5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)
und ihr jüngerer Bruder. Manche Nachbarn kamen täglich vorbei, und Freunde und Kollegen schauten vorbei, so oft es sich einrichten ließ. Sie war eine sehr beliebte Frau.
Nach den verschiedenen Geschichten zu urteilen, die ihre Besucher erzählten, war Cath in ihrem Job sehr engagiert gewesen, und sie hatte wohl immer eine positive Ausstrahlung auf ihr Umfeld. Wie alle Sterbenden genoss sie es jetzt, wenn ihre Besucher ihr das Neueste aus ihrem Leben erzählten und was in der Welt da draußen so passierte. Wenn Menschen im Sterben liegen und nicht mehr selbst in dieser Welt leben können, saugen sie jede klitzekleine Neuigkeit von draußen begierig in sich auf. Oft wissen die Freunde und Verwandten gar nicht, was sie erzählen sollen. Doch ein Mensch, der Berichte über das Leben draußen hört, bleibt geistig mit der Welt in Verbindung, und das ist auf jeden Fall positiv für ihn.
Genauso war das auch bei Cath. Sie wollte so viele erfreuliche Dinge wie möglich hören. Für die Besucher war das aber ziemlich schwer, denn sie waren oft niedergeschlagen, schließlich würden sie jemanden verlieren, den sie sehr liebten. Auf Grund unseres unkomplizierten Verhältnisses konnte ich mit Cath offen über alles reden. Auf Anfrage ihrer Freundin Sue schnitt ich eines Tages die Emotionen ihrer Besucher an.
Sue kämpfte jeden Tag darum, ihrer Freundin gegenüber positiv aufzutreten, dabei hätte sie sich bei jedem Besuch am liebsten die Augen aus dem Kopf geweint. Sie erzählte mir, dass sie, bevor sie hereinkam, noch kurz in ihrem Auto sitzen blieb und sich fest einredete, ganz stark und fröhlich zu sein. Nach dem Besuch setzte sie sich wieder ins Auto und weinte sich die Seele aus dem Leib. » Irgendwie seh ich ihr das auch an « , meinte Cath später. » Ich weiß bloß nicht, ob ich zusätzlich zu meiner Traurigkeit auch noch die von Sue ertragen kann. Das kann ich nicht auch noch auf meine Schultern nehmen. «
» Aber du musst es doch gar nicht auf deine Schultern nehmen « , erwiderte ich. » Erlaub ihr einfach, sich aufrichtig auszudrücken, indem du nicht das Thema wechselst, wenn sie dir ihre Gefühle schildert. Sie muss das eine oder andere einfach aussprechen, und du musst nichts weiter tun, als sie zu lassen. Das heißt nicht, dass du diese Last zusätzlich tragen musst, das will sie gar nicht von dir. Sie hat bloß das Bedürfnis, dir zu sagen, wie sehr sie dich liebt, und das kann sie nicht, ohne zu weinen. Und sie kann es auch nicht, wenn du sie nicht lässt. «
Cath wusste sehr gut, was ich meinte, aber sie meinte, es mache sie auch so hilflos, allen anderen so viel Kummer zu bereiten. Es war ihr fast schon peinlich. » Du liebe Güte, Cath, ist Stolz denn an diesem Punkt deines Lebens noch wichtig? « , fragte ich direkt, aber freundlich. Sie lachte. » Behandle das Ganze einfach offen und gestatte den anderen, dir zu sagen, wie sehr sie dich lieben « , schlug ich vor.
Cath lächelte mich an und schwieg kurz, bevor sie erwiderte: » Vor einiger Zeit, als mir klar wurde, wie schwer krank ich bin, lernte ich, meine Gefühle zu akzeptieren. Das ist auch der Grund, warum ich in der Badewanne so ungehemmt weinen konnte, als du daneben saßt. Ich habe gelernt, meine Gefühle so zu akzeptieren, wie sie in einem bestimmten Moment sind, statt sie zu verdrängen. Ich betrachte sie nur als Nebenprodukt meiner Gedanken und meines Geistes. Ich weiß, dass es möglich ist, neue Gefühle entstehen zu lassen, indem man sich auf schönere Dinge konzentriert. Aber die, die ich schon in mir trage, sind ja in dem Moment ein Bestandteil meiner selbst, und ich bin am besten beraten, wenn ich sie herauslasse. Und jetzt merke ich auf einmal, dass ich die Gefühle anderer nicht respektiere, dass ich sie zurückweise und ihren ehrlichen Ausdruck blockiere. « Cath schüttelte den Kopf über sich selbst und seufzte. Nach kurzem Nachdenken sah sie mich lächelnd an und meinte: » Ich schätze, es wird Zeit, dass ich tapfer bin und auch ihre Tränen zulasse. «
Ich nickte zustimmend und gab zu bedenken, dass dann bei späteren Gelegenheiten durchaus wieder eine unbeschwertere Stimmung herrschen konnte. Aber die Gefühle ihrer Freunde und Verwandten mussten einmal zur Sprache kommen. Sie liebten Cath und brauchten die Möglichkeit, es ihr zu sagen und zu zeigen, auch wenn sie das manchmal nur unter Tränen konnten.
Wenig später kam es zu vielen tränenreichen Gesprächen zwischen Cath und ihren Besuchern, aber die Liebe, die
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