47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile
beiden Mixtekas, welche nach der Hacienda zurückkehrten, hätten sagen sollen, wohin wir reiten.“
„Das werden sie doch wissen.“
„Vielleicht doch nicht. Wir haben fast gar nicht mit ihnen gesprochen.“
„Sie werden es aber vorhin gehört haben.“
„Ich glaube das nicht, denn sie hielten zu weit von uns entfernt. Doch sehe ich nicht ein, weshalb wir gerade heute so minutiös sein wollen. Laßt uns aufbrechen, damit wir Santa Jaga nicht zu spät erreichen.“
Der Ritt wurde fortgesetzt und zwar so schnell, daß sie die beiden Knechte sehr bald überholten. Der eine meinte zum anderen:
„Daraus werde der Teufel klug. Erst will das Mädchen nach der Hacienda del Erina und dann kauft sie uns das Pferd ab, um mit diesen Kerls ins blaue hineinzureiten.“
„Es waren Mixtekas.“
„Jawohl. Aber wer mögen diese vier Männer sein?“
„Zwei davon sind jedenfalls Indianer.“
„Und zwei sind Weiße; das ist ja sehr leicht zu sehen. Aber wer sind sie, und was wollen sie? Hast du eine Ahnung davon?“
„Nein. Ich habe ja kein Wort von dem, was sie sprachen, gehört.“
„Ich auch nicht. Aber dieses Mädchen kenne ich.“
„Ich auch. Sie nennt sich Señorita Emilia und wohnte im Kloster bei dem alten Pater. Aber was geht uns dies alles an? Treiben wir lieber die Pferde an, damit wir noch vor Mitternacht nach Hause kommen.“
Lange vor dieser zuletzt angegebenen Zeit erreichte Sternau mit seinen drei Begleitern Santa Jaga. Es war Abend, aber das Kloster war ohne Mühe zu erkennen.
„Wo stellen wir unsere Pferde ein?“ fragte Helmers.
„Einstellen?“ antwortete Sternau. „Gar nicht. Im Kloster ist es nicht ratsam, und in der Stadt dürfen wir uns ja nicht sehen lassen. Es wird sich da oben am Berg schon noch ein Ort finden lassen, wo wir sie verstecken können, bis wir sie wieder brauchen.“
„Es werden uns zwei Stück fehlen.“
„Inwiefern?“
„Nun, je eines für Cortejo und seine Tochter.“
„Da mache ich mir gar keine Sorgen. Haben wir erst diese beiden, so werden Pferde schon zu beschaffen sein.“
Sie ritten den Berg hinan. In der Nähe des Klosters befand sich seitwärts vom Weg ein Gebüsch, in welchem sie die Pferde unterbrachten.
„Wer soll hier bei den Tieren bleiben?“ fragte Sternau.
„Ich nicht“, sagte ‚Büffelstirn‘.
„‚Bärenherz‘ muß zu Cortejo“, meinte der Apache.
„Und ich bleibe am allerwenigsten zurück, wenn es sich darum handelt, diese beiden Personen zu fangen“, erklärte ‚Donnerpfeil‘.
„Aber auch ich kann nicht zurückbleiben“, meinte Sternau. „Wir wollen also die Pferde ohne Wache lassen?“
„Ja. Es nimmt sie uns hier niemand weg.“
„Wir wollen es hoffen. Also kommt.“
„Wie gelangen wir hinein? Durch das Tor?“
„Nein. Wir müssen heimlich sein. Laßt uns die Mauern besehen. Es ist am allerbesten, wenn uns kein Mensch als nur der Pater zu sehen bekommt.“
Als sie den Berg hinaufgekommen waren und dann nach den Büschen abbogen, hatte sich neben dem Weg die Gestalt eines Mannes vom Boden erhoben und war nach dem Kloster geeilt. Er trat durch ein Seitenpförtchen ein, verschloß dasselbe und begab sich dann schleunigst nach der Wohnung des Paters. Es war Manfredo, der Neffe desselben.
„Du bist ja ganz außer Atem“, sagte der Alte. „Kommst du von deinem Posten?“
„Ja.“
„Hast du etwas gesehen?“
„Natürlich. Sie kommen!“
„Sie? Wer?“
„Vier Männer. Einer davon ist so groß wie ein Riese.“
„Das müßte dieser Sternau sein. Geh fort, damit sie dich jetzt nicht sehen!“
„O, sie kommen noch nicht sogleich. Sie ritten erst nach den Büschen.“
„Warum? Was wollen sie dort?“
„Jedenfalls verstecken sie dort ihre Pferde. Sie werden beabsichtigen, heimlich in das Kloster zu kommen.“
„Das wäre auch mir lieber. Hast du dir alles genau gemerkt?“
„Natürlich! Es ist ja wenig genug.“
„Du hast nichts zu tun, als hinter uns zu leuchten, gerade wie ich mit der Lampe vor ihnen gehe. Sobald wir aber in den betreffenden Raum eingetreten sind, nämlich ich und sie, bleibst du zurück, wirfst die Tür zu und schiebst den Riegel vor. Das ist alles. Jetzt aber gehe.“
Der Neffe entfernte sich; der Oheim blieb zurück. Er saß an seinem Tisch, anscheinend in ein Buch vertieft, aber er lauschte angestrengt auf jedes Geräusch, welches sich hören ließ. Aber er war kein Präriejäger. Während er sein Gehör vergebens anstrengte, um irgend etwas zu vernehmen, hatte sich
Weitere Kostenlose Bücher