48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
Alkalde.
Keiner antwortete.
„Ich frage, aus welchem Begräbnis Ihr diesen Toten geholt habt!“ wiederholte der Beamte.
Abermals keine Antwort. Er konnte fragen, was er wollte, sie beobachteten das tiefste Schweigen.
„Lassen Sie“, sagte Kurt. „Es ist eine nicht seltene Taktik des Verbrechers, zu schweigen, wenn er alles verloren gibt. Wir werden morgen bei Tageslicht schon sehen, an welchem Begräbnis dieser Leichendiebstahl begangen wurde.“
„Das ist wahr“, meinte der Alkalde. „Bis dahin mag alles bleiben wie es ist. Ich lasse meine Leute hier, um dafür zu sorgen, daß nichts verändert werde, wir anderen sind genug, die beiden Kerls in Gewahrsam zu bringen.“
Kurze Zeit später wurden Cortejo und Landola von dem Alkalden, Kurt, Geierschnabel und dem Matrosen Peters abgeführt. Die vier letzteren bemerkten gar nicht, daß ihnen von weitem eine männliche Gestalt folgte, um zu sehen, wohin die Gefangenen geschafft würden.
Im Gefängnisgebäude angekommen, wurde noch einmal ein Verhörversuch mit ihnen angestellt, der ebenso resultatlos ausfiel wie der erste. Da nur noch ein einziger, leerer Raum vorhanden war, wurden sie beide zusammen in demselben untergebracht, erhielten aber einen bewaffneten Soldaten vor die Tür, damit sie unmöglich entfliehen könnten. –
Kurt war mit bis in die Zelle gegangen, um sich zu überzeugen, daß die Gefangenen auch sicher untergebracht seien. Ehe er sie verließ, wendete er sich mit den Worten an Cortejo:
„Señor Gasparino, denkt nicht etwa, daß Ihr mit Eurem Schweigen weiter kommt, als mit einem offenen Geständnis. Ich bin von allem unterrichtet und brauche Euer Geständnis nicht.“
Da endlich sagte Cortejo das erste Wort. Er blickte den jungen Mann verächtlich an und fragte:
„Was werdet Ihr wissen? Wer seid Ihr?“
„Ich heiße Kurt Helmers und bin der Sohn des Steuermannes Helmers, welchen Landola hier mit nach der Insel geschafft hatte. Straflosigkeit habt ihr beide nicht zu erwarten, aber wenn eine Milderung möglich wäre, so doch nur in dem Fall, daß ihr von eurer Verstocktheit laßt.“
„So. Und was wißt Ihr denn von uns?“
„Alles.“
„So zählt es auf.“
„Ich verschmähe das. Wir stehen uns keineswegs so gleichwertig gegenüber, daß ich mich zu einer Unterhaltung mit euch herbeilassen könnte. Was ich vorzubringen habe, das wird euch die Untersuchung lehren. Euer Spiel ist aus. Ihr habt nur noch leere Blätter und Nieten in der Karte.“
Unterdessen war der Jäger Grandeprise um das Gebäude herumgegangen, um die Mauern zu untersuchen. Er sah zu seinem Mißvergnügen, daß von hier aus an eine Befreiung nicht zu denken sei. Da bemerkte er, daß ein Fenster, welches mit außerordentlich starken Eisengittern verwahrt war, erleuchtet wurde.
„Ah“, brummte er, „das ist die Zelle, in welche man sie steckt. Jetzt weiß ich wenigstens das. Oder steckt man den einen von ihnen noch anderswohin?“
Er wartete noch eine ganze Weile, um zu sehen, ob noch ein zweites Fenster erleuchtet werde. Als dies nicht der Fall war, murmelte er:
„Gut, sie scheinen beisammen zu sein. Jetzt gilt es, zu wissen, wann diejenigen, welche sie fingen, sich wieder entfernen.“
Er begab sich wieder nach dem Eingang zurück, wo er sich auf die Lauer legte. Es dauerte nicht lange, so öffnete sich das Tor, und Vier Personen traten heraus, um sich zu entfernen.
„Sie sind es. Sie sind fort. Was nun tun und anfangen?“ flüsterte er. „Es muß schnell gehandelt werden. Morgen ist es vielleicht zu spät.“
Er schritt nachdenklich die Straße entlang. Plan auf Plan durchkreuzte seinen Kopf, aber keiner erwies sich als ausführbar. Da hörte er klirrende Schritte hinter sich. Ein französischer Offizier, welcher so spät noch aus der Tertulia oder Unterhaltung kam, schritt an ihm vorüber.
„Alle Teufel, welch ein Gedanke! Das wäre etwas!“ brummte er. „Dieser Mensch schien so ziemlich meine Statur zu besitzen. Allons, nicht lange überlegt, sonst geht die Gelegenheit vorüber!“
Als Präriejäger schnell im Entschluß und in der Ausführung, eilte er dem Offizier nach.
„Monsieur, Monsieur!“ rief er halblaut.
„Was ist's?“ fragte der Mann stehenbleibend.
„Sind Sie vielleicht der Kapitän Mangard de Vautier?“
Er hatte diese Frage ausgesprochen, um nahe an den Offizier heranzukommen. Dieser antwortete:
„Nein. Ich kenne keinen Kapitän oder Offizier dieses Namens.“
„Nun, ich auch nicht“, meinte der Jäger
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