48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
aber was der bekommen wird, das bringen wir auch ohne sie ganz gut fertig.“
So begann er denn, sich mit Hilfe der Alten über die Zubereitung eines Mahles herzumachen. Unterdessen brachten seine Leute die Tiere und die Ladung der Angekommenen unter. Diese letzteren aber befanden sich im Gastzimmer, wo sie sich miteinander unterhielten.
Die Dame hatte den Schleier abgenommen und sah, trotzdem, daß sie nicht mehr weit von der Vierzig stehen konnte, noch ganz akzeptabel und reputierlich aus. Dem aufmerksamen Beobachter mußte es auffallen, daß sie eine große Ähnlichkeit mit Gerard besaß.
Was diesen letzteren betrifft, so ließ er jetzt die beiden allein, indem er aus dem Zimmer ging und die Treppe hinaufstieg.
Da oben lag ja Resedillas Schlafstube, welche er so gut kannte und in welcher er so glückliche Augenblicke verlebt hatte.
Er klopfte leise. Ein ebenso leises „Herein“ ertönte von innen, und so trat er ein. Resedilla stand am Fenster. Ihre schönen Augen waren noch feucht. Er trat näher und fragte:
„Seid Ihr bös, daß ich es wage, Señorita?“
„Nein“, hauchte sie.
„Ah, Ihr habt geweint!“
„Ein wenig“, flüsterte sie unter einem halben Lächeln.
„O, wenn ich doch wüßte, worüber ihr geweint habt!“
Sie antwortete nicht. Darum fuhr er fort:
„Ihr wart unten, als ich kam?“
„Ja.“
„Und Ihr seid schleunigst geflohen. Auch jetzt sagt Ihr kein Wort, mich zu bewillkommnen. Bin ich Euch denn so verhaßt?“
Er sagte das in einem so traurigen Ton, daß sie sofort auf ihn zutrat und mit herzinnigem Ausdruck ihres Gesichtes beide Hände entgegenstreckte.
„Willkommen, Señor“, sagte sie.
„Wirklich?“ fragte er, ihre Hand rasch ergreifend.
„Ja, herzlich willkommen.“
„Und dennoch seid Ihr geflohen? Nicht wahr, vor mir?“
„Ja“, antwortete sie langsam und zögernd.
„Warum?“
Sie errötete bis hinter die Ohren und antwortete:
„Weil Ihr mich nicht sogleich sehen solltet.“
„Warum sollte ich das nicht?“
„Weil – weil – weil – – – o bitte, erlaßt mir diese Antwort, Señor.“
Er blickte ihr prüfend in die Augen und sagte dann:
„Und doch gäbe ich viel darum, wenn ich diese Antwort hören dürfte. Bitte, bitte, Señorita! Wollt Ihr sie nicht sagen?“
Sie senkte das Köpfchen und flüsterte:
„Ich war ja nicht allein!“
„Nicht allein? Wie meint Ihr das?“
„Mein Vater war dabei.“
Da überkam es ihn wie eine süße glückliche Ahnung. Er bog den Kopf zu ihr herab und fragte:
„Und warum sollte Euer Vater nicht dabei sein?“
Da zog sie rasch ihre Hände aus den seinigen, legte ihm die beiden Arme um den Hals und antwortete:
„Er sollte nicht sehen, wie lieb, wie sehr lieb ich dich habe und mit welcher Bangigkeit ich auf dich wartete.“
Der starke Mann hätte am liebsten laut aufjubeln mögen, aber er beherrschte sich. Er schlang seine Arme um sie und zog sie an sich und fragte in einem Ton, welcher das ganze Glück seines Herzens verriet:
„Ist das wahr, wirklich wahr?“
„Ja“, sagte sie, indem sie ihr Köpfchen fest an seine Brust legte. „Du darfst es glauben.“
„Meine Resedilla.“
Nur diese beiden Worte sprach er, dann aber standen sie in einer innigen Umarmung beieinander, und ihre Lippen fanden sich zur zärtlichsten Vereinigung. Es war ein Augenblick so großen Glücks, daß Gerard meinte, gar nicht daran glauben zu dürfen.
„Also du liebst mich wirklich, wirklich, mein süßes, gutes Mädchen?“ flüsterte er ihr zu.
„Innig!“ antwortete sie.
„Und hast dich um mich gesorgt?“
„Sehr!“
„Um diesen armen, einfachen Jäger. Um diesen fremden, bösen Mann, der in seiner Heimat nichts gewesen ist als ein –“
„Pst!“ machte sie, indem sie ihm den Mund mit einem Kuß verschloß. „Du sollst nicht davon sprechen.“
„Aber muß ich denn nicht?“
„Nein, niemals. Nie wieder. Gott hat dir vergeben! Gott wird dich glücklich machen.“
„Durch dich, nur allein durch dich!“ sagte er.
„O, welche Sorgen habe ich gehabt. Noch in letzter Zeit. Es war mir, als hätte ich meine Hand nach einem Gut ausgestreckt, welches ich niemals erlangen könne.“
„Da hast du es. Ich bin ja dein.“
„Ja, mein, mein, mein“, jubelte er, indem er sie küßte und immer wieder küßte. „Aber dein Vater?“
Da breitete sich ein beinahe mutwilliges Lächeln über ihr hübsches Gesicht, und sie fragte:
„Fürchtest du ihn?“
„Ja, beinahe.“
Da zog sie das
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