48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
gefällt. Das Hauptquartier bestätigte dieses Urteil, welches am sechzehnten vollzogen werden sollte, doch wurde den Verurteilten noch eine weitere Frist von drei Tagen bewilligt, damit sie Zeit fänden, ihre Angelegenheiten zu ordnen.
Dieser Aufschub wurde von dem preußischen Geschäftsträger, Herrn von Magnus, schleunigst benutzt, um doch noch das Leben Maximilians zu retten. Er sandte folgenden Protest an die Regierung des Präsidenten Juarez:
„An Seine Exzellenz Señor Sebastian Lerdo de Tejada.
Heute in Querétaro angekommen, werde ich mir klar, daß die am vierzehnten dieses Monats verurteilten Gefangenen bereits am verflossenen Sonntag, dem sechzehnten, moralisch gestorben sind. So wird die ganze Welt es ansehen, denn da alle Vorbereitungen für jenen Tag getroffen waren, so warteten sie eine ganze Stunde darauf, zum Richtplatz geführt zu werden, ehe der die Urteilsvollstreckung aufschiebende Befehl ihnen angezeigt wurde. Der humane Geist unseres Zeitalters wird es nicht gestatten, daß sie, die einen so schrecklichen Todeskampf bereits bestanden haben, nun morgen zum zweiten Mal zum Tode geführt werden sollen. Im Namen der Humanität und der Ehre beschwöre ich Sie, anzuordnen, daß ihnen das Leben nicht genommen werde, und ich wiederhole Ihnen nochmals meine sichere Überzeugung, daß mein Herrscher, Seine Majestät der König von Preußen und alle gekrönten Häupter Europas bereitwilligst darauf eingehen werden, Eurer Exzellenz jede Bürgschaft zu stellen, daß keiner der Gefangenen jemals wieder den mexikanischen Boden betreten wird.“
Es war zu spät. Die Antwort des Ministers lautete:
„Ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen, daß, wie ich Ihnen schon vorgestern anzeigte, der Präsident der Republik nicht der Ansicht ist, daß es sich mit den großen Rücksichten auf die Gerechtigkeit und auf die Notwendigkeit der Sicherstellung des zukünftigen Friedens der Republik vereinigen lasse, Maximilian von Habsburg zu begnadigen.“
Max hatte sich Tinte und Feder bringen lassen und schrieb in der letzten Nacht einen Brief an seine Frau und einen an seine Mutter, die Erzherzogin Sophie. Der erstere lautete:
„Meine vielgeliebte Charlotta!
Wenn Gott es zuläßt, daß Du eines Tages genesest und diese Zeilen liest, so wirst Du die ganze Grausamkeit des Schicksals erkennen lernen, welches mich ununterbrochen schlägt seit Deiner Abreise nach Europa. Du hast mit Dir mein Glück und meine Seele fortgeführt. Warum habe ich deine Stimme nicht gehört! – So viele Ereignisse, ach, so viele plötzliche Schläge haben die Fülle meiner Hoffnungen zerstört, sodaß der Tod für mich eine glückliche Befreiung und keine Agonie ist. Ich werde glorreich fallen wie ein Soldat, wie ein besiegter König, nicht entehrt. Wenn meine Leiden zu heftig sind, wenn Gott mich bald mit Dir vereinigt, so werde ich seine göttliche Hand segnen, welche uns schwer getroffen hat. Adieu, adieu!
Dein armer Max.“
Diesem Brief legte er eine Haarlocke bei, welche ihm die Frau seines Kerkermeisters abgeschnitten hatte. Er küßte sie und steckte sie in das bereits geschlossene Kuvert.
Ganz verschieden nun war das Verhalten der beiden übrigen Gefangenen.
Der treue Mejia war in Beziehung auf sich ganz entzückt über das Todesurteil. Er war ein Indianer, welcher eine Klage über körperliches Leid und Wehe gar nicht kennt und für den es der größte Ruhm ist, für seinen Freund, den er liebt, zu sterben.
Anders bei Miramon. In jener Nacht des Überfalls war er erschrocken aufgewacht und hatte nach Oberst Lopez gesandt. Dieser war auch wirklich kurze Zeit darauf erschienen.
„Was geschieht? Welch ein Lärm ist das?“ hatte Miramon gefragt.
Lopez hatte kaltblütig die Achseln gezuckt und geantwortet:
„Die Republikaner sind in der Stadt.“
„Alle Teufel! Sind sie Sturm gelaufen?“
„Nein.“
„Wie sind sie denn hereingekommen?“
„Niemand weiß es.“
„Wer führt sie an?“
„Velez.“
„Ich denke, daß er erst in drei Tagen kommt!“
„Er hat Ihnen nicht Wort gehalten, wie es scheint.“
Der Ton, in welchem diese Antworten gegeben wurden, hatte den General frappiert. Er hatte geahnt, was vorgegangen sei.
„Aber Ihnen hat er desto mehr Wort gehalten?“
„Das müßte man untersuchen.“
„Verräter!“ hatte Miramon gezischt.
„Pah! Was sind denn Sie? Soll ich bekanntgeben, daß Sie mich beauftragten, mit dem General Velez zu verhandeln? Sie haben sich in Ihrer eigenen Schlinge gefangen
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