48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
mit meinem Kopf dafür.“
Man sieht, daß der Pater bei jeder Instanz mehr sagte als bei der vorigen, mehr, als er zu beweisen vermochte.
Der General las das Verzeichnis durch und fragte dann:
„Sind diese Demonstrationen überall geglückt?“
„Ja, vollständig.“
Miramon mußte sich alle Mühe geben, um ein halb mitleidiges, halb triumphierendes Lächeln zu verbergen, und fragte weiter:
„Ihre Antwort ist für mich bestimmt?“
„Nicht allein, Señor.“
„Ah! Für wen noch?“
„Ich hoffte, daß meine frohe Botschaft mir den Zutritt bei Seiner Majestät öffnen werde.“
Miramon machte ein scheinbar erstauntes Gesicht und fragte:
„Zum Kaiser wollen Sie?“
„Ich bitte um die Erlaubnis dazu.“
„Warum?“
„Um ihm meine Nachricht zu bringen.“
„Es genügt, wenn sie mir gebracht wird. Sie wissen wohl, daß ich hier der Oberstkommandierende bin?“
„Ich weiß es, Señor. Aber doch hat ein jeder brave Untertan den Wunsch, seinen Herrscher einmal von Angesicht zu Angesicht zu sehen, und ich hege die Hoffnung, daß meine Botschaft geeignet sein werde, zur Erfüllung dieses Wunsches beizutragen.“
„Hm! So haben Sie den Kaiser noch nicht gesehen?“
„Noch nie.“
„Ich gebe zu“, meinte Miramon unter gut gespieltem Zögern, „daß das, was ich von Ihnen höre, einige Belohnung verdient. Also, Sie können alles verbürgen?“
„Mit meinem Kopf. Mit meinem Leben.“
„Und Sie werden dem Kaiser alles wiederholen?“
„Alles!“
„So bin ich nicht abgeneigt, Ihnen den Zutritt zu ihm zu eröffnen.“
Er schnallte den Säbel, welcher in einer Ecke lehnte, um und sagte zu dem Beichtvater, welcher wartend an der Tür stand:
„Ich danke Ihnen. Wir sehen uns wieder.“
Der Geistliche verschwand, und der General winkte dem Pater, ihm zu folgen.
Um dieselbe Zeit, oder vielmehr einige Minuten zuvor, stand Kaiser Max am Fenster und blickte unter einem ernst sinnenden Ausdruck seines Gesichtes hinab in den Klostergarten. In der Mitte des Zimmers aber stand ein untersetzt gebauter Mann in reicher mexikanischer Uniform. Dieselbe trug die Abzeichen des Generals, und sein Gesicht ebenso ernst wie dasjenige des Kaisers, war vom Wetter tief gebräunt und gegerbt. Der Mann, dem man die indianische Abstammung leicht ansah, – war General Mejia.
Als Juarez gegen Sternau den Marschall Ney, den Bravsten der Braven, erwähnt hatte, hatte er seinem General Porfirio Diaz dieselbe Bezeichnung gegeben. Kaiser Max aber hätte ganz mit eben demselben Recht den General Mejia den Bravsten der Braven, den Treuesten der Treuen nennen können.
Die beiden Herren hatten augenscheinlich ein sehr ernstes Gespräch durch eine Pause unterbrochen. Endlich beendete der Kaiser diese Pause, indem er, ohne sich umzudrehen, fragte:
„Und Puebla ist also auch verloren?“
„Unwiederbringlich, Majestät.“
„Sagen Sie dieses Wort mit voller Überzeugung?“
„Leider.“
„Und doch denke ich, daß dieser Ort wieder zurückzuerobern sei.“
„Ich sehe keine Möglichkeit ein.“
„Ah! Haben wir hier nicht fünfzehntausend Mann zur Verfügung?“
„Wir können keinen einzigen Mann entbehren.“
„Warum nicht?“
„Weil uns Eskobedo bedroht.“
„Er liegt noch in Zacatecas.“
„Aber er hat seine Avantgarde so weit vorgeschoben, daß er uns in drei Tagen erreichen kann, vielleicht sogar in zweien.“
Da drehte sich der Kaiser schnell um und sagte:
„Ah! Sie fürchten Eskobedo?“
Mejia antwortete nicht.
„Nun?“ fragte Maximilian ungeduldig.
„Ich fürchte ihn nicht, aber er ist einer der besten Generäle, die ich kenne“, antwortete Mejia. „Übrigens glaube ich, niemals gezeigt zu haben, daß ich Furcht besitze.“
„Aber Sie sind zu bedenklich.“
„Nicht für mich, sondern für meinen Kaiser.“
„Ihre Bedenklichkeit ist es ja, welche Puebla für immer aufgibt.“
„Weil ich keine Mittel sehe, es zurückzunehmen.“
„Nun, wenn wir unser Militär brauchen, so kommandiert ja Marquez in der Hauptstadt. Er ist im Besitz verfügbarer Kräfte.“
„Er braucht diese Kräfte. Er ist von Diaz bedroht.“
„So halten Sie Diaz für einen so vorzüglichen General wie Eskobedo?“
„Für noch vorzüglicher!“
„Marquez wird ihm gewachsen sein.“
„Majestät gestatten mir, zu zweifeln. Marquez ist verhaßt. Er regiert die Hauptstadt durch Angst und Schrecken. Er ist zu langsam, er ist nicht treu. Gerade sein Zögern, sein Hinhalten, trägt die Schuld, daß es
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