48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
meine Legitimation!“ sagte Kurt mit scharfer Kürze.
Er gab seine Dokumente ab. Der General las, behielt sie in der Hand und betrachtete den jungen Mann eine Weile mit neugierigen Blicken. Dann fragte er:
„Sie heißen also Kurt Helmers?“
„Ja.“
„Sind Oberleutnant der Gardehusaren in Berlin?“
„Ja.“
„Kommandiert zum Stab des jetzt so berühmten Moltke?“
Bei dieser letzten Frage zuckte ein höhnisches Lächeln um seinen Mund. Kurt antwortete in aller Ruhe:
„Warum diese Frage, General? Sie haben meine Legitimation gelesen; meine Personalien sind Ihnen also bekannt. Eine jede Wiederholung ist unnötig.“
„Ah, Sie sprechen ja höchst peremptorisch“, lachte der General. „Dieser Ton scheint den Herren Preußen zur zweiten Natur geworden zu sein; bei mir aber verfängt er nicht. Ich spreche meine Fragen aus, weil ich Ihren Dokumenten nicht gut glauben kann. Ein Offizier, wie Sie sein wollen, und – Spion.“
Kurts Wangen färbten sich, aber er behielt seine Ruhe doch noch bei.
„General“, sagte er, „Sie sprachen da ein Wort aus, welches Ihnen nur die Wahl läßt, mir entweder zu beweisen, daß Sie recht haben, oder mir Genugtuung zu geben.“
„Ah, nicht so stolz, mein junger Leutnant. Sagen Sie mir doch gefälligst, woher Sie jetzt kommen?“
„Aus Mexiko.“
„Haben Sie dort Deutsche besucht?“
„Ja.“
„Wen?“
„Den Geschäftsträger Preußens.“
„Ah! Wohl gar in amtlicher Eigenschaft?“
„Nein.“
„Wie sonst?“
„Privat natürlich.“
„Und wohin wollten Sie von hier aus?“
„Nach Santa Jaga und der Hacienda del Erina.“
„Sacré! Nach dieser berühmten oder vielmehr berüchtigten Hacienda. Wissen Sie vielleicht, daß sie sich jetzt in den Händen des Juarez befindet?“
„Ja.“
„Das genügt. Sie kommen aus der Hauptstadt und wollen zu Juarez.“
„Ich komme aus der Hauptstadt und will in privater Angelegenheit nach Santa Jaga“, antwortete Kurt. „Später gehe ich wohl nach der Hacienda. Wer aber hat gesagt, daß ich zu Juarez will?“
„Das steht zu erwarten.“
„Vermutung also! Ich hoffe nicht, daß eine bloße und noch dazu unbegründete Vermutung hinreichend ist, einen Offizier und Ehrenmann zu beleidigen und ihn in Arrest zu nehmen.“
„Ich werde Beweise finden“, sagte der General. „Man suche die Leute aus.“
„Ich protestiere gegen eine solche Behandlung“, rief Kurt empört.
„Ihr Protest gilt nichts. Ich habe befohlen, und man wird gehorchen.“
Die Mantelsäcke der vier Reisenden wurden geholt, und sodann durchsuchte man sogar die Taschen der letzteren. So sehr Kurt gegen eine solche Behandlung protestierte, es half ihm nichts.
„Selbst wenn Sie kein Spion sind“, sagte der General, „und selbst wenn ich diesen Geierschnabel begnadigen wollte, müßte ich Sie in Gewahrsam halten.“
„Warum?“ fragte Kurt.
„Meinen Sie, daß ich Sie zu Juarez gehen lasse, damit er erfahre, was bei uns vorgeht? Rittmeister, weisen Sie diesen vier Männern ihr Logis an. Das übrige wird sich finden.“
Es folgte nun eine sehr heftige Szene. Die vier Reisenden mußten alles von sich legen, was nicht ganz und gar unentbehrlich war, und dann wurden sie in einen Raum geschlossen, aus welchem kein Entrinnen möglich war. Der Franzose hatte sich viel sagen lassen, ohne sich direkt zu revanchieren; aber jetzt begann seine Rache.
Am anderen Tag wurde Kurt mit seinen Begleitern mitgeschleppt. Er hoffte auf rasche Erledigung dieser Angelegenheit – umsonst. Er meldete sich; er verlangte eine Untersuchung – kein Mensch hörte ihn. Er wurde weiter geschleppt, bis er sich wieder in Vera Cruz befand. Erst als der letzte französische Soldat auf dem letzten französischen Schiff den Hafen verlassen hatte, sahen die vier ihre Freiheit wieder und erhielten das zurück, was ihnen konfisziert worden war.
Man kann sich denken, welcher Grimm sich der vier Männer bemächtigt hatte. Sie beschlossen zwar, sich sofort an die Vertreter ihrer Regierungen zu wenden, aber was sie verloren hatten, das blieb ihnen doch unwiederbringlich verloren – die kostbare Zeit, welche nicht zurückzurufen war.
Sie sagten sich mit wirklicher Wut im Herzen, daß Cortejo und Landola ihnen entgangen seien. Was konnte seit jenem Tag alles vorgegangen und geschehen sein. Sie tauschten ihre abgematteten Pferde gegen bessere um und flogen nach der Gegend zurück, welche zu verlassen man sie so schmählich gezwungen hatte.
Wer an einen Gott, an
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