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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß Ihnen Pablo Cortejo gegenüberstand?“
    „Ja, ‚Geierschnabel‘ rief es mir zu.“
    „Sie haben mit ihm gekämpft?“
    „Ob er sich persönlich an dem Kampf beteiligt hat, weiß ich nicht.“
    „Sie konnten es nicht erkennen?“
    „Es war dunkel.“
    „‚Geierschnabel‘ glaubt, ihn blind gemacht zu haben.“
    „Das ist möglich. Ich hörte ihn vor Schmerzen brüllen und sah, daß man ihm das Gesicht mit dem Wasser des Flusses kühlte.“
    „In diesem Fall kann er sich nicht mit am Kampf beteiligt haben. Es liegt uns natürlich außerordentlich viel daran, über sein Verbleiben Aufklärung zu erhalten. Wir trafen vor kurzer Zeit auf den Rest seiner Truppe, welche vollständig vernichtet wurde.“
    „Ah! Sie haben es verdient. Wo war es?“
    „In der Prärie jenseits des Waldes. Der Anführer sagte, Cortejo sei tot, entweder von Ihren Kugeln getroffen oder im Fluß ertrunken. Ist dies wahrscheinlich?“
    „Das Wahrscheinlichste ist, daß er von seinen eigenen Leuten ermordet wurde.“
    „Was Sie sagen! Haben Sie Gründe zu dieser Annahme?“
    „Ja. Mein Steuermann schwamm an das Land, um die Feinde zu belauschen; er hörte, daß man sich beriet, Cortejo zu töten, um in den vollen Besitz des Raubes zu gelangen, welcher natürlich in meiner Fracht bestand.“
    „Sie waren heute noch nicht am Ufer?“
    „Nein.“
    „So ist noch nicht gesucht worden?“
    „Nein.“
    „So mögen diese fünfzig Männer die Ufer sorgfältig absuchen. Das Resultat erwarten wir auf dem Dampfer.“
    „Ich stelle Ihnen alle meine kleinen Boote zur Verfügung, Herr Doktor, damit diese Leute auch an das jenseitige Ufer gelangen können. Jetzt aber steigen Sie ein, um an Bord zu kommen.“
    Als sie das Schiff erreichten, wurden sie von Amy und Mariano erwartet.
    „Mein Sohn, mein lieber Sohn!“ rief der Lord, indem er den letzteren innig an sein Herz schloß. „Ich hoffe, nun ist alles Leid vorbei. Wir haben später Zeit, über das einzelne zu sprechen.“
    Amy streckte Sternau ihre beiden Hände entgegen.
    „Willkommen, Herr Doktor, willkommen!“ rief sie, indem ihr Gesicht vor Freude, vor Entzücken strahlte. „Das ist ein heißersehnter Augenblick!“
    „Willkommen, Mylady!“ erwiderte er. „Ihr Anblick gibt mir Leben und Sonne, denn Sie kommen aus der Heimat.“
    „Ja, ich habe sie alle gesehen“, nickte sie.
    „Alle?“
    „Ja.“
    „Meine Mutter und Schwester?“
    „Die Herzogin? Ja“, lächelte sie.
    „Die Herzogin?“ fragte er. „Wen meinen Sie?“
    „Wen anders als Ihre Frau Mutter.“
    „Mylady, welcher Scherz!“
    Sie blickte ihm offen und voll in das Gesicht und antwortete:
    „Ich scherze nicht, Señor. Ihre Mutter ist Herzogin.“
    „Mein Gott, wie wäre das zu erklären?“
    „Dadurch, daß sie jetzt verheiratet ist. Ihr Gemahl ist ein Herzog.“
    „Unmöglich!“
    „O, ich kann Ihnen sogar den Namen sagen. Er ist der Herzog von Olsunna!“
    Es wirbelte Sternau vor den Augen. Er faßte, als habe er eine Stütze nötig, unwillkürlich nach dem Deckgeländer.
    „Der Herzog von Olsunna?“ fragte er wie im Traum. „Wie ist denn das zugegangen? Wie ist das gekommen?“
    „Was ich davon weiß, werden Sie gern erfahren.“
    „So wohnt Mutter jetzt in Spanien?“
    „O nein, sondern in Deutschland.“
    „Wo?“
    „Der Herzog hat sich bei Rheinswalden ein Schloß gebaut und es Rodriganda genannt. Da wohnen sie. Aber gibt es nicht noch andere Personen?“
    „O! Ach! Ja! Verzeihung! Diese Nachricht hat mich mehr ergriffen, als Sie vielleicht denken und ahnen. Sie meinen Rosa, meine einzige Rosita!“
    „Ja, Señor.“
    „Lebt sie noch? Wie befindet sie sich? Was sagt sie? Hat sie gelitten?“
    „Ungeheuer hat sie gelitten, aber Gott hat ihr Kraft gegeben, es zu tragen. Wollen Sie sie im Bild sehen, Señor Sternau?“
    „Haben Sie ihr Bild mit? Schnell, o schnell!“
    „Kommen Sie!“
    Sie zog ihn nach der Kajüte und zeigte nach der rechten Seite der Wand.
    „Hier hängt ihr Bild, vor kurzer Zeit erst nach der Natur aufgenommen. Ich mußte das Bild meiner liebsten Freundin natürlich auch während dieser Reise bei mir haben. Es ist sehr genau getroffen.“
    Er hörte nicht mehr, was sie sagte. Er stand vor dem Bild der Heißgeliebten mit gefalteten Händen wie vor einem Madonnenbild. Er wollte ihre Gestalt, ihre Züge mit seinem Auge verschlingen, und doch war dieses Auge von schweren Tränen verschleiert, welche demselben immer von neuem entquollen und über die Wangen

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