5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)
Arme nach mir aus und umarmte mich. Um ihren schwachen Armen die Anstrengung zu ersparen, legte ich mich neben sie aufs Bett und nahm sie ebenfalls in den Arm. Das tat ihr gut. Eine Weile blieben wir so liegen, redeten leise miteinander, und sie streichelte mit den Fingern meinen Arm. Als ich sie fragte, warum sie ihre Familie nicht hier haben wollte, erklärte sie, sie wolle ihnen nicht noch mehr Schmerz bereiten. Sie liebte sie zu sehr.
Aber sie mussten sich doch von ihr verabschieden, wandte ich ein, und wenn sie ihnen diese Chance nicht gab, würde sie ihnen nicht nur Schmerz zufügen, sondern zusätzlich noch Schuldgefühle verursachen, mit denen sie dann leben müssten. Das leuchtete ihr ein, und sie wollte keinesfalls, dass ihre Familie sich schuldig fühlte, weil sie nicht da gewesen war. Also erledigte ich die Anrufe, und wenig später trafen ihre Familienmitglieder ein. Doch kurz vorher wandte sich Grace trotz ihrer Erschöpfung noch einmal an mich: » Sie erinnern sich doch noch an unser Versprechen, oder, Bronnie? «
Ich nickte unter Tränen. » Ja. «
» Bleiben Sie Ihrem Herzen treu. Machen Sie sich nie Gedanken darüber, was andere Leute denken. Versprechen Sie mir das, Bronnie. « Ihre Stimme war ein kaum noch hörbares Flüstern.
» Versprochen, Grace « , erwiderte ich sanft. Sie drückte meine Hand und nickte ein. Sie wachte nur noch für wenige Augenblicke auf, in denen sie ihre Familie wahrnahm, die bis zum Ende an ihrem Bett blieb. Innerhalb weniger Stunden dämmerte Grace fort. Ihre Zeit war gekommen. Als ich hinterher schweigend in der Küche saß, hatte ich mein Versprechen immer noch im Ohr. Aber ich hatte es nicht nur Grace versprochen. Sondern auch mir selbst.
Als ich ein paar Monate später auf der Bühne stand und mein Album promotete, widmete ich ihr diesen Song. Graces Familie war auch im Publikum. Durch die Beleuchtung lagen die meisten Gesichter im Dunkeln, aber ich musste sie gar nicht sehen. Ich konnte die Liebe spüren, die uns verband, als ich an diese liebe, kleine Frau erinnerte, die nicht so gelebt hatte, wie sie es sich gewünscht hätte– aber dafür gesorgt hatte, dass ich es tat.
Der Einfluss der Umwelt
Anthony war gerade mal Ende dreißig, als wir uns an einem Samstagnachmittag kennenlernten. Er hatte dunkelblondes, lockiges Haar, und obwohl er krank war, strahlte er etwas Schelmisches aus. Für mich bedeutete es eine große Veränderung, mich um jemand Jüngeres zu kümmern. Im Nu hatten wir uns angefreundet, und trotz der Umstände wussten wir von Anfang an unseren Humor zu schätzen.
Er hatte einen jüngeren Bruder und vier jüngere Schwestern, und da seine Familie aus äußerst erfolgreichen Geschäftsleuten bestand, war er sein Leben lang verhätschelt worden. Was immer Anthony haben wollte, bekam er, und als er jünger war, spielte er das zu seinem Vorteil aus. Aber in Anbetracht der Erfolge, die die anderen Familienmitglieder vorzuweisen hatten, sah er sich auch mit hohen Erwartungen konfrontiert. Dieser Druck bewirkte bei ihm genau das Gegenteil, und trotz seiner Intelligenz und seiner Möglichkeiten hatte er ein mangelhaftes Selbstwertgefühl. Das verbarg er sehr gut unter seinem Humor und seinen Lausbübereien. Anthony konnte nicht sein, wie seine Familie ihn haben wollte, und da er der älteste Sohn war, spürte er deswegen enormen inneren Druck.
Seine Jahre als junger Erwachsener verbrachte er damit, schnelle Autos zu fahren, sich von der Polizei jagen zu lassen, die teuersten Nutten zu buchen und jedem, der seinen Weg kreuzte, Probleme zu verursachen. So weit nicht ganz unüblich für einen jungen Mann aus wohlhabenden Kreisen. Manche von den Dingen, die Anthony in seiner Vergangenheit angestellt hatte, waren alles andere als bezaubernd. Sein geringes Selbstwertgefühl führte dazu, dass er sehr riskant lebte, und er forderte sein Schicksal manches Mal auf dreiste Art heraus. Diesmal landete er hinterher mit Verletzungen der inneren Organe und Extremitäten im Krankenhaus. Er schwebte in Gefahr, nicht wieder gesund zu werden und damit auch die Freiheit zu verlieren, die ganz von der Gesundheit abhängt.
Die Ärzte taten, was sie konnten, um ihm seine Freiheit wiederzugeben, aber es sah nicht besonders hoffnungsvoll aus. Anthony hatte sich in sein Schicksal gefügt. Ihm war schon klar, dass er sich wahrscheinlich Dauerschäden zugezogen hatte, und er bat die Ärzte, die anstehenden Operationen immer so bald wie möglich durchzuführen, damit er umso
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