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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gehen sicher, wenn es sich darum handelt, zu machen ein Geschäft!“
    „Sicher gehen? Donnerwetter, hält Er mich etwa für einen Lump?“
    Der Jude streckte als Abwehr alle zehn Finger gespreizt empor, fuhr einen Schritt zurück und rief:
    „Was sagt der Herr? Wie könnte ich denken das Wort, welches er hat ausgesprochen zu klingen wie ein Lump. Aber der Herr mag doch werfen einen gnädigen Blick auf sich selber. Trägt er doch im Winter Kleider, welche sind sogar für den Sommer zu kalt, und welche man sieht getragen zu werden nur von sehr gewöhnlichen Leuten.“
    „Pchtichchchchch!“ fuhr ihm ein Strahl des Tabakssaftes gerade in das Gesicht. Er fuhr sich erschrocken mit beiden Händen an die Wangen und rief:
    „Gott Abrahams! Was tut der Herr? Spuckt er an das Gesicht eines ehrlichen Mannes. Kann er nicht spucken dahin, wo kein Gesichter sind und wo nicht gerade steht ein Mann, welcher nicht liebt zu werden getroffen von der Brühe des gekauten Tabaks?“
    „Pah! Wer nicht angespuckt sein will, der mag sich vorher seine Worte überlegen, ehe er spricht. Ich habe keine Zeit, lange Einleitungen zu machen. Wische Er sich also ab und sage Er mir, ob Er mir einen Anzug zeigen will oder nicht.“
    Der Sohn Israels fuhr mit dem Schoß seines Rockes über das Gesicht und antwortete:
    „Natürlich will ich zeigen einen Anzug; aber der Herr mag mir doch sagen, was er wünscht für einen zu sehen.“
    „Hm!“ meinte ‚Geierschnabel‘ nachdenklich. „Ich brauche einen, in dem man mich nicht erkennt.“
    „So will der Herr sich verkleiden?“
    „Ja. Man soll nicht merken, woher ich komme.“
    „So muß ich wissen, woher kommt der Herr.“
    „Das geht Ihn nichts an. Es möge Ihm genügen, daß ich die Absicht habe, zu reisen so, was man inkognito nennt.“
    „Inkognito? Dann muß ich wenigstens wissen, wohin oder zu wem der Herr gehen will inkognito.“
    „Hm! Ich will – ja, ja, ich muß zu einem Minister.“
    Der Jude blickte ihn zweifelhaft an, sagte aber doch:
    „Zu einem Minister? Da wird der Herr nicht tragen einen Rock.“
    „Was sonst? Soll ich in Hemdärmeln gehen?“
    „Nein. Wenn man geht zu einem Minister, so darf man erscheinen nur im Frack, weil dieser ist die Kleidung der Etikette und Höflichkeit.“
    „Schön. Zeige Er mir einen Frack.“
    „Werde ich vorlegen einen Frack, wie ihn getragen hat der große Metternich zur Zeit des Kongresses, der gehalten wurde, in der Hauptstadt Wien gegen den französischen Kaiser Napoleon.“
    „Wer war Metternich?“
    „Ein Minister und Fürst, mächtig wie ein Kaiser und reich wie der große Mogul, welcher zweimal größer ist als ein Elefant.“
    Das schmeichelte dem Trapper.
    „Gut, gebe Er den Frack her!“
    Der Händler holte aus dem verborgensten Winkel seines Gewölbes das Kleidungsstück. Es hatte eine braunrote Farbe und war mit Puffen, Batten und tellergroßen Knöpfen versehen. ‚Geierschnabel‘ sah es an und fragte:
    „Was kostet dieser Ministerfrack?“
    „Kann ich ihn unmöglich geben unter zwölf Taler zehn Silbergroschen.“
    Der Jäger war die amerikanischen Preise gewöhnt.
    „Das ist billig“, sagte er. „Hier sind dreizehn Taler.“
    Er griff in seinen Leinwandsack und zog einen großen Beutel heraus, aus welchem er dem Juden dreizehn blanke Taler vorzählte. Der Händler war außerordentlich überrascht von dieser Kulanz. Er sagte:
    „Der Herr hat erhalten diesen Ministerfrack um vier Taler zu billig, aber habe ich verlangt so wenig, weil der Herr will nehmen noch mehr, um zu komplettieren den ganzen Anzug. Darf ich bringen eine Weste?“
    „Natürlich. Aber auch sie muß mich inkognito machen.“
    „Da muß ich vorher fragen, als was der Herr erscheinen will.“
    „Als was? Hm! Verdammt! Daran habe ich gar nicht gedacht. Als was kann man denn erscheinen, wenn man inkognito ist?“
    „Als vielerlei. Zum Beispiel als Kandidat und Geistlicher?“
    „Nein, die sind mir zu fromm.“
    „Als Müller oder Bäcker?“
    „Die sind mir zu mehlig.“
    „Als Gerber oder Schuster?“
    „Die sind mir zu ledern.“
    „So mag der Herr nicht als Handwerker, sondern als Beamter gehen.“
    „Gut! Was für Beamte gibt es?“
    „Kreisamtmänner und Chausseegeldeinnehmer?“
    „Paßt mir nicht!“
    „Finanzräte und Weichensteller?“
    „Auch nicht.“
    „Bankdirektoren und Nachtwächter.“
    „Auch nicht.“
    „Hm. Will der Herr nicht lieber gehen als Künstler?“
    „Künstler? Donnerwetter, ja! Dazu passe ich. Dazu

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