49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
flüsterte der Engländer:
„Da ist sie! Da schwebt sie auf den Fittichen der Liebe! Und wir kleben hier am Erdboden! Ich bin neugierig wann einmal eine zu mir geschwebt kommt!“
Wallert saß indessen in banger Erwartung auf der Bank. Das Herz klopfte ihm fast laut. Er verkannte keineswegs die Größe seines Wagnisses, noch größer aber war das Glück, zu wissen, daß die Geliebte zu ihm kommen werde.
Er hörte ihre leichten Schritte, noch ehe er die dunkel verhüllte Gestalt sehen konnte. Da trat sie heran. Er stand auf und erhob seine Arme, fast unwillkürlich, um sie zu fassen und an sich zu ziehen. Doch ließ er dieselben wieder sinken, als sie in freundlichem, aber kaltem Ton sagte:
„Allah grüße dich! Du hast verlangt, mit mir zu sprechen.“
„Bist du Zykyma?“ fragte er.
„So heiße ich.“
„Die ich draußen im Tal der süßen Wasser gesehen habe?“
„Gesehen hast du mich nicht, sondern nur meine Hand, die ich dir reichte, um dir zu danken.“
„Oh, nicht bloß deine Hand habe ich gesehen, sondern dich selbst, ganz unverhüllt, als du mit deinen Gefährtinnen hinter den Büschen spieltest.“
„So hast du uns belauscht?“
„Ja. Zürnst du mir darob?“
„Nein. Aber du hast dein Leben gewagt. Setze dich, und erlaube, daß ich mich neben dich setze.“
Das klang zwar freundlich, aber keineswegs so, wie eine Dame, deren Herz nach dem Geliebten schmachtet, sprechen würde. Er ließ sich also nieder, und sie setzte sich neben ihn. So saßen sie hart aneinander, daß sie sich berührten. Wallert hatte geglaubt, daß dieses Beisammensein ihm die größten, süßesten Wonnen erschließen werde, und nun war es ihm, als dürfe er nicht eine Hand nach ihr ausstrecken. Es entstand eine kurze, fast peinliche Pause, dann begann sie endlich:
„Jetzt hören wir einander. Warum hast du gewünscht, mit mir zu sprechen?“
„Kannst du dir das nicht denken, Zykyma?“
„Ich weiß nicht, ob ich es errate.“
„Nun, was hast du geraten?“
„Du hast mich belauscht und mich ohne Verhüllung gesehen, ich habe dir gefallen, und nun wünschst du, mich besuchen zu dürfen, um, wenn du in deine Heimat zurückkehrst, erzählen zu können, daß du so mutig und zugleich so unwiderstehlich gewesen bist, in einen Harem einzudringen und eine der Frauen zu erobern.“
„Dann hast du falsch geraten, sehr falsch.“
„Und was ist das Richtige?“
„Daß ich dich liebe, wirklich und wahrhaftig liebe, von ganzem Herzen und mit ganzer Seele.“
„So sagt ein jeder, der ein Weib zum Zeitvertreib erobern will.“
„Zum Zeitvertreib? Es ist mir mit meinem Kommen Ernst, heiliger Ernst. Kennst du die Erzählung, daß bei der Geburt eines Knaben Allah im Himmel den Namen des Mädchens ausruft, das ihm gehören soll, obgleich es erst später geboren wird?“
„Ich habe davon gehört. Es ist keine mohammedanische, sondern eine christliche Legende.“
„Nun, als ich dich sah, da war es ganz so, als habe Allah bei meiner Geburt keinen anderen Namen ausgerufen als den deinigen, als ob meine Seele sich mit keiner anderen Seele vereinigen könne als mit der deinigen. Ich gehörte von diesem Augenblick an dir, nur dir, und es war sicher und gewiß, daß ich mein Leben wagen würde, um mit dir sprechen und mit dir vereinigt sein zu können. Darum war ich so glücklich, als deine Tiere scheu wurden und ich sie aufhalten durfte. Ich hörte deine Stimme, ich erblickte deine Hand, dein schönes Händchen, das ich küssen durfte, und dann, als ich dich im Bazar wiedersah, war mein Entzücken mit keinem irdischen Maß zu messen. Willst du nun noch sagen, daß ich heute nur zum Zeitvertreib zu dir gekommen bin?“
Er hatte mit Innigkeit gesprochen und neigte ihr sein Gesicht zu, um nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen, welchen Eindruck seine Worte hervorgebracht hatten. Zykyma hatte sich nicht entschleiert, sie ließ auch jetzt noch ihr Gesicht verhüllt, senkte das Köpfchen eine ganze Weile lang und sagte dann in gepreßtem Ton:
„So liebst du mich wirklich?“
„So wie ein Mann nur lieben kann!“
„Und wünschst mich zu deinem Weibe?“
„Ja. Ich schwöre dir zu, daß ich nicht in leichtfertiger Absicht und um ein Abenteuer zu erleben, zu dir gekommen bin!“
„Nicht wahr, du bist ein Christ?“
„Ja.“
„Und ich bin eine Anhängerin des Propheten.“
„Ich liebe dich trotzdem.“
„Und begehrst mich trotzdem zum Weib?“
„Ja.“
„Darf eine Mohammedanerin das Weib eines Christen
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