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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eines solchen habt. Ein Haziendero ist ein ganz anderer Mensch als Ihr. Euer Auge ist nicht das eines Landmannes, eines Maisbauers und Viehzüchters.“
    „Das Auge wessen ist es denn?“ fragte Landola sichtlich belustigt von der Menschenkenntnis, welche der Pater zeigen wollte.
    „Es ist so scharf, so – so in das Weite sehend, wie man es nur bei Präriejägern und Seeleuten findet. Ich möchte darauf schwören, daß Ihr zu den letzteren gehört.“
    „Da irrt Ihr Euch gewaltig!“
    „Werden sehen! Und dann sagtet Ihr, daß Ihr aus der Gegend von Parsedillo seiet. Zufälligerweise kenne ich diese Stadt und ihre Umgegend sehr genau. Einen Haziendero welcher Bartolomeo Diaz heißt, gibt es dort nicht. Welchen Namen führt denn Eure Hacienda?“
    „Es ist die Hacienda Mercedes.“
    „Ah, eine solche gibt es weder dort, noch sonst irgendwo im ganzen Land Mexiko!“
    „Alle Teufel! Ich werde doch meine Besitzung kennen!“
    „Sie wird anders heißen und anderswo liegen. Vielleicht ist es eine wüste Insel im Stillen Ozean.“
    Diese Worte waren mit einer so eigentümlichen Betonung gesprochen, daß Landola aufmerksam wurde.
    „Was wollt Ihr damit sagen?“
    „Nur, daß ich Euch für einen Seemann halte, und Seeleute haben ihre Reichtümer und Besitzungen doch im Meer liegen. Sagt, habt Ihr jemals etwas von der Kunst gehört, aus der Hand eines Menschen zu lesen?“
    „Pah, das ist Humbug!“
    „Nein. Man liest daraus die Geburt, den Charakter, das Temperament, die Schicksale, den Tod, ja sogar den Namen eines Menschen.“
    „Unsinn!“
    „Ich meine besonders den Vornamen. Zeigt einmal her, Señor!“
    Ehe Landola es verhindern konnte, hatte der Pater seine Hand ergriffen. Er hielt sie fest, betrachtete sie lange und sagte dann:
    „Ja, hier steht deutlich Euer Vorname. Soll ich ihn Euch ablesen?“
    „Haltet mich doch um Gotteswillen für keinen Dummkopf!“
    „O, ich habe bereits zweimal gesagt, daß ich euch beide für kluge Leute halte, daß es aber allerdings noch klügere gibt. Dieses letztere beweise ich durch meine Kunst, Euren Vornamen ganz genau aus Eurer Hand zu lesen.“
    „Nun, zum Teufel, wie lautet also dieser Vorname?“
    „Henrico.“
    Landola war so überrascht, daß er seine Hand schleunigst aus derjenigen des Paters zog und zurückwich.
    „Donnerwetter!“ rief er aus.
    „Nicht wahr, es ist richtig?“ fragte Hilario.
    „Ja.“
    „Nun seht also! Später vielleicht werde ich beweisen, daß ich auch Euren Zu- oder Familiennamen zu lesen vermag. Zunächst aber zu Eurem Kameraden. Ihr nanntet ihn Antonio Lifetta?“
    „Ja.“
    „Er ist Advokat?“
    „Ja. Das glaubt Ihr wohl auch nicht?“
    „O ja, das glaube ich. Er hat ganz das Äußere eines solchen. Aber darf ich fragen woher er ist?“
    „Aus Pariesa.“
    „Das glaube ich nicht. Ihr selbst sprecht nicht wie einer aus Presidillo. Ihr sprecht das Spanische wie ein geborener Amerikaner, der auch Englisch, Französisch und andere Sprachen versteht. Und Euer Kamerad spricht das Spanische wie ein geborener Spanier, und zwar wie einer, welcher in der nordöstlichen Gegend dieses Landes zu Hause ist.“
    Dies alles stimmte so genau, daß die beiden sich einander aufs Höchste betroffen anblickten. Aber Hilario fuhr noch weiter fort:
    „Nun gilt es, seinen Vornamen zu lesen. Zeigt her, Señor!“ Er ergriff die Hand Cortejos und betrachtete sie. Dann fragte er: „Nicht wahr, Ihr nennt Euch Gasparino?“
    „Das ist höchst sonderbar“, rief der Gefragte.
    „Ich habe also recht gelesen? Also nun auch zu den Familiennamen. Zeigt her!“
    Er hielt Cortejos Hand fest und ergriff dazu auch diejenige Landolas. Zu dem letzteren sagte er nach einer Weile:
    „Bei Euch ist es schwerer als bei Eurem Kameraden. Habt Ihr Euch vielleicht zweier Namen bedient?“
    „Ist mir niemals eingefallen“, antwortete Landola. „Aber lassen wir den Unsinn. Es ist gar nicht nötig.“
    Er versuchte, seine Hand frei zu machen, aber der Pater hielt sie fest und sagte nach einer abermaligen Pause, während welcher er die Hände genau betrachtet hatte:
    „Ah! Ich habe es! Jeder einzelne Buchstabe ist genau zu lesen. Beide Namen bestehen ja aus drei Silben, und bei beiden Namen hat die erste Silbe drei Laute, während die beiden anderen je nur zwei zeigen. Ihr, Señor, heißt Landola, und Euer Name, Señor, ist Cortejo.“
    Es läßt sich gar nicht beschreiben, welchen Eindruck diese Worte auf die beiden Männer machte. Hatten sie es hier mit einem

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