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5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

Titel: 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronnie Ware
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die Tatsache, dass Mitleid bei dir selbst anfängt. Als ich Mitleid mit anderen entwickelte, konnte auch in mir der Heilungsprozess beginnen und sich fortsetzen. Diese Erkenntnis half mir immer wieder, wenn die alten Verhaltensmuster wieder das Ruder übernehmen wollten. Ich konnte das Leiden erkennen und mir klarmachen, dass es überhaupt nicht um mich ging. Da stieg der Schmerz eines anderen hoch und suchte sein Ventil. Das galt natürlich nicht nur für Beziehungen innerhalb der Familie, es ließ sich auf alle Beziehungen anwenden: persönliche, öffentliche und professionelle. Wir alle leiden irgendwann einmal. Wir alle haben unseren Schmerz.
    Wesentlich schwerer war es jedoch, Mitleid für mich selbst zu entwickeln, und dieser Prozess sollte Jahre in Anspruch nehmen, auch wenn ich das damals noch nicht wusste. Wir sind alle so streng mit uns selbst, und das ganz ohne Grund. Es war ein schwieriger Lernprozess, mir selbst mit Liebe und Freundlichkeit zu begegnen und anzuerkennen, wie sehr ich gelitten hatte. Da war es fast noch einfacher, sich die unfairen Meinungen anderer anzuhören und anzunehmen, weil man es schließlich so gewohnt war. Vielleicht hat es mich nicht glücklich gemacht, aber zu lernen, nett zu mir zu sein und mir selbst Mitleid entgegenzubringen war ein Prozess, in den ich hineinwachsen musste. Immerhin hatte der Heilungsprozess jetzt begonnen.
    Mit diesem neuen Ansatz von Selbstliebe, Selbstrespekt und Mitleid mit mir selbst verlor die alte Familiendynamik langsam, aber sicher ihre Macht. Ich fand die Kraft zu widersprechen und verschaffte mir endlich Gehör, statt mich immer nur zurückzuziehen. Natürlich drückte auch ich damit meinen eigenen Schmerz aus und nicht so sehr den über die anderen, gegen die ich mich richtete. Wir alle interpretieren das, was uns geschieht, auf unsere eigene Art. Ich sprach also über mein eigenes Leid und ließ es heraus. Es erforderte viel Mut, die jahrzehntealten Muster zu durchbrechen. Aber ich hatte nichts mehr zu verlieren, und ich war an einem Punkt, an dem ich den Schmerz zu schweigen nicht mehr ertragen konnte.
    In Wirklichkeit steht hinter all unserem Schmerz aber nur der Wunsch, geliebt, akzeptiert und verstanden zu werden. Mitleid war also der einzige Weg nach vorn: Mitleid und Geduld. Trotz allem bestand zwischen uns immer noch Liebe, wenn auch in recht brüchigem Gewand.
    Es kam mir vor, als wäre ich immer und immer wieder denselben Fluss hinabgeschwommen und wäre dabei jedes Mal auf einen riesigen Felsblock gestoßen, der mir den Weg versperrte, wenn ich einfach der Strömung folgte. Er war immer da, doch eines Tages wurde mir klar, dass er ewig dort sein würde. Statt also immer wieder demselben Felsen, derselben Blockade, gegenüberzustehen, suchte ich mir eine andere Schwimmstrecke, wo ich frei war und natürlich vorwärtskam. Ich musste mich nicht immer wieder diesem Hindernis ausliefern, das mein natürliches Vorankommen störte und jedes Mal unweigerlich zu Blockaden und Schmerz führte.
    Es wurde Zeit, die Dinge anders anzugehen. Es wurde Zeit, einen anderen Weg zu finden, den Mund aufzumachen und zu sagen: » Es reicht. « Ich war nicht bereit, dieselben Muster weiter zu ertragen. Selbst wenn ich am Ende einsamer sein sollte, hätte ich zumindest Frieden. Der andere Weg war jedenfalls nicht friedlich.
    Nachdem ich den Mund aufgemacht hatte, änderten sich die Dinge zunächst in mir selbst. Ich hatte mehr Selbstachtung und konnte mich klarer ausdrücken. Endlich war da eine neue, gesündere Saat in mir aufgegangen. Ich wusste zwar noch nicht, wie ich die Pflänzchen hegen sollte, aber immerhin waren sie da. Es wurde langsam Zeit, als der Mensch zu leben, der ich sein wollte, ein kleiner Schritt nach dem anderen.
    Nachdem ich Grace das alles erzählt hatte, wurde unsere Beziehung ganz von selbst enger. Sie gab mir recht, dass jede Familie ihre Aufgabe zu bewältigen hat. Sie konnte sich an keine Familie erinnern, die nicht ihre Schwierigkeiten gehabt hätte, und auch sie glaubte, dass die meisten Menschen durch ihre Familien am meisten lernen können. Wir sprachen darüber, dass man Menschen nur lieben kann, indem man sie genau so akzeptiert, wie sie sind, und keine Erwartungen an sie stellt. Das ist zwar einfacher gesagt als getan, aber das ist der liebevollste Weg, den es gibt.
    Grace erzählte mir noch viel mehr Geschichten: von ihrem Leben, von ihren heranwachsenden Kindern, über die Veränderungen im Viertel, und immer wieder kam sie

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