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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nichts mehr!“
    „Ich biete dir mehr, als du ahnst! Kennst du meine Tochter?“
    „Señorita Josefa? Ja.“
    „Bist du verheiratet?“
    „Nein.“
    „Nun, so biete ich sie dir zur Frau an!“
    Da stieß der Mexikaner ein halblautes heiseres Hohnlachen aus.
    „Sind Sie verrückt, Señor Cortejo?“ fragte er.
    „Verrückt? Inwiefern?“
    „Ein solches Anerbieten kann nur ein Verrückter machen!“
    „Du gibst also zu, daß es Wahnsinn ist, einem Vaquero, welcher jetzt so ziemlich ein Räuber ist, die Tochter eines Hidalgo anzubieten.“
    Hidalgo ist eigentlich ein Edelmann; so aber wird in Mexiko jeder genannt, der reich ist, oder in einem ansehnlicheren Rang steht.
    „Hidalgo?“ fragte der Mann. „Sie wollen doch nicht sagen, daß Sie ein Hidalgo sind! Sie sind immer nur das gewesen, was Sie von mir sagen: ein Räuber, ein Betrüger. Und Ihre Tochter? Die Vogelscheuche! Ich sage Ihnen: Wenn ich schon an der Leiter des Galgens stände, und könnte mich dadurch retten, daß ich Ihre Tochter zur Frau nähme, ich würde mich lieber hängen lassen. Sie sind verrückt. Lassen Sie mich los!“
    Sie waren jetzt mit dem Floß dem Ufer nahegekommen.
    „Nein, ich lasse dich nicht los!“
    Mit diesen Worten klammerte Cortejo seine Finger mit doppelter Kraft um das Handgelenk des Mexikaners.
    „Nun, so brauche ich Gewalt!“ sagte dieser.
    Er zog mit der anderen Hand seine Machete aus dem Gürtel und legte die Schneide des haarscharfen Messers auf die Hand Cortejos. Als dieser den Stahl fühlte, fragte er:
    „Du willst mich verletzen?“
    „Ich ersuche Sie, loszulassen, sonst haue ich Ihnen die Hand ab!“
    Bei dieser Antwort zog Cortejo rasch seine Hand zurück.
    „So!“ sagte der andere. „Schwimmt, wohin Ihr wollt!“
    Er gab dem Floß einen kräftigen Stoß, so daß dasselbe wieder der Mitte des Stromes zutrieb, dann schwamm er an das Ufer.
    Cortejo fühlte den Stoß.
    „Bist du fort?“ fragte er.
    Keine Antwort ertönte.
    „Antworte! Ich bitte dich um Gottes willen, antworte!“
    Aber so sehr er auch lauschte, es ließ sich nichts hören.
    „Allein! Allein! Blind und verlassen! Bei lebendigem Leib dem sicheren Tod übergeben! Was tue ich? Wie rette ich mich?“
    Er besaß Tatkraft genug, um die Partie noch nicht aufzugeben.
    „Ah!“ sagte er. „Wer hindert mich, selbst an das Ufer zu rudern? Dann werde ich zu ihnen treten und ein strenges Gericht halten. Es wird noch viele unter ihnen geben, welche zu mir halten. Vorwärts also!“
    Er glitt vom Floß herab, hielt sich an demselben fest und arbeitete, wie er meinte, dem Ufer entgegen. Aber er konnte nicht sehen. Das Floß hatte sich gedreht und drehte sich noch immerfort; er merkte dies daran, daß er abwechselnd die Strömung mit sich und gegen sich hatte. Es war ihm unmöglich, die Richtung einzuhalten.
    „Es geht nicht!“ jammerte er, als er sich fast außer Atem gearbeitet hatte. „Ich bin verloren; es gibt keine Rettung für mich. Selbst wenn ich um Hilfe rufe, habe ich nichts zu hoffen. Dieser englische Lord wird mich hören und eins seiner Boote nach mir senden; ich falle dann in seine Hände. Nur ein günstiger Zufall kann mich retten. Ich muß abwarten, ob die Strömung mich vielleicht an das Ufer treibt.“
    Er kroch wieder auf das Floß und streckte sich lang über dasselbe hin.
    Das Arbeiten im Wasser hatte ihn geschwächt. Seine Augen schmerzten ihn wieder außerordentlich, und er nahm das Tuch herab, um sie mit Wasser zu kühlen.
    So wurde er von der Strömung stromab getragen.
    Trotz der in jenen Ländern herrschenden Tageswärme sind die Nächte dort kalt. Cortejos Kleidung war durchnäßt, und bald fühlte er sich von einem Frost ergriffen. Dazu kam noch das Wundfieber und der Schmerz, welcher der Anwendung des Wassers nicht weichen wollte. Er getraute sich nicht, zu wimmern, und doch hätte er vor Schmerz laut aufbrüllen mögen.
    Er verlebte Viertelstunden, welche ihm zu Ewigkeiten wurden, aber es kam ihm nicht eine Spur des Gedankens, daß er diese Qualen verdient habe.
    Endlich fühlte er einen Ruck. Das Floß war an das Ufer gestoßen. Er tastete mit der Hand hin und ergriff einen Zweig, an dem er sich festhielt. Bei einer genaueren Untersuchung merkte er, daß das Floß so weit über das flache Ufer heraufgetrieben worden war, daß es fest saß.
    Er blieb noch liegen, um seiner Augen willen, welche des kalten Wassers so sehr bedurften, und der unausgesetzte Gebrauch desselben hatte wirklich zur Folge, daß der Schmerz sich

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