5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)
selbst mit mehr Respekt behandelte und besser auf das Geschenk eines gesunden Körpers achtete.
Mehrere Jahre später bot man mir bei einem Auftritt Ecstasy an, aber ich lehnte höflich und ohne zu zögern, ab. Da war so etwas schon völlig fremd für meine Welt. Ich merkte, dass ich auch jetzt ein Produkt meiner Umgebung war, aber glücklicherweise meiner neuen Umgebung. Mein Lebensstil war jetzt ein gesunder. Wenn ich mich mit Freunden traf, aßen wir gesundes Essen, tranken Tee am Kamin, unternahmen ausgedehnte Spaziergänge und schwammen im Fluss. Es war ein Umfeld, das mir viel besser gefiel, und es machte mir überhaupt nichts aus, ein Produkt dieser Umgebung zu sein.
Anthony war auch ein Produkt seiner Umwelt geworden, aber im denkbar schlimmsten Sinne. Als ich ihn in seinem ersten Jahr im Heim besuchte, diskutierte er gern über aktuelle Ereignisse, die er über Radio oder Fernsehen mitbekommen hatte. Er forderte mich auch immer auf, ihm zu erzählen, was in meinem Leben vorging, und war aufrichtig interessiert.
Im Laufe der Zeit wurde er aber so stumpf, dass er nicht mal mehr Lust hatte, mit mir nach draußen zu gehen. Vorher hatten wir dabei immer viel Spaß gehabt, hatten Sonne getankt und uns mit Passanten unterhalten. Manchmal saßen wir einfach nur im Garten des Heims, beobachteten die Vögel und erzählten uns etwas. So oder so hatten wir uns immer bestens amüsiert und viel geredet.
Wenn einer seiner Freunde oder ein Verwandter vorschlug, er solle versuchen, etwas Neues zu lernen und seine Lebensqualität damit zu heben, machte er einfach zu. » Ich wüsste nicht, wozu das gut sein sollte « , sagte er immer wieder zu mir. » Es ist doch okay hier. Ich habe mein Schicksal angenommen. « Anthony hatte das Gefühl, er verdiente, was ihm passiert war, weil er in der Vergangenheit so vielen Menschen geschadet hatte.
» Du hast deine Schuld doch weiß Gott bezahlt, Anthony « , sagte ich dann. » Du hast daraus gelernt, und darauf kommt es doch an. « Aber er konnte sich einfach nicht vergeben. Außerdem war es ihm zu viel Mühe, sich sein Leben schöner zu machen. Er hatte sich dem Tempo und dem Tagesplan des Pflegeheims angepasst und hegte keinen Ehrgeiz, noch einmal ein normales Leben in der Gesellschaft zu führen. Seine Behinderungen verschafften ihm in gewisser Hinsicht die Erleichterung, sich gar nicht mehr anstrengen zu müssen. Dabei führen viele Leute mit diversen Behinderungen ein ausgefülltes und anregendes Leben. Aber in erster Linie dienten seine Ausreden dazu, sich eventuelle Misserfolge zu ersparen. Wenn ich in ihn drang, gab er zu, dass er nicht mehr den Mut hatte, etwas auszuprobieren. Wenn er nichts versuchte, konnte er nicht scheitern. Er hatte keinen Funken Motivation mehr im Leib, und Anthony entschied sich dafür, sein Leben zu verschlafen.
So bedrückend seine Umgebung war, besuchte ich ihn noch ungefähr ein Jahr lang ab und zu. Aber einseitige Freundschaften sind ermüdend, und unsere Beziehung verwandelte sich in eine solche. Anthony hatte keine Motivation mehr, irgendjemand anzurufen, und eines Tages bekam auch ich zwischen zwei Besuchen keine Anrufe mehr von ihm. Wenn ich bei ihm war, drehte sich unsere Unterhaltung um seine Darmtätigkeit und die Unhöflichkeit der Angestellten. Außerdem war nicht zu übersehen, dass er sich überhaupt nicht mehr für seine äußere Erscheinung interessierte.
Anthony war vorzeitig gealtert, und obwohl er immer noch mindestens dreißig Jahre jünger war als die meisten anderen Heimbewohner, passte er jetzt hierher. Er war ein Produkt seiner Umgebung. Als ich zusah, wie das Licht dieses wunderbaren Mannes langsam schwächer wurde, fühlte ich mich wieder einmal deutlich daran erinnert, wie wichtig es ist, Mut zu haben, damit man ein Leben führen kann, wie es den eigenen Herzenswünschen entspricht. Leider war sein Leben ein Beispiel dafür, wie ich es nicht wollte.
Wenige Jahre später rief mich sein jüngerer Bruder an, um mir Anthonys Tod mitzuteilen. Sein Leben hatte sich bis zum Schluss nicht geändert, und er hatte sich weiterhin hartnäckig geweigert, das Heim zu irgendeinem Anlass zu verlassen, nicht mal zu Familienfesten kam er. Anthony war alles zu viel, wie mir sein Bruder erzählte. Ich fragte mich, wie seine letzten Gedanken wohl ausgesehen hatten, als er auf dem Sterbebett auf sein Leben zurückblickte.
Anthonys Angst vor dem Scheitern gab mir einen umso stärkeren Impuls. Er hatte sich dadurch, dass er sich überhaupt
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