47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)
aufgedruckt und wechselten sich mit dem
mon
der Tokugawa in Gold und Schwarz ab. Dieses zierte auch den Gang, der zu der überdachten Tribüne führte, die man für den Shogun, seine Höflinge und Fürst Asanos wichtigste Ehrengäste errichtet hatte. Sie war an der Längsseite der Arena errichtet worden, von der aus man die beste Sicht auf die Kämpfe hatte. Dicht daneben befanden sich die Tribünen und abgesperrten Bereiche für die hochrangigen Samurai aus Ako und den anderen Provinzen.
Früher war ein Shogun noch der oberste Kriegsherr gewesen, kein Politiker. Aus dieser Zeit, in der
tobari
noch militärische Ausrüstungsgegenstände gewesen waren, hielt sich die Tradition, darin nur einfache Feldstühle aufzustellen. Dazu kamen Polster, auf denen die Damen knieten, die auf Wunsch ihrer Herren dem Turnier beiwohnten.
Oishi stand neben Fürst Asano und der Dame Mika, als sie die Würdenträger begrüßten, die sich die Wettkämpfe ansehen wollten. Die hochrangigsten Samurai Akos hatten auf Oishis Anweisung bereits in ihrem Zuschauerbereich Platz genommen. Andere Samurai, die sein Vertrauen genossen, standen um den Innenraum der Arena verteilt Wache. Alle trugen ihre neue leuchtendrot lackierte Rüstung, die Fürst Asano speziell für den Besuch des Shoguns in Auftrag gegeben hatte. Alle waren gut bewaffnet. Jede Nachlässigkeit bei der Sicherheit, jeder noch so kleine Zwischenfall, der das Wohl des Shoguns gefährden könnte, musste um jeden Preis verhindert werden.
Ein Vorfall würde ihren Herrn bestenfalls seine Ehre kosten ... schlimmstenfalls sein Land, sein Leben und vielleicht sogar das seiner Tochter. Aus den Samurai von Ako würden Ronin, ohne Herr und ohne Ehre, die keine Chance hatten, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten oder ihre Familien zu versorgen. Oishi war bewusst, dass so etwas bereits anderen passiert war, und zwar zu oft, und aus allzu nichtigen Gründen ...
In einem Augenblick übelerregender Klarheit erkannte er die Gefahren, die das Leben von Männern wie ihm in den Zeiten des Kriegs bestimmt hatten. Damals wäre er der Kommandeur von Fürst Asanos Armee gewesen und nicht nur ein einfacher Bürokrat in einer Armee von Sekretären. Trotz ihres harten Kampftrainings – zu dem auch gehörte, mit Pfeil und Bogen ein Ziel anzuvisieren, während man in voller Rüstung Wasser trat – war keiner der Männer hier den Gefahren der früheren Kriegszeiten je näher gekommen, als bei ihrer Begegnung mit dem
kirin
.
Es ließ ihm noch immer keine Ruhe, wie knapp sie an diesem Tag einem Desaster entgangen waren ... wie schlecht es ihnen in früheren Zeiten ergangen wäre, als es nur zwei Möglichkeiten gab, aus der Schlacht heimzukehren: mit dem Kopf des Feindes am Sattelknauf oder ohne den eigenen.
Götter
... Er presste die Finger gegen die Augen.
Warum dachte er überhaupt über so etwas nach?
Er verfluchte Kai, dessen unerwartetes Auftauchen an seiner Tür und beunruhigende Prophezeiungen ihm Albträume beschert hatten, obwohl er so dringend Ruhe brauchte.
Mika blickte zu Oishi hinüber, als sie ihn seufzen hörte. Sie sah, dass er sich die Augen rieb, und runzelte mitfühlend die Stirn. Sie blickte sich zu ihrem Vater um, der immer noch so kerzengerade dastand, als wäre er ein junger Mann. Stolz hielt er einen Fächer aus Falkenfedern in der Hand. Sie fragte sich, wie lange er sich wohl ausruhen musste, wenn die doppelte Belastung durch die Jagd auf das
kirin
und den Shogun-Besuch endlich vorüber war.
Mika blickte zur Tribüne hinüber, als der Shogun und sein Gefolge sich gemächlich auf ihre Plätze zubewegten. Sie wurde von einer Gruppe Schauspieler abgelenkt, die sie engagiert hatte, um das Publikum zu unterhalten, bevor die Kämpfe begannen. Die Truppe führte zur Freude der Zuschauer einen
kagura
-Tanz aus einem
Nō
-Drama auf. Man hatte ihr den Titel gesagt, als sie die Truppe engagierte, aber sie hatte ihn wegen der sich überschlagenden Ereignisse wieder vergessen.
Ihre Masken und Kostüme waren so kunstfertig gearbeitet und schön anzusehen und ihre Darstellung so ausgefeilt und nuancenreich, wie ihr Leiter, ein Mann namens Kawatake, es versprochen hatte. Sein Wort hätte ihr nichts bedeutet, wenn sie nicht gewusst hätte, dass die Truppe bereits vor dem Kaiser gespielt hatte. Darum vertraute sie darauf, dass sie gut genug waren, um den Shogun zu unterhalten. Der Kaiser war vielleicht nur eine Galionsfigur ohne echte Macht, aber er stammte von den japanischen Göttern ab, und als
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