48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
ihrer zu Aufträgen, welche nicht den Charakter des Offiziellen tragen dürfen.“
„Ah! So ist sie seine Spionin?“
„Nein, sondern seine Agentin.“
„Verkehren Sie noch mit ihr?“
„Ja.“
„Das könnte Sie verdächtig erscheinen lassen, General!“
„Majestät, Juarez will nicht Ihren Tod. Er weiß, daß er Sie nicht zu retten vermag, wenn Sie in die Hände der Republikaner gefallen sind, und so sandte er diese Dame als Botin, welche seinen Wunsch in diskreter Weise zu erkennen geben soll. Sie hat sich an mich gewendet.“
„Hat sie bestimmt formulierte Aufträge?“
„Die kann sie noch nicht haben. Aber sobald sie weiß, daß Majestät auf sie hören wollen, wird sie um eine kurze Audienz bitten.“
„Wo wohnt sie? Kennen Sie ihre Wohnung?“
„Ja.“
„Sie sehen ein, daß es höchst unklug sein würde, der Vertrauten des Juarez wissen zu lassen, daß ich fliehen will. Aber ich will doch sehen, was sie mir mitzuteilen hat. Lassen Sie sie holen.“
„Sie ist bereits da.“
„Ah! Wo?“
„Im Garten.“
„Ich ahne, Sie haben sie bestellt oder mitgebracht.“
„Verzeihung, Majestät. Ich habe Gott gebeten, meinem Flehen bei meinem Kaiser Erhörung zu schenken. Ich war überzeugt, daß Gott Ja und Amen sage, und so beorderte ich die Señorita nach dem Garten, damit sie nötigenfalls sofort zur Hand sei.“
„Gut. Gehen Sie, um sie zu holen.“
Mejia ging. Draußen begegnete er Miramon, welcher ihm mit einem fremden Menschen entgegenkam. Beide Generäle grüßten einander kalt und schritten gleichgültig aneinander vorüber.
„Warten Sie hier“, meinte Miramon zu dem Pater.
Er ließ sich melden und trat dann ein.
Im Angesicht des Kaisers lag ein Etwas, was der General sich nicht zu erklären vermochte. Mejia war hier gewesen. Jedenfalls galt es, den Eindruck, welchen dieser zurückgelassen hatte, wieder zu verwischen.
„Was bringen Sie?“ fragte der Kaiser ernst.
„Eine außerordentlich wichtige Nachricht, Majestät“, antwortete der General unter einer tiefen Verneigung.
„Wichtig? Aber doch wohl nicht erfreulich?“
„Im Gegenteil, außerordentlich erfreulich.“
„Das bin ich leider gar nicht mehr gewöhnt.“
„O, Majestät werden sich bald wieder an das zurückkehrende Glück gewöhnen und Ihre Regierung noch lange zum Wohl und Ruhm des Landes fortsetzen.“
„Ich verstehe Sie nicht. Welche Nachrichten bringen Sie?“
„Juarez wird von Querétaro ablassen.“
„Ah!“ rief der Kaiser im Ton des höchsten Erstaunens.
„Und Diaz von der Hauptstadt und Puebla.“
„Das wäre mir unbegreiflich.“
„Juarez ist gezwungen.“
„Wodurch?“
„Durch den Aufstand Ihrer Treuen.“
Da trat der Kaiser rasch näher.
„Einen Aufstand gibt es? Wirklich?“
„Ich bringe die Nachricht davon.“
„Gegen Juarez ein Aufstand?“
„Ja.“
„Wo?“
„O, an vielen, vielen Orten.“
„Nennen Sie dieselben.“
„Da ist zuerst zu nennen das Kloster della Barbara.“
„Wo liegt dieses?“
„In Santa Jaga.“
„Liegt diese Stadt nicht viel nördlicher als Zacatecas?“
„Allerdings.“
„So wäre dieser Aufstand ja im Rücken von Juarez.“
„So ist es.“
„Und die anderen Orte?“
„Liegen alle auch im Rücken der Republikaner.“
„Woher haben Sie diese Kunde?“
„Von einem sicheren Gewährsmann.“
„Können Sie sich auf ihn verlassen?“
„Wie auf mich selbst.“
„Wo befindet er sich?“
„Vor der Tür Eurer Majestät.“
„Ah, Sie haben ihn mitgebracht?“
„Ich sagte mir, daß Majestät den Wunsch haben würden, eine so wichtige Botschaft aus seinem eigenen Mund zu hören.“
„Ich danke Ihnen. Wer ist der Mann?“
„Er ist ein hochgelehrter und berühmter Arzt, Pater Hilario, der Dirigent der ebenso berühmten Krankenheilanstalt della Barbara.“
„Wo der Aufstand ausgebrochen ist?“
„Ja.“
„Lassen Sie ihn eintreten.“
Eigentümlich! Die Haltung des Kaisers war im Handumdrehen eine ganz andere geworden. Er dachte bereits nicht mehr an Rückzug und Flucht. Seine Augen glänzten; seine Wangen hatten sich gerötet, und es war ein höchst wohlwollender Blick, mit welchem er den Eintretenden betrachtete.
„Sie nennen sich Pater Hilario?“ fragte er ihn.
„Zu Befehl, Majestät“, antwortete der Gefragte, indem er sich fast bis zur Erde verneigte.
„Haben Sie sich bisher mit Politik beschäftigt?“
„Ich habe mich nur mit meinen Kranken beschäftigt.“
„Das ist sehr verdienstvoll. Man
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