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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Emilias groß und feucht. Ihr schönes Angesicht zeigte einen tiefen Ernst, und ihre Stimme vibrierte leise, als sie fragte:
    „Darf ich nicht wissen, wer die ist, die Ihr so unendlich liebt?“
    Da öffnete er, wie erschrocken, rasch die Augen und antwortete:
    „Nein, um Gottes willen, nein!“
    „Warum nicht?“
    „Weil Ihr zornig, entsetzlich zornig werden würdet.“
    „Nun, wenn Ihr es mir nicht mitteilt, so will ich es Euch sagen.“
    „Das könnt Ihr nicht. Ihr wißt es ja nicht.“
    „Ich will es Euch beweisen, daß ich es weiß. Legt einmal den Kopf so nach hinten und macht dazu die Augen zu, gerade wie Ihr es vorhin getan habt.“
    Er gehorchte, ohne zu ahnen, was sie wollte. Da, kaum hatte er die Augen geschlossen, so fühlte er sich von zwei warmen, weichen Armen umfangen; seine Wange wurde an einen vollen Busen gedrückt, unter dem er das Klopfen eines Herzens deutlich hörte und fühlte; zwei Lippen legten sich auf seinen Mund, und dann hörte er die leisen, liebevollen Worte:
    „Ich bin es, ich! Nicht wahr, ich weiß es, wen du lieb hast?“
    Er antwortete nicht, er öffnete auch die Augen nicht. Er bewegte sich nicht, sondern er blieb liegen wie ein Hund, den die schöne Herrin liebkost, und der vor Freude und Entzücken darüber vergehen und sich in Wonne auflösen möchte.
    Sie drückte ihn an sich, küßte ihn abermals und fragte wieder:
    „Antworte mir, André. Nicht wahr, ich bin es, die du so unendlich lieb hast?“
    „Ja“, wagte er ganz leise zu sagen.
    „So mache deine Augen auf.“
    Er gehorchte. Er erblickte ihr schönes, freudeglänzendes Gesicht so nahe an dem seinigen. Er fühlte, daß der Hauch ihres Atems ihn berührte; es war ihm so eigentümlich, so traumhaft, so wirr im Kopf. Er strich sich langsam die Haare aus der Stirn und fragte:
    „Träume ich oder ist es wirklich wahr? O Gott, es ist des Glücks zuviel.“
    Sanft entwand er sich den Fesseln der Liebe und erhob sich.
    Langsam und fast taumelnd schritt er zum Fenster. Dort stand er lange, lange Zeit mit gefalteten Händen, und in die Nacht hinaus zu den Sternen emporblickend. Sie ließ ihn ruhig gewähren. Sie hatte den Wert dieses rauhen Mannes kennengelernt. Wurde sie auch nicht von der Glut zu ihm gezogen, welche sie Gerard gegenüber gefühlt hatte, so war sie ihm, ihrem Lebensretter, dagegen mit jenem stillen, reinen Gefühl ergeben, welches der Volksmund ‚von Herzen gut sein‘ nennt, und welches mehr Bürgschaft eines dauernden Glücks bietet als ein hell aufloderndes, aber ebenso schnell wieder in sich zusammensinkendes Herzensfeuer.
    Sie war Spionin gewesen. Was hatte sie zu hoffen? Sollte sie ihre Schönheit einem auf Adel oder Reichtum stolzen Protzen opfern, um dann von ihm verlassen zu werden? Nein. Sie wußte, daß sie schön war, aber sie wußte auch, daß sie mit dieser Gottesgabe hier einem braven Mann ein unendliches Glück bereiten werde, und sie zog dies letztere vor, nicht aus Berechnung, sondern weil ihr Herz sie dazu trieb. Sie war ihm ja so herzensgut, diesem einfachen, biederen Andreas, dessen Charakter ihr mehr Gewähr eines wirklichen und dauerhaften Glücks bot, als die egoistische, genußsüchtige Liebe all der vornehmen Anbeter, welche sie bisher gehabt hatte.
    Da drehte er sich um und kehrte langsam zu ihr zurück. Sein ehrliches Gesicht glänzte wie verklärt, und in seinen Augen standen Tränentropfen, welche ihm über die Wange rollten.
    „Weißt du, was ich jetzt getan habe?“ fragte er.
    „Was? Sage es.“
    „Gebetet. Ja, gebetet habe ich, daß der liebe Gott mir den Verstand und die Gedanken lasse. Ich habe jetzt erkannt, daß es ebenso schwer ist, sich in ein großes Glück zu finden wie ein schweres Herzeleid. Und nun sage mir, ob du wirklich im Ernst gesprochen hast und ob es wahr ist, daß ich dich in Wirklichkeit besitzen soll, dich, die ich im stillen angebetet habe, als ob du meine Königin seist, und ich bin der Sklave, der Untertan, welcher bereit ist, für dich zu leben und aber auch für dich zu jeder Stunde in den Tod zu gehen!“
    Die Frage, welche er aussprach, glänzte ihr auch aus seinen ehrlichen, treuen Augen entgegen, und zwar so angstvoll und unsicher, daß sie beide Hände ausstreckte, die seinigen ergriff und schnell antwortete:
    „Ja, es ist wahr, mein lieber André. Ich will dein Weib sein, deine Hausfrau, bei der du eine Heimat findest, nachdem du solange Jahre ruhe- und heimatlos gewesen bist.“
    Da stieß er einen Ruf des höchsten Entzückens

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