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49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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viel.“
    „Nun, dann wenigstens einen Handkuß. Das ist doch bescheiden.“
    „Ja, den lasse ich mir eher gefallen!“
    „Also bitte.“
    Der Lord nahm den Regenschirm in die linke Hand und streckte die Rechte verlangend aus.
    „Nicht so schnell. Wir müssen uns doch vorher überzeugen, ob wir unbemerkt sind.“
    „Oh, keine Angst! Ich sehe niemand. Es ist kein Mensch in der Nähe, keine Seele. Also bitte, Ihre Hand.“
    Da streckte Wallert bereitwillig seine Hand aus den Falten hervor und sagte:
    „Es ist der erste Handkuß, den ich von einem Mann erhalte. Möge er Ihnen gut bekommen.“
    Der Karierte küßte die Hand zwei-, dreimal.
    „Sie machen mich zum glücklichsten Sterblichen“, rief er ganz entzückt. „Auch ich erfahre erst jetzt, wie ein Handkuß schmeckt.“
    „Nun, wie schmeckt er denn, Mylord?“
    „Oh, ganz unvergleichlich! Es läßt sich dieser Geschmack nicht mit Worten beschreiben. Wie herrlich muß da erst ein Kuß auf Ihre Granatlippen sein! Wie brenne ich vor Verlangen, dies kennenzulernen!“
    „So eilen Sie, den Maler zu holen! Je schneller Sie jetzt handeln, desto eher kommen Sie zum herrlichen Ziel. Einstweilen leben Sie wohl, Mylord!“
    Wallert wandte sich darauf um und verschwand in langsamer Gangart und selbstbewußter Haltung unter den Bäumen. Der Lord aber war stehen geblieben und blickte ihm nach, bis er verschwunden war.
    „Zum herrlichen Ziel!“ wiederholte er ganz entzückt. „Ja, die entführe ich, diese und keine andere. Dieser Gang, diese Haltung! Diese Manier, diese Stimme und dieses zarte Händchen! Verteufelt, verteufelt! Selbst die herrliche Tschita des Malers Normann kann nicht so schön sein, wie diese Türkin. Mein muß sie werden, mein, mein, mein! Und wenn man sie hundertmal in einen Sack steckt und in das Meer wirft und ersäuft, ich hole sie mir doch alle hundertmal wieder heraus. Ha, was wird der Maler sagen! Ich muß sogleich zu ihm.“
    Rasch wandte er sich dem Friedhof zu, und als er den Eingang desselben passierte und den Gesuchten erblickte, schritt er direkt auf ihn zu und sagte:
    „Siehe da, Master Normann, gut, daß ich Sie treffe. Ich habe Ihnen eine wichtige Mitteilung zu machen, über die Sie staunen werden.“
    Mit diesen Worten streckte er ihm die Hand entgegen, erhielt aber dabei von dem Polizisten einen Stoß.
    „Geri tschek!“ gebot der Mann.
    Der Brite blickte den Maler erstaunt an.
    „Wie war das?“ fragte er. „Geri und Schecke? Was will dieser Kerl von mir?“
    „Er sagte geri tschek. Das heißt: geh zurück!“
    „Was? Das klingt ja geradeso, als ob man mir etwas befehlen wollte!“
    „So ist es auch. Das ist ein Polizist.“
    „Pah, was mache ich mir aus der Polizei!“
    „Oh, oh! Ich aber bin Gefangener.“
    „Sie? Nicht möglich! Weshalb?“
    Sie hatten englisch gesprochen. Der Pascha hatte ihnen schweigend zugehört. Jetzt sagte er zu dem Lord, und zwar auf englisch, wenn auch in gebrochener Aussprache:
    „Was haben Sie mit meinem Gefangenen zu schaffen?“
    „Geht Sie das etwas an?“
    „Ja. Ich bin hier der Gebieter. Wer sind Sie?“
    „Ich bin Lord Eaglenest. Verstanden?“
    „Verstanden, ja! Aber ich mache mir ebensowenig daraus, wie Sie sich aus der Polizei!“
    „Oho! Spricht man so mit einem Peer von Großbritannien und Irland? Ich werde mir Genugtuung zu verschaffen wissen und – ah, wer ist denn das?“
    Die Tür zum Wächterhäuschen hatte sich geöffnet, und Steinbach trat heraus. Er mochte sich bereits seit längerer Zeit im Inneren des Gebäudes befunden und die Vorgänge von da aus beobachtet haben. Jetzt kam er herbei, nickte dem Maler freundlich zu und wandte sich dann fragend an den Pascha.
    „Warum ist der Mann gefangen?“
    „Was geht das dich an?“
    „Vielleicht mehr als dich!“
    „Allah 'l Allah! Kennst du mich?“
    „Ja, du bist Ibrahim Pascha, der Sohn von Melek Pascha.“
    „So wirst du wissen, daß man mir zu gehorchen hat.“
    „Deine Diener haben dir zu gehorchen, sonst aber kein anderer Mensch!“
    „Das wagst du, mir zu sagen? Wer bist du?“
    „Du kennst mich nicht?“
    „Nein.“
    „So höre meinen Namen.“
    Steinbach neigte sich zu dem Sitzenden nieder und flüsterte ihm etwas in das Ohr. Da erhob sich der Pascha sofort von der Bank, und sein Gesicht legte sich in höfliche Falten. Er machte eine Verbeugung und sagte:
    „Verzeihe, daß ich das Glück noch nicht hatte, dein Angesicht zu sehen! Um dir meine Handlungsweise zu erklären, will ich dir mitteilen,

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