47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)
beiden Kämpfer. Auf seinem Gesicht war beinahe so etwas wie Besorgnis zu erkennen. Sie war erleichtert, dass er sich endlich mehr für die Vorgänge in der Arena interessierte als für sie.
Sie richtete sich auf den Knien auf und blickte ebenfalls aufs Feld, weil Yasuno nun endlich erschienen war. Wenigstens war er gekommen ... aber er hatte es nicht geschafft, das
kirin
zu erlegen. Gab es überhaupt Hoffnung, dass er dieses Monster besiegte?
Kai stand in der Arena und fühlte sich wie in einem Traum. Er sah, wie der Shogun und die anderen Fürsten auf ihre Plätze zurückkehrten. Wenn Chikara nur eine Sekunde länger gebraucht hätte, um ihn in Yasunos Rüstung zu kleiden und zu schnüren, wäre es zu spät gewesen.
Aber das war es nicht, und nun stand er hier auf dem Schlachtfeld und es gab kein Zurück. Kai hatte noch nie zuvor eine Rüstung getragen. Er schwitzte und zitterte am ganzen Körper – allerdings mehr aus Angst vor dem, was er hier tat, als durch das Gewicht der Rüstung. Hinter der Gesichtsmaske, die an seinem Helm angebracht war, war es heiß, und das Atmen fiel ihm schwer. Die steigende Panik erstickte ihn beinahe. Sein Herz raste, als wäre er in der Rüstung den ganzen Weg vom Wald hergerannt und nicht nur das kurze Stück von Yasunos Zelt.
Er blickte auf die Menge, auf Fürst Asano und die Dame Mika. Auf Oishi und die Samurai von Ako. Ihm wurde klar, dass ihm ihr Respekt mehr bedeutete als das Lob oder die Verbannung durch den Shogun und alle hohen Herren im Land.
Er blickte wieder zu dem anderen Schwertkämpfer, der darauf wartete, sich mit ihm zu messen – der Riese in der schwarzen Rüstung.
Kiras Kämpfer
. Er erinnerte sich an die
kitsune ... Kiras Hexe
. Alles, was gerade in Ako schieflief, war ihr Werk. Kiras Plan.
Er schaute auf die seltsam funkelnde Oberfläche der schwarzen Rüstung und die verzerrte Dämonenmaske. Er konnte die Maske nicht direkt ansehen. Es war, als würde ein bösartiger Parasit versuchen, sich durch seine Augen in sein Gehirn zu fressen und ihn vor Angst zu lähmen. Die Sehschlitze in der Maske waren lichtlose Tunnel. Kai konnte nicht erkennen, ob dahinter überhaupt jemand – oder etwas – zurückschaute.
Es schien ewig her, seit er einen Zweikampf ausgefochten hatte. Und das war es auch.
Und was stellte er sich da wirklich entgegen?
Kai schloss die Augen und blockte alles andere ab.
Tief einatmen. Halten. Die eigene Mitte finden. Ausatmen
. Es war nicht der erste Kampf, dem er sich in seinem Leben stellen musste, oder sein erster Kampf auf Leben und Tod ... Nicht einmal das erste Mal, dass er sich einem Dämon stellte.
Er konnte es schaffen. Das würde er. Er würde gewinnen
...
Kai öffnete die Augen, und die Welt um ihn herum sprang wieder zurück in den Fokus, so klar und scharf wie ein Kristall. Plötzlich konnte er die Augen seines Gegners erkennen, als wären sie schon die ganze Zeit dagewesen und er hätte nur Angst gehabt, diesem Blick zu begegnen.
Die Augen waren schwefelgelb.
Aber die Augen spielten keine Rolle. Seine Form spielte keine Rolle, menschlich oder nicht. Solange sie fest genug war, damit er sie mit dem Schwert treffen konnte, war das Ding vor ihm einfach nur ein Ding.
Kai ging mit langen Schritten in die Mitte der Arena, direkt vor die Tribüne, wo er Kiras Kämpfer direkt vor den Augen der Menge angreifen konnte. Er drehte sich zum Shogun um und verbeugte sich. Seine Augen fanden Mikas Gesicht. Sie schien in seinen Augen im Sonnenlicht zu leuchten. Auch wenn sie die Wahrheit nie erfahren würde, ihr Vertrauen in ihn war für ihn immer wie ein Signalfeuer gewesen, das ihn an alles erinnerte, was ihm wichtig war. Es war wie ein Zauberspruch, der ihn vor jeder Gefahr schützte.
Er wandte sich seinem Gegner zu. Sie verbeugten sich voreinander. Der Samurai in Schwarz erhob sein
bokken
und gegen die Sonne betrachtet wirkte er wie ein beweglicher Schatten, der über Kai aufragte wie die dunkelsten Ängste in den Herzen aller Menschen auf der Welt zu menschlicher Form geschmiedet.
Einer festen, menschlichen Form
.
Die Menge war mucksmäuschenstill, als Kai seine Waffe erhob und sich zu bewegen begann. Er umkreiste den anderen, genau wie sein Gegner – genau, wie Yasuno es getan hätte. Es war ein ritueller Eröffnungszug, der es dem Schwertkämpfer ermöglichte, die Bewegungen des anderen zu beobachten.
Plötzlich hörte Kiras Kämpfer auf, ihn zu umkreisen und stürzte sich auf Kai. Er hob und senkte sein
bokken
so schnell,
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