narr war, überraschte ihn nicht weiter.
    Es gab keine
kitsune
in Ako. Die unheimlichen Formwandler, die die Gestalt von Tieren annehmen konnten, gehörten in die tiefen Bergwälder wie die
kirin
. Es war ihm schwer genug gefallen, zu akzeptieren, dass ein
kirin
hier aufgetaucht war. Erwartete das Halbblut etwa von ihm, zu glauben, dass Ako von
yōkai
überrannt wurde, nur weil er einen Fuchs gesehen hatte?
    Aber Kai hielt seinem Blick stand und nickte. »Ich glaube, dass ich dasselbe Wesen heute Abend wiedergesehen habe ...« Er brach ab, als er sah, dass Oishi überhaupt nicht reagierte. Vielleicht erkannte er selbst, wie unglaublich seine Geschichte sich anhörte. Aber sein Gesichtsausdruck wurde nur noch sturer, als er hinzufügte: »Sie hatte Menschengestalt angenommen und befand sich unter den Konkubinen der Edelmänner.«
    Oishi blickte nach unten und wog Kais Worte ab. Als er wieder aufsah, war sein Ausdruck unverändert.
    Ein Funken Frustration zeigte sich in den überschatteten Augen des Halbbluts. »Ich bin zu Euch gekommen, weil das vielleicht ein schlechtes Omen für Fürst und Madame Asano bedeutet.«
    Oishi betrachtete Kais Gesicht nun etwas genauer und erkannte echte Besorgnis. Die einzige Sache, in der Kai und er sich einig waren, war die Loyalität zu ihrem Herrn und seinem einzigen Kind. Das erklärte, warum Kai allen Mut zusammengenommen hatte und hergekommen war, um direkt mit ihm zu sprechen. Ihm eine so unglaubliche Geschichte aufzutischen ... Aber dennoch blieb es eine unglaubliche Geschichte.
    »Man sagt, nur Dämonen haben die Macht, die Tarnung einer Hexe zu durchschauen. Bist du ein Dämon?« Oishis Stimme forderte das Halbblut heraus, zu bejahen. Es gab keinen Grund, seine Verachtung zu verbergen, wenn Fürst Asano nicht zugegen war. Er konnte so brutal sein, wie er schon lange gewollt hatte.
    Der Funke in Kais Augen verlosch, als er plötzlich den wahren Grund für Oishis Desinteresse erkannte: Oishi hatte ihn schon immer ebenso verabscheut wie Fürst Asanos andere Untergebene. »Nein«, sagte er tonlos.
    Oishi zuckte mit den Schultern. »Dann würde ich sagen, dass du einfach von einem schönen Mädchen verhext worden bist.« Er schob sich an dem Halbblut vorbei, als hätte Kai aufgehört zu existieren, und ging ins Haus. Er schob die Tür fest hinter sich zu und ließ Kai kniend auf dem stillen Burghof zurück.

5
    Der Sonnenaufgang am Tag des Turniers war so schön, als hätte Amaterasu selbst, Göttin der Sonne und Vorfahrin der Kaiser von Japan, beschlossen, den Besuch des Shoguns in Ako mit ihrer strahlenden Anwesenheit zu ehren.
    Das offene Areal im unteren Burghof, das normalerweise als Trainingsplatz diente, hatte man zeitweise in einen riesigen Pavillon verwandelt, der nach oben offen war. Die Sektionen und Korridore wurden von Hunderten
tobari
gebildet, die man von einem bis zum anderen Ende aufgestellt hatte. Die sechs Fuß hohen geteilten Vorhänge, aus denen sonst die Feldhauptquartiere gebaut wurden, konnten ebensogut für große Freiluftveranstaltungen wie diese benutzt werden.
    Das Zentrum des Irrgartens aus Vorhängen war die Turnierarena, die man extra für diesen Tag aufgebaut hatte, damit die besten Schwertkämpfer der
daimyō
ihre Kampfkünste vorführen konnten.
    Die
tobari
waren mit dem
mon
des Asano-Clans verziert: zwei gekreuzte Falkenfedern innerhalb eines Kreises. Die Muster waren alle paar Fuß in Rot und Gold auf den hellen Stoff

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