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47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

Titel: 47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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auf, dass ein Oktopus für eine kleine Länderei tief in den Bergen, weit von der See entfernt, kein sehr günstiges Clansymbol war. Doch dann erkannte er, dass die habgierigen Fangarme seines Wappentiers Fürst Kiras Absichten nur allzu gut beschrieben.
    Kira sah überaus gut aus und war nach der neuesten Mode in Edo gekleidet. Er trug die Insignien eines Kanzlers – was immer er sonst noch war, oder sein wollte. Kai entging nicht, dass Kira mehr Zeit darauf verwendete, Mika anzusehen, als darauf, ihren Vater zu begrüßen.
    Kai sah noch einmal zu der Plattform, auf der Mika hinter ihrem Vater kniete und den prächtigen Anblick und die lange überfällige Anerkennung genoss, die dem Asano-Clan zuteilwurde. Es war ihm den ganzen Tag noch nicht gelungen, ihren Blick zu erhaschen, obwohl er sich nicht sicher war, ob das Absicht war – ob es seine Schuld war oder ihre Entscheidung. Aber seine Mundwinkel sanken nach unten, als sie Fürst Kiras unverhohlenen Blick bemerkte und zurücklächelte.
    Kai wandte sich abrupt von allem ab und zog die verschlissenen Kanten seines Kimonos enger zusammen, den er vor der heutigen Zeremonie so gut es ging geflickt und das Blut herausgewaschen hatte. Er trug darüber sogar noch eine inzwischen ärmellose Weste, die einmal jemandes Jacke gewesen war. Es war das einzige halbwegs respektable Kleidungsstück, das er besaß. Und doch schämte er sich plötzlich wegen seines Aussehens, als wäre er nur mit einem Lendenschurz bekleidet erschienen.
    Dennoch konnte er sich nicht verkneifen, noch einmal hinzusehen. Plötzlich beneidete er Fürst Kira ... Mit hilfloser Sehnsucht betrachtete er Mika, die in exquisit gefärbte Seide gehüllt war. Ihr glänzend schwarzes Haar war auf ihrem Kopf aufgetürmt, wo es von Kämmen, an denen Perlen baumelten, und Haarnadeln, die aus Jade oder Karneol geschnitzt waren, zusammengehalten wurde. Unter ihnen stach besonders die Falkenfeder hervor, die sie stolz trug, seit sie ein Mädchen gewesen war. Sie war in die Farben von Ako, Rot und Gold, gekleidet, die sich in einer Vielzahl verschiedener leuchtender Abstufungen mischten. Sie zu sehen, war wie der Anblick des Sonnenaufgangs am Mittsommertag.
    Als er beobachtete, wie sie Kira ansah, veränderte sich plötzlich ihr Gesichtsausdruck, als hätte der fremde
daimyō
ihr von seinem Standort unterhalb der Tribüne eine Ohrfeige versetzt. Sie runzelte die Stirn und würdigte ihn keines Blickes mehr.
    Kai brauchte einen Augenblick, um zu verstehen, warum sich ihr Ausdruck so schnell verändert hatte – sie hatte den Feind ihres Vaters gerade erst erkannt. Aber bevor dieser Moment vorbei war, war er vollkommen verblüfft von der plötzlich aufkeimenden Hoffnung angesichts ihrer Wut ... Liebe, Verlust und Frustration trieben ihn dazu, sich durch die Menge voranzudrängen.
    Die eiserne Selbstkontrolle, die man ihm vor langer Zeit eingeprügelt hatte, war das Einzige, das ihn rettete. Sie drängte seine blinden Gefühle zurück in die Dunkelheit, in die sie gehörten. Stattdessen blieb er vollkommen reglos stehen und hielt sogar den Atem an. Nicht zu handeln, war das Einzige, das er sich je erlauben durfte:
Um Mikas willen, um Fürst Asanos willen, um seiner selbst willen
.
    Mika schaute in Richtung des Burgtors, als er sie wieder ansah. Plötzlich schien sie ungeduldig auf die Ankunft des Shoguns zu warten, die diesem scheinbar endlosen Tag ein Ende setzen würde.

    Der Shogun kam erst kurz vor Einbruch der Nacht. Als die Sonne sank und die Schatten länger wurden, rief eine Wache auf dem Hauptturm aus, dass sie das Gefolge des Shoguns auf einer fernen Anhöhe auf der Straße gesichtet hatte. Alle reckten sich auf ihren Plätzen so weit sie konnten vor, um in den letzten Strahlen der untergehenden Sonne einen Blick auf die goldenen und schwarzen Banner zu erhaschen, die das Tokugawa-
mon
trugen.
    Kai konnte einen Blick auf den Zug des Shoguns werfen, als er über einen Hügelkamm kam, bevor er zu Fürst Asano zurücksah. Er stand noch immer kerzengerade auf dem Burghof an der Spitze der anderen
daimyō
. Alle hatten sichergestellt, dass sie vor dem Shogun ankamen, um ihn mit der ihm gebührenden Ehre begrüßen zu können.
    Kai konzentrierte sich erneut darauf, geduldig zu sein. Er konzentrierte sich auf die sichere, unpersönliche Vorfreude, dass er tatsächlich den Shogun und sein Gefolge sehen würde. Er hätte nie daran geglaubt, dass er so etwas einmal miterleben würde – obwohl ihm diese Tatsache bis

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