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47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

Titel: 47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Kräne, Rampen und Durchgänge zu führen, die es brauchte, um Handelsgüter von und zu den Lagerhäusern und Schiffen zu transportieren.
    Dejima war mit dem Festland nur durch einen einzigen Damm verbunden, der schwer bewacht wurde, damit niemand hinaus- oder hineinkam, der keine offizielle Erlaubnis hatte. Aber das hieß nicht, dass die Ausländer nicht neugierig auf Japan gewesen wären – oder ausgehungert nach Unterhaltung, nachdem sie auf ihren Reisen monate- oder gar jahrelang in ihren Schiffen zusammengepfercht gewesen waren. Sie wollten Schnaps, sie wollten Frauen und sie wollten Unterhaltung, je brutaler und exotischer, desto besser. Oishi hatte mehr Geschichten über das gehört, was die Bewohner der holländischen Insel waren oder was sie mochten, als ihm lieb war, nachdem sich die Geschichte der
kirin
-Jagd vor den Würdenträgern ausgebreitet hatte, die mit dem Shogun zusammen nach Burg Ako gekommen waren.
    Und er hatte auch gewusst, dass es Wege gab, die holländische Insel illegal zu besuchen, so wie man alles tun konnte, wenn man falsche Dokumente und das nötige Kleingeld besaß ...

    Die Nacht, in der Oishi endlich über die lange Brücke zur Insel ging, war so eisig wie das Bier, das die Holländer so gerne tranken. Er taumelte, als die Windböen ihn trafen und drohten, seinen unsicheren Körper aus dem Gleichgewicht zu bringen und ihn über den Rand zu fegen. Die kalte Gischt der Wellen, die sich am steinernen Fundament des Damms brachen, durchnässte ihn bis auf die Haut. Hinter ihm auf dem Festland schlugen die Fahnen und Banner wie Peitschen im Wind, als er sein Vaterland hinter sich ließ, während vor ihm die Flaggen der Holländer sie mit ihrem Trotz zu provozieren schienen. Der Mond war von einem blassen blauweißen Hof umgeben, als sei der Himmel um ihn herum eingefroren, und war halb hinter dunklen Wolkenfetzen verborgen, die die Nacht noch bedrohlicher wirken ließen.
    Schließlich erreichte Oishi sein Ziel und war erleichtert, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben – bis er unter den Flaggen herging, die ihm sagten, dass er nun fremden Boden betrat, und er einen Blick auf das erhaschte, was ihn erwartete.
    Selbst mitten in der Nacht wimmelte es auf der winzigen Insel von Menschen. Matrosen und Handwerker – von denen jeder einzelne fremdartiger aussah, als er sich hatte vorstellen können – obwohl er Kai kannte – entluden und transportierten Kisten mit Handelswaren und Vorräten.
    Andere Männer, die aus dem einen oder anderen Grund gerade nicht arbeiteten, drängten sich in Gruppen zum Spielen und Trinken zusammen und sprachen laut in ihrer unverständlichen, gutturalen Sprache miteinander. Es kam ihm so vor, als würden sie alle miteinander streiten und fluchen – und dem Ton ihrer Stimmen nach zu urteilen, taten sie das wahrscheinlich auch. Außer denen, die die Frauen begafften und begrapschten, die um sie herumlungerten. Der hiesige Gouverneur schickte regelmäßig Prostituierte aus den Bordellen von Nagasaki auf die Insel, um die Ausländer in ihrem Ghetto zufriedenzustellen, bis ihre Schiffe wieder fortsegelten.
    Eine dieser Frauen entdeckte Oishi und rief auf Japanisch eine obszöne Einladung. Er wandte sich empört ab und antwortete nicht. Er hatte nie geglaubt, er führe ein behütetes leben, selbst vor seinem Martyrium in Akos Verlies nicht. Aber verglichen mit dem hier erschienen ihm die Monate allein in einer ummauerten Grube mit nur Ratten als Gesellschaft wie die stille Idylle eines Mönchs.
    Wohin er auch blickte, zeigten ihm die unregelmäßigen Lichtkegel der im Wind schaukelnden Laternen eine unwirkliche Szenerie. Die Ausländer und die Huren bewegten sich wie Marionetten in einem gespenstischen
Bunraku
-Stück. Von der Kakofonie des Lärms und der Stimmen, zusammen mit dem Gestank von verfaulendem Fisch, ungewaschenen Leibern, Urin und Tabakrauch wurde ihm schwindlig. Übelkeit kroch in ihm hoch, bis er für einen Augenblick glaubte, vornüberkippen oder sich übergeben zu müssen.
    Durch schiere Disziplin zwang er seinen überforderten Körper dazu, weiterzugehen. Seine unbewaffneten Hände waren zu Fäusten geballt, als andere Frauen nach ihm riefen, sodass verschiedene Köpfe sich zu ihm umdrehten. Irgendwo war eine schrille Pfeife zu hören. Ein Chor von Rufen antwortete aus den Schatten um ihn herum.
    Er sah auf in die Masten und Takelagen der großen niederländischen Segelschiffe, die über der Insel aufragten und neben deren gewaltiger

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