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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ungeziefer pflegt nicht mit einem Mal zu sterben. Es wäre mir lieb, seinen Körper zu finden.“
    „Suchen wir!“ meinte Juarez.
    „Gut. Nehmen wir nur fünfzig Reiter mit. Die anderen mögen nach dem Lager zurückkehren. Bei diesen fünfzig bleiben Señor Juarez, Mariano und ich. Die anderen erwarten uns im Lager.“
    So geschah es. Während die anderen mit der soeben gemachten Beute umkehrten, setzten die fünfzig den Weg fort, mit den drei genannten an der Spitze, welche vor Verlangen brannten, die Schiffe zu erreichen.
    Es war nicht mehr weit dorthin. ‚Geierschnabel‘, welcher den Führer machte, deutete durch die Bäume und sagte:
    „Jetzt wird es vor uns licht. Das ist der Fluß!“
    Sie hielten auf demselben Platz, auf welchem gestern ‚Geierschnabel‘ als Engländer gefangengenommen worden war. Ringsum zeigten deutliche Spuren, daß die Leute Cortejos heute Nacht hier campiert hatten. Drüben auf der Mitte des Stromes aber lagen die Boote bereits wieder vor Anker.
    Mariano sprengte, ohne zu halten, bis an den äußersten Rand des Ufers. Er sah auf dem Deck des vordersten Dampfers einen Herrn und eine Dame stehen; er ahnte, wer es sei, und gab seinem Pferd die Sporen. Er sprang mit einem weiten Satz in das Wasser.
    Es war ihm gleich, ob er naß wurde oder trocken blieb. Die Heißgeliebte vor sich, konnte er unmöglich warten, bis ein Kahn abgeschickt wurde.
    Lindsay hatte mit Amy schon stundenlang auf dem Verdeck geweilt. Als die Fahrzeuge heute vormittag nach ihrem gestrigen Ankerplatz zurückkehrten, waren die Feinde bereits aufgebrochen. Dennoch war nicht zu trauen; man hütete sich sehr, an das Land zu gehen, aber man hielt die Kähne bereit.
    „Ob sie wirklich fort sind?“ fragte Amy besorgt.
    „Gewiß!“ antwortete ihr Vater.
    „Und ob Juarez kommen wird?“
    „Sicher, wenn ‚Geierschnabel‘ ihn wirklich gefunden hat.“
    „Denkst du, daß sie bei ihm sind?“ fragte sie errötend.
    „Du meinst Sternau und die anderen?“
    „Ja, Papa!“
    „Nach allem, was ‚Geierschnabel‘ erzählt hat, sind sie bei Juarez. Ich kann sagen, mein liebes Kind, daß ich mich auf dieses Wiedersehen freue, mehr als das Kind auf das Christfest. Und du, Amy?“
    „Ach, Papa!“
    Sie schlang die Arme um ihn und verbarg das Köpfchen an seiner Brust. Er ließ sie so an sich geschmiegt stehen. Plötzlich aber schob er sie von sich ab.
    „Schau, Kind!“ sagte er, nach dem Ufer deutend.
    Man sah aus dem Wald Reiter kommen. Unter den Voranreitenden erkannte man sehr leicht einen, der grau gekleidet war, einen grauen Zylinderhut trug und einen aufgespannten Regenschirm in der Hand hielt.
    „Das ist ‚Geierschnabel‘“, sagte der Lord.
    „Und wer die anderen, Pa?“ fragte sie mit zitternder Stimme.
    Lindsay setzte das Glas an die Augen.
    „Ich sehe Juarez“, sagte er.
    „Welcher ist es?“
    „Der zur Rechten von uns.“
    „Die anderen?“
    „Die lange, breite Gestalt – ah, dieser herrliche Bart, der fast bis auf den Rücken des Pferdes niederfällt, das, ja, das kann nur Sternau sein.“
    „Und – der – und der dritte?“
    „Welcher sofort an das Wasser reitet?“
    „Ja. Mein Gott, er sprengt hinein!“
    Sie schlug die Hände zusammen und wurde totenbleich.
    „Papa, er muß ertrinken! Der Fluß ist zu breit!“ rief sie.
    Das Wasser ging dem Reiter bis an die Hüften; vom Pferd war nur der Kopf zu sehen. Amy rang die Hände.
    „Hilfe, Papa! Ich kann es nicht sehen!“
    „Das Boot los und ihm entgegen!“ befahl der Lord.
    Einige Augenblicke später schoß das kleine Boot von dem großen hinweg, dem kühnen Schwimmer entgegen. Es erreichte ihn in kürzester Zeit und er schwang sich vom Sattel aus hinein. Das erleichterte Pferd drehte sich sofort um, nach dem Ufer zurückzukehren. Er aber streckte die Hände aus und rief:
    „Amy, Amy, ich bin es!“
    Sie sank auf die Planken nieder und streckte auch ihm die Arme entgegen.
    „Mariano!“ hörte er es rufen.
    Ja, das war diese liebe, süße Stimme, deren Klang ihm, gleich als er sie zum erstenmal gehört hatte, so tief zu Herzen gedrungen war.
    „Ich komme! Ich komme!“ antwortete er.
    Das Boot schoß heran. Er flog auf das Deck; er wußte gar nicht, wie er hinauf gekommen war. Sie hatte sich erhoben. Es flimmerte ihr vor den Augen. Sie sah nichts; sie hörte nichts; sie fühlte nur zwei starke Arme, welche sich um ihren Leib, und zwei Lippen, welche sich auf ihren Mund legten.
    Der Lord stand dabei, mit Tränen in den Augen. Er

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