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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Der Engländer stand eine halbe Stunde später mit Juarez in dem Zimmer, welches dieser für sich ausgesucht hatte, als der zweite Häuptling der Mixtekas bei ihnen eintrat, mit Papieren in der Hand.
    „Was bringt mein Bruder da?“ fragte der Präsident.
    „Briefe für dich“, war die einsilbige Antwort.
    „Von wem?“
    „Von Señor Sternau. Ein Mädchen hat sie ihm übergeben. Er ritt den Feinden nach und traf unterwegs dieses Mädchen. Ehe er weiterritt, sandte er mir die Briefe für dich.“
    Es waren eigentlich nicht Briefe, sondern Emilias Abschriften der geheimen Korrespondenz des Paters. Der Mixtekas entfernte sich wieder, Juarez aber unterwarf die Schreiben einer Durchsicht, die zunächst eine schnelle und oberflächliche werden sollte. Aber nach einigen Augenblicken bemerkte der Engländer die außerordentliche Spannung, welche sich auf dem eisernen Gesicht des Zapoteken ausdrückte. Er hütete sich daher, ihn zu stören.
    Endlich steckte Juarez die Papiere ein.
    „Verzeihung, Señor“, bat er, „aber es war wirklich zu wichtig.“
    „Nachrichten von Sternau?“
    „Nur durch ihn übersandt. Ich habe Ihnen bereits von jener Señorita Emilia gesprochen; nicht?“
    „Ihrer Spionin?“
    „Eigentlich möchte ich sie nicht so, sondern lieber meine Verbündete nennen. Ich habe ihr sehr viel zu verdanken, und nun hat sie von neuem einen Streich ausgeführt, der nur ihr gelingen konnte. Ich muß noch heute die Hacienda verlassen.“
    „Ah! Wohin?“
    „Ich gehe direkt auf Durango los.“
    „Das ist ganz außerordentlich gewagt.“
    „Nicht im mindesten. Ich habe hier Abschriften von Korrespondenzen aus allen Heerlagern, wo man mich erwartet, um mich glänzend zu empfangen. Man harrt bloß auf mein Erscheinen, um loszuschlagen. Hier, lesen Sie, Señor.“
    Er gab ihm die Papiere, und der Engländer las sie durch.
    „Können Sie sich auf die Wahrheit dieser Abschriften und der ihnen zu Grunde gelegten Originale verlassen?“ fragte er dann.
    „Vollständig!“
    „So sind die Nachrichten allerdings außerordentlich wichtig und ebenso erfreuend. Ja, Sie dürfen nicht zaudern; Sie dürfen keine Zeit verlieren, Sie müssen aufbrechen. Aber ich –“
    „Sie ruhen aus und kommen mir nach, sobald Señor Sternau wieder eingetroffen ist.“
    „Sie glauben, daß er wieder zur Hacienda kommt?“
    „Ganz gewiß. Er wird nicht ruhen, bis er Cortejo und dessen Tochter gefangen hat. Die Tragödie der Rodrigandas wird dann ausgespielt sein, und Sie können überzeugt sein, daß ich die Schuldigen einem zwar gerechten, aber möglichst strengen Urteil unterwerfen werde.“
    Wie gesagt, so geschah es auch. Der Präsident verließ noch an demselben Nachmittag die Hacienda wieder. Er nahm alle seine Truppen mit und ließ nur eine kleine Besatzung zurück, da hier Etappe sein sollte, um mit dem Nordosten des Landes in Verbindung bleiben zu können.
    Es vergingen mehrere Tage, ohne daß Sternau zurückkehrte oder eine Nachricht von ihm oder den anderen eingetroffen wäre. Man begann, Sorge um sie zu tragen. Besonders waren es Amy Lindsay und Emma, welche ihren Befürchtungen gegenseitig Ausdruck gaben. Beide hatten ja die Geliebten unter denen, welche so beharrlicherweise nichts von sich hören ließen.
    Mehrere Tage nach dem Abzug des Präsidenten bewegte sich ein kleiner Reitertrupp von Norden her auf die Hacienda zu. Etwa zwanzig wohlbewaffnete Apachen begleiteten fünf Weiße, in welchen wir alte Bekannte wiederfinden. Es war nämlich Graf Ferdinande, die beiden Wiener Ärzte und Pepi und Zilli, die Mexikanerinnen.
    „Dort liegt die Hacienda“, sagte der Graf, mit der Hand nach dem Gebäude deutend. „Der Name del Erina ist mit dem der Rodriganda auf das innigste verwachsen. Ich schenkte die Besitzung meinem treuen Arbellez. Wie werde ich ihn wiederfinden?“
    Der, von dem die Rede war, fühlte sich bereits stark genug, das Zimmer zu verlassen, doch hatte er dies noch nicht versucht. Er saß soeben mit seiner Tochter zusammen, um sich immer von neuem ihre Erlebnisse erzählen zu lassen, da wurde die Tür aufgerissen. Karja, die sonst so ruhige Indianerin kam förmlich hereingeflogen.
    „Er kommt“, rief sie.
    „Wer?“ fragten beide zur gleicher Zeit.
    „Don Ferdinande.“
    „Wo?“ fragte Arbellez, wie ein Knabe zum Fenster springend.
    „Da sind sie schon“, antwortete sie.
    Der Reiterzug hatte bereits die nächste Nähe der Hacienda erreicht.
    „Don Ferdinande, mein lieber, guter Herr!“ rief

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