48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
Wunder zu tun? Gab es wirklich eine Wissenschaft, welche es bis zu einem außerordentlichen und erstaunlichen Resultat gebracht hatte? War dieser Pater ein Zauberer, oder war er ein Scharlatan, welcher sie zufälligerweise kannte und sie auf diese Weise zu düpieren versuchte?
In beiden Fällen war ihre Lage keineswegs eine angenehme. Leugnen war das Allerbeste, ganz entschiedenes Leugnen; das erkannten alle beide, ohne es sich vorher einander mitteilen zu müssen.
„Alle Wetter!“ rief Landola ganz bestürzt.
„Alle Teufel und Heiligen!“ folgte ihm Cortejo.
„Nicht wahr, es ist richtig?“ triumphierte der Pater.
„Nein, es trifft nicht zu“, behauptete Cortejo.
„Es ist falsch, es stimmt nicht“, fügte Landola bei.
„O, meine Wissenschaft betrügt mich nie“, meinte Hilario.
„Und dennoch betrügt sie Euch“, entgegnete Cortejo.
„Könnt Ihr mir das beweisen?“
„Ja, sofort!“
„So tut es! Oder vielmehr, versucht es, denn gelingen wird es Euch auf keinen Fall.“
„Auf alle Fälle! Ihr behauptet also, daß ich Cortejo heiße?“
„Ja. Ich behaupte es nicht nur, sondern ich bin sogar ganz überzeugt davon.“
„Und doch suche ich diesen Cortejo. Kann ich also er selbst sein?“
Der Pater warf einen unaussprechlich selbstbewußten Blick auf ihn und meinte dann lächelnd:
„Sucht Ihr nicht Pablo Cortejo?“
„Ja.“
„Und habe ich Euch nicht gesagt, daß Euer Name Gasparino sei?“
„Donnerwetter“, fluchte Cortejo.
An den Vornamen hatte er nicht gedacht. Nun war es mit seinem Gegenbeweis allerdings schlecht bestellt. Dennoch versuchte er, sich zu verteidigen, indem er entgegnete:
„Das ist nur eine Vermutung; das ist ein Irrtum. Ich heiße nicht Cortejo, sondern –“
Er hielt mitten in der Rede stockend inne und blickte, Hilfe suchend, zu Landola hinüber. Aber der Pater fiel sofort ein:
„Ah, Ihr habt den Namen vergessen, den Euch Señor Landola zulegte. Das beweist, daß meine Wissenschaft mich nicht getäuscht hat.“
„O, ich habe den Namen nicht vergessen; Ihr habt mich nur nicht aussprechen lassen; Ihr seid mir in das Wort gefallen.“
„Ja“, beeilte sich Landola, beizustimmen; „es ist ein Unsinn, an diese sogenannte Wissenschaft zu glauben. Der Beweis, daß es Schwindel ist, ist ja geliefert. Ich – ich soll Landola heißen!“
Er stieß ein höhnisches Lachen aus.
„Und mein Name soll Cortejo sein!“ meinte Cortejo.
Der Pater aber schüttelte ernst den Kopf und sagte:
„Señores, denkt ja nicht, daß ihr mich in Irrtum bringt. Was ich sagte ist wahr. Ich bin imstande, euch zu beweisen, daß ich nichts als Wahrheit spreche.“
„So beweist es!“ forderte Cortejo ihn auf.
„Gut. Ihr wollt es haben.“
Er zog ein kleines Fach seines Schreibtisches auf und entnahm demselben zwei Karten. Er hielt ihnen die eine hin und fragte:
„Kennt ihr diese Dame?“
Beide sahen sich, als sie einen Blick auf die Karte geworfen hatten, mit bedeutungsvollen Augen an.
„Ich kenne sie nicht“, sagte Landola.
„Und ich auch nicht“, fügte Cortejo hinzu.
„Da sagt ihr die Unwahrheit, Señores. Wenn ihr Mexikaner seid, müßt ihr dieses Mädchen kennen. Vorhin gabt ihr euch für Kinder dieses Landes aus, und diese Fotografie sollte euch unbekannt sein. Entweder habt ihr vorher gelogen, oder ihr lügt jetzt.“
„Señor“, meinte Landola in drohendem Ton, „ich ersuche Euch, solche und ähnliche Worte zu vermeiden!“
„Wir sind nicht zu Euch gekommen, um uns Lügner nennen zu lassen!“ fügte Cortejo in demselben Ton bei.
Der Pater behielt seine Ruhe und antwortete:
„Ihr seid wirklich unverbesserlich! Aber bitte, seht euch nun auch dieses zweite Bild an.“
Er hielt ihnen dasselbe entgegen, und abermals konnten sie ihr Staunen nicht verbergen.
„Kennt ihr es?“
„Ich nicht“, meinte Landola.
„Ich auch nicht“, beteuerte Cortejo.
„Sehr sonderbar! Ihr kennt diese beiden Fotografien nicht, und doch sehe ich beim Anblick derselben in euren Angesichtern deutlich das Zeichen des Erstaunens, ja des Schreckens. Diese Dame ist Señorita Josefa Cortejo. Sie ließ sich fotografieren, um ihre Bilder unter die Anhänger ihres Vaters verteilen zu lassen. Der Herr ist eben ihr Vater, Pablo Cortejo. Auch er ließ sich fotografieren, aber nicht für eine solche Menge, sondern nur für nähere, intimere Bekannte.“
Da fragte Cortejo rasch:
„Ihr habt sein Bild. Also gehört Ihr auch zu diesen Bekannten?“
„Pah! Ich habe euch ja
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