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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht darüber. Es kann nicht davon die Rede sein, daß ich einen so krassen, so entehrenden Vorwurf auf mir sitzen lasse.“
    „Und dennoch wird er auf Ihnen sitzenbleiben. Wir kennen die Unterredung, welche Sie mit Lopez geführt haben, sehr genau.“
    „Ich habe keine auf diesen Gegenstand bezügliche Unterredung mit ihm gehabt. Und selbst wenn eine solche stattgefunden hätte, wer könnte sie Ihnen verraten haben?“
    „Der, welcher zugegen war.“
    „Also Lopez selbst!“
    „Nein. Dieser wird sich hüten, ein Wort darüber zu verlieren!“
    „Wer aber sonst?“
    „Ich will es Ihnen sagen, obgleich ich dies nicht notwendig habe. Der General, welcher mit Ihnen in eine heimliche Unterhaltung getreten war, ist als ein schlauer und vorsichtiger Mann bekannt –“
    „Welchen General meinen Sie?“
    „Namen sind nicht notwendig. Und überdies sind Sie ja wenigstens ebenso gut unterrichtet wie ich selbst. Dieser Offizier wußte ganz genau, welche Gefahren ein solches geheimes Verhältnis mit sich bringen kann. Er mußte sich überzeugen, ob Sie es ehrlich meinten, und es gelang ihm, einen Mann zu gewinnen, welcher sich in Ihrer unmittelbaren Nähe zu befinden pflegte.“
    „Alle Teufel! Wer ist das?“ fragte Miramon zornig.
    „Ich wiederhole, daß ich Namen nicht nenne.“
    „So erkläre ich dieses ganze Gerücht für eine niederträchtige und armselige Lüge!“
    „Diese Erklärung ist überflüssig. Der Betreffende hat Sie Tag und Nacht beobachtet und Wort für Wort jener Unterredung belauscht.“
    „Und doch ist es eine Lüge!“
    „Leugnen Sie nicht!“ meinte der Richter in strengem Ton.
    „Señor!“ brauste Miramon auf.
    „Pah!“ erklang es im Ton der Verachtung. „Ihr Zuruf kann nicht die mindeste Wirkung haben. Man weiß, was geschehen ist. Wenn man die drei Personen nach der Richtstätte führt, wird man Max bemitleiden, den treuen, braven Mejia bewundern und Sie ver – ah erlassen Sie mir, das Wort auszusprechen, welches Sie sich ja selbst sagen können.“
    Dabei drehte sich der Richter um und verließ das Gefängnis.
    Miramon blieb in einer fürchterlichen Stimmung zurück.
    „Ver – verachten, Sie aber wird man verachten, hat dieser Mensch gemeint. Das bietet er mir! O, wäre ich frei! Ich wollte diesen Kreaturen des Zapoteken lehren, mich zu verachten!“
    Er war unfähig, Reue zu fühlen, und auch der Zuspruch des Beichtvaters, welcher ihm gewährt worden war, brachte ihn nicht dazu.
    Ein amerikanischer Bericht vom 30. Mai hatte gesagt:
    „Morgen werden wahrscheinlich Maximilian und seine vornehmsten Generäle zum Tod durch Pulver und Blei verurteilt werden.“
    Man sieht aus diesem und ähnlichen Berichten, daß man über das Schicksal der Gefangenen selbst im Ausland nicht im Zweifel war. Eine jede Regierung besitzt das Recht, denjenigen, welcher durch Gewalt oder List ihre Fundamente zu untergraben strebt, als Verräter und Empörer zu bezeichnen und zu bestrafen. Von diesem Standpunkt aus war das bereits allerwärts vorher geweissagte Todesurteil ausgesprochen worden, und heute, am 19. Juni, sollte dasselbe auf dem östlich vor der Stadt gelegenen Cerro de las Campanas vollzogen werden.
    Max hatte die ihm von Kurt gebotene Rettung verschmäht; er war nach dem Cerro geflohen und hatte damit aus eigener Entschließung den ersten Schritt ins Grab getan.
    Am Morgen des angegebenen Tages herrschte in Querétaro eine dumpfe Stille, obgleich kein Mensch schlief, sondern alle Welt wach und auf den Beinen war. Der Mexikaner pflegt sich überhaupt sehr früh vom Lager zu erheben, und so waren die Teile der Stadt, durch welche der Zug kommen mußte, bereits vor sechs mit Tausenden und Abertausenden bedeckt.
    Bürger, Soldaten, Vaqueros zu Pferd und zu Fuß, Indianer und Weiße, Neger, Mestizen, Mulatten, Terzeronen, Quarteronen, Chinos, überhaupt Menschen in allen Farben und Trachten standen wartend auf den Plätzen oder schoben sich in dichter Menge schweigend durch die Straßen, um die Hinrichtung eines Kaisers zu sehen.
    Es war nicht das Gefühl wilder Befriedigung, welches aus den Augen dieser meist doch nur halb zivilisierten Menschen leuchtete; nein, sondern in ihren ernsten Gesichtern sprach sich eine Teilnahme aus, welcher auch der Barbar dem Unglück nicht versagen sollte.
    Man redete nicht laut. Wo man sich unterhielt, da geschah es im leisen Flüsterton. Es war, als ob man sich in der Kirche oder in einem Trauerhaus befinde.
    Um sieben Uhr wurden die Gefangenen aus den

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