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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ein gelinder, heimlicher Liebestritt auf die Füßchen?“
    „Nein.“
    „Donnerwetter! Hat er dir denn nicht wenigstens einmal die rechte oder die linke Hand gequetscht?“
    „Als er fortging.“
    „Da war's bereits zu spät. Aber mit den Augen hat er wenigstens einmal gezwinkert?“
    „Ich kann mich nicht besinnen.“
    „Da hat man's. Was habe ich gezwickert und gezwinkert, gequetscht, gekniffen und gepufft, als ich deine Mutter kennen lernte. Wir Alten hatten die Liebe viel besser weg als ihr Jungen. Dieser Gerard. So ein feiner Kerl. Und nun erst, als er fortgegangen ist, hat er dir die Hand gequetscht. Der Esel. Herrjeh, wäre das ein Schwiegersohn gewesen. Hat er dir denn nicht gesagt, wohin er wollte?“
    „O ja.“
    „Was? Dir hat er es gesagt?“
    „Ja.“
    „Und mir nicht? Sackerment!. Das will ich mir verbitten! Solche Heimlichkeiten, solche Techtelmechteleien kann ich nicht leiden und dulden. Das ist ja gerade so verschwiegen, als ob ihr ein Liebespaar wärt. Das will ich mir verbitten. Aber, wie kommt es denn, daß es dir erst jetzt einfällt?“
    „Erst jetzt?“ meinte sie verlegen.
    „Ja. Du hast immer gesagt, daß du nicht weißt, wohin er ist.“
    „Ich habe es gewußt.“
    „Ah, sieh doch einmal an. Und warum sagtest du es mir nicht?“
    „Es war ja Geheimnis!“
    „Himmelelement! Geheimnisse habt ihr miteinander?“
    „Nur dieses eine, lieber Vater.“
    „Das geht nicht. Das würde ich nicht einmal von meiner Tochter und meinem Schwiegersohn dulden. Ich müßte alles wissen, alles, sogar wieviel Küsse sie sich pro Stunde geben. Dadurch bekommt man eine gewisse Übersicht, die sehr notwendig ist, wenn man die Ehe der Tochter mit der eigenen vergleichen will. Also was für ein Geheimnis ist es?“
    „Ich sollte nichts sagen, Vater, aber die Zeit, in welcher er zurückkehren wollte, ist vorüber, und nun bekomme ich Angst.“
    „Angst? Sapperlot, das klingt schlimm! Ist's denn gefährlich?“
    „Ja, zumal er noch so schwach war, als er ging.“
    „Nun, so rede, um was handelt es sich denn?“
    „Um – er wollte – o, mein Gott!“
    Sie hielt mitten im Satze inne. Ihr Auge starrte durch das Fenster; ihr Gesicht hatte die Starrheit und Bleichheit des Todes angenommen, und ihre beiden Hände waren nach dem Herzen gefahren, wo sie fest liegen blieben.
    Pirnero bemerkte die Richtung ihres Blickes. Er trat zum Fenster und sah hinaus. Da kam ein Reiter langsam die Gasse herauf. Ihm folgten fast ein Dutzend schwerbepackte Maultiere, und hinter diesen ritt ein zweiter Reiter neben einer Reiterin.
    „Kreuzhimmelbataillongranatenbombenstiefelknecht, das ist er ja“, schrie Pirnero und stürmte zur Tür hinaus.
    Da erhielt auch Resedilla wieder Leben. Ihr Busen begann sich zu bewegen, ihre Hände sanken herab, fuhren aber sofort wieder empor nach den Augen, denen eine Tränenflut der Erleichterung entstürzte.
    „Er ist's, er ist's“, schluchzte sie. „Gott sei Dank! Gott sei Dank! O, so darf ich ihn nicht sehen, so nicht, nein, so nicht!“
    Sie fühlte, daß sie sich ihm jubelnd an die Brust stürzen würde, und darum floh sie hinauf in ihre Kammer, wo sie schon so viele, viele Tränen geweint hatte.
    Pirnero aber stand unter der Tür und streckte beide Hände aus, um den Jäger zu empfangen.
    „Willkommen, tausendmal willkommen, Señor Gerard“, rief er. „Wo habt ihr denn nur gesteckt?“
    „Das sollt Ihr bald hören, mein lieber Señor Pirnero. Erlaubt nur, daß ich vom Pferd steige.“
    Ja, das war Gerard, der alte, der frühere. Hoch, stark und breit, fast so riesig wie Sternau gebaut, zeigte er nicht die mindeste Spur seiner Krankheit mehr in Haltung und Bewegung. Seine Kleidung war abgerissen; er mußte ungewöhnliche Strapazen hinter sich haben; aber sein sonnenverbranntes Gesicht zeigte eine Frische, und sein Auge einen Glanz, welche es nicht erraten ließen, daß er vor kurzer Zeit noch mit dem Tod gerungen habe.
    Er sprang vom Pferd, und anstatt dem Alten die Hand zu geben, zog er ihn in die Arme und drückte ihn an sich und gab ihm sogar einen schallenden Kuß auf die Wange.
    „Grüß Gott, Señor Pirnero!“ rief er dabei im Ausdruck des Glücks. „Wie herzlich froh bin ich, wieder bei Euch zu sein.“
    Das war dem Alten noch nicht passiert. Seine Augen wurden vor Freude und Rührung augenblicklich naß. Er hielt beide Hände des Jägers fest und fragte: „Wirklich? Ihr seid froh darüber?“
    „Ja.“
    „Ihr umarmt mich sogar vor

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