47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)
Schlachtross, das ihn größer wirken ließ als alle anderen Männer um ihn herum ... er war übermächtig.
Hinter ihm folgten seine obersten Berater und weitere Höflinge in kunstvoll geschnitzten und verzierten Sänften, die von Dienern getragen wurden. Träger schleppten so viel Gepäck, dass man einen kleinen Palast hätte ausstatten können. Weitere Truppen und Standartenträger bildeten den Abschluss der Prozession.
Der Shogun schickte sich an, vom Pferd zu steigen, und alle Untertanen im Burghof fielen auf die Knie und verbeugten sich mit ausgestreckten Armen. Der Herrscher sah sich mit offensichtlicher Genugtuung um.
Sein Adjutant stieg vor Fürst Asano ab und verkündete laut: »Asano Naganori, Regent von Ako, Shogun Tokugawa Tsunayoshi, Herr der Provinzen und Herr über ganz Japan, dankt Euch für den Empfang.« Er verbeugte sich, was anscheinend für alle anderen das Signal war, wieder aufzustehen. Fürst Asano stand als Erster wieder auf und erwiderte die Verbeugung in Anerkennung und Dankbarkeit, während der Rest der Menge sich erhob und kaum zu flüstern wagte.
Der Shogun öffnete einen riesigen vergoldeten Kriegsfächer, der ebenfalls mit einem prominenten großen roten Kreis – auch ein Symbol für die Sonne – verziert war. Er gab seinen Dienern mit dem Fächer ein Zeichen, und sie traten einer nach dem anderen vor Fürst Asano und brachten ihm eine schier endlose Zahl wertvoller, wunderschöner Geschenke als Zeichen der Gunst des Shoguns dar.
Kai schaute weg. Er war irgendwie enttäuscht und unbeeindruckt. Der Shogun war ein Mann, der eine ganze Nation regierte. Trotzdem hielt er es für nötig, seinen Status mit einem derartigen Pomp zu proklamieren, dass ebenso gut nur seine Rüstung hätte kommen können, während der Mann selbst in Edo blieb.
Er sah Fürst Kira an, dessen Gesicht eine ausdruckslose Maske blieb, während er zusah, wie sein Rivale geehrt wurde.
Er blickte auf die Frauen, die stumm hinter ihren Männern warteten, und hielt besonders nach der Frau in Grün Ausschau, deren eines Auge erdbraun und das andere blau wie der Winterhimmel war, die unter dem Schutz des Banners von Fürst Kira stand. Er konnte sie nicht finden. Leicht besorgt runzelte er die Stirn und drehte sich um, um sich seinen Weg durch die Menge zurück zu bahnen.
Oishi überquerte den von Laternen erleuchteten oberen Burghof mit seinem Helm unter dem Arm. Seine Pflichten als Burgvogt und Anführer der Ehrengarde waren für heute endlich vorüber. Er wollte nur noch in sein Zuhause und zu seiner Familie zurückkehren. Soweit er es beurteilen konnte, war alles makellos abgelaufen. Der Shogun und sein Gefolge, die
daimyō
und ihre zahllosen Bediensteten, Frauen, Tiere und Gepäck, dazu die Diener, die sich um sie kümmerten, waren alle gemäß ihres Ranges verpflegt und in ihre zugewiesenen Nachtquartiere gebracht worden.
Die Gästeunterkünfte im Palast und oberen Burghof waren alle belegt. Es war so voll, dass seine unverheirateten Offiziere für die Dauer des Besuchs in die Baracken auf dem unteren Burghof umziehen mussten. Platz für jeden und jeder an seinem Platz, so wie es der Shogun für richtig hielt.
Eines der letzten Gesichter, die Oishi an diesem Abend gesehen hatte – was nicht hieß, dass es dem unbedeutendsten ihrer Gäste gehört hätte, ganz im Gegenteil – war Fürst Kiras. Der Mann hatte ihn angelächelt. Einfach gelächelt ... aber irgendetwas lauerte in den Schatten hinter seinem Lächeln, das Oishi Übelkeit verursachte.
Es gab keinen Grund für eine solche Reaktion, außer der Vorgeschichte seines Herrn mit Kira. Vielleicht war es auch nur, weil er den ganzen Tag kaum Zeit gehabt hatte, zu essen oder auch nur einen Schluck Wasser zu trinken. Trotzdem nagte irgendetwas an dieser Begegnung noch immer an ihm. Er hoffte, dass Riku nach dem Abendessen in der Stimmung sein würde, ihm den Rücken zu massieren.
Oishi blieb wie angewurzelt stehen, als er den Eingang zu seinem Haus erreichte. Seine Irritation vertiefte sich zu echter Verärgerung.
Das Halbblut Kai wartete auf der Veranda auf ihn. Wenigstens hatte Fürst Asanos erster Spurenleser es nicht gewagt, das Innere seines Heims mit seiner Anwesenheit zu besudeln. Der bloße Anblick dieses scheußlichen Kerls, hier auf dem oberen Burghof, der ihm den Weg verstellte, war die eine Sache, die das Fass zum Überlaufen brachte.
Kai kniete nieder und verbeugte sich tief. Er hielt den Blick gesenkt.
»Was willst du?«, schnauzte Oishi
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