48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
sagte:
„Verteilen Sie dies nach meinem Tod unter Ihre Leute und sagen Sie ihnen, daß sie nach meinem Herz zielen sollen. Auf die Brust! Zielt nach meinem Herz! Zielt gut!“
Der Feldwebel trat zurück und der Kaiser ebenso. Die geladenen Gewehre wurden erhoben. Miramon sank auf die Bank nieder, wo er zusammengesunken sitzenblieb. Die Franziskaner legten ihm die Arme kreuzweise übereinander. Der Kaiser umarmte Mejia. Dieser erwiderte die Umarmung schluchzend und mit einigen Worten, welche niemand verstehen konnte. Dann kreuzte der treue, tapfere General die Arme über der Brust, die Kugeln mutig erwartend. Der Bischof trat hierauf zu Maximilian heran und sagte:
„Majestät, geben Sie in meiner Person dem Land und Volk von Mexiko den Kuß der Versöhnung. Mögen Sie im letzten Augenblick allen und alles verzeihen!“
Max ließ sich umarmen und küssen. Er war tief erregt. Er wußte, was der Bischof meinte. Ein innerer Kampf folgte, dann aber sagte er laut:
„Sagen Sie Lopez, daß ich ihm seinen Verrat verzeihe!“
Viele von den Umstehenden weinten, und selbst diejenigen, welche keine Tränen hatten, waren sichtlich gerührt. Was Eskobedo fühlte, konnte kein Mensch erraten. Sein Gesicht war ernst und unbeweglich. An ihn wandte sich Max mit den Worten:
„A la disposición de usted – ich stelle mich zu Ihrer Verfügung!“
Bei diesen Worten lehnte er sich aufrecht an das Kreuz, welches für ihn bestimmt war. Der Feldwebel blickte auf Eskobedo. Dieser nickte mit dem Kopf und gebot: „Adelante – vorwärts!“
Die Schützen traten an. Ein entblößter Degen hob sich und die Gewehrläufe senkten sich, der Degen hob sich abermals, die Schüsse krachten, die Hörner gellten und die Trommeln wirbelten –
Der Kaiser fiel, durch das Herz getroffen, auf das Kreuz, an welches er sich gelehnt hatte. Man hob ihn auf und legte ihn sofort in den Sarg.
Miramon war schwerfällig in den Sand gerollt, aber tot. Mejia blieb stehen und fuchtelte mit den Armen in der Luft herum. Er war schlecht getroffen. Einer der Unteroffiziere trat zu ihm heran, hielt ihm die Mündung seines Gewehres hinters Ohr und drückte ab. Dieser Schuß aus nächster Nähe streckte den treuen Mann zu Boden.
„Libertad y independencia – Freiheit und Unabhängigkeit“, erscholl es rund über die drei Särge hinweg.
Dies war die Grabrede, welche die mexikanische Nation dem toten Kaiser und seinen vornehmsten Generälen hielt.
Am dreißigsten Juni erhielt der Kaiser von Österreich, der sich in München aufhielt, die Botschaft von der Hinrichtung Maximilians. Das Neue Wiener Fremdenblatt berichtete über den Tod des Erschossenen:
„Kaiser Maximilian von Mexiko ist tot. Aus dem kühnen Zug eines geistvollen Prinzen ist ein Trauerspiel geworden, so grandios, wie es noch in dem Sinn keines Dichters entstand. Der Kaiser, ausgezogen, um ein Werk der Zivilisation zu vollbringen, liegt nun, von seinen Feinden erschossen, auf den Feldern von Mexiko, und die Kaiserin sitzt wahnsinnig auf dem Schloß zu Miramare. Fürwahr, die Geschichte hat der kommenden Generation da eines ihrer geheimnisvollsten Rätsel aufgegeben!“
Wir aber sagen:
„So starb Maximilian von Österreich. Er war wert, für eine bessere Sache zu sterben; er hat dies durch sein Verhalten in den letzten Tagen seines Lebens bewiesen!“
SIEBENTES KAPITEL
Das Ende
Juarez war nun wieder Alleinherrscher von Mexiko. Kurt hatte der Hinrichtung nicht beigewohnt. Es widerstrebte seinem Gefühl, einen Mann sterben zu sehen, den er hatte retten wollen. Er saß zur Zeit der Exekution mit dem kleinen André in seinem Zelt. Er hörte das Trauergeläut. Die Exekutionsschüsse drangen an sein Ohr.
„Jetzt! Jetzt sind sie tot!“ rief André.
„Er war bereits tot, als er mich von sich wies“, antwortete Kurt.
„War keine Rettung mehr möglich? Man hätte ihn vielleicht doch heimlich aus seinem Gefängnis entführen können.“
„Ehe Max gefangen war, konnte ich ihn retten, ohne ein Verbrechen zu begehen.“
„War es denn später eins?“
„Gewiß, und zwar ein Verbrechen, welches von jedem Gesetzbuch mit hoher Strafe belegt wird. Es ist widerrechtliche Befreiung eines Gefangenen.“
„Nun, so wäre die Befreiung erst auch widerrechtlich gewesen.“
„Nein, er befand sich noch mitten unter den Seinigen. Sobald er aber in die Gewalt der Republikaner geraten war, sah ich mich gezwungen, die Hand abzulassen.“
„Hm. Sie mögen recht haben. Er hat es nicht anders
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