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5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

Titel: 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronnie Ware
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jeden Tag einen riesigen Aufstand, wenn man sie duschen wollte, und mir graute jedes Mal ganz schrecklich vor dem Haarwaschtag. Doch sobald sie aus der Dusche trat, war sie wieder die Liebenswürdigkeit in Person und stand lachend vor dem Spiegel, wie die beeindruckende Frau, die sie in vergangenen Tagen einmal gewesen war.
    Die Familie war schon immer sehr vermögend gewesen. Uraltes Geld, wie sie es nannte. Ihr Mann war auch reich gewesen, aber nicht annähernd ihre Liga. Nach ein paar krummen Geschäften wanderte er für mehrere Jahre ins Gefängnis. Die einzige Verwandte, die Florence in ihrem Leben noch zuließ, vertraute mir an, dass die alte Frau damals begonnen hatte, gegen alles und jeden paranoiden Verdacht zu schöpfen.
    Ihr Mann starb ein Jahr nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis. Es ergab sich also keine Gelegenheit, ihre Paranoia zu heilen oder zu lindern, und sie wurde psychisch immer labiler. Sie hatte ihm immer völlig vertraut und glaubte, dass die anderen Leute nur ihr Geld wollten und an seiner Gefängnisstrafe schuld waren. Da es für unsere Beziehung keinen Unterschied machte, ob ihr Mann schuldig gewesen war oder nicht, dachte ich keine Sekunde über diese Frage nach.
    Meistens akzeptierte Florence, dass sie in ihrem Krankenhausbett leben musste. Sie war einfach glücklich, dass sie in ihrem eigenen Zuhause wohnen konnte, und manchmal gab sie sogar zu, dass sie die Gesellschaft von uns Pflegern genoss. Doch jeden Nachmittag, ein paar Stunden bevor die zweite Pflegerin dazukam, glitt Florence in ihren alten Zustand ab und wurde wieder eine völlig andere Frau. Ich hätte fast die Uhr danach stellen können.
    » Lassen Sie mich raus. Lassen Sie mich aus diesem verdammten Bett raus. Hilfe. Hilfe. Hilfe. HILFE ! « , schrie sie, dass es durchs ganze Haus schallte und von den Marmorböden widerhallte. Wenn ich in ihr Zimmer kam, gelang es mir zuweilen, sie für ein paar Sekunden zu beruhigen, aber nur ein paar. Damit meine ich, maximal drei Sekunden. Dann ging es wieder los. » Hilfe. Hilfe. Hilfe. HIIIILFEEEE ! «
    Wären wir nicht in dieser luxuriösen Riesenvilla gewesen, mit ihren dicken Wänden und dem bequemen Abstand zu den Nachbarn, hätten die Leute garantiert jeden Tag einmal die Polizei gerufen. Im Grunde war es egal, ob ich im Zimmer war oder nicht. Sie schrie um Hilfe und forderte, dass man sie aus dem Bett ließ, bis die zweite Pflegerin eintraf und wir sie herauslassen konnten.
    In diesen Momenten hatte man keine Chance, an sie heranzukommen. Einerseits tat sie mir leid, und ich war versucht, sie aus dem Bett zu lassen, aber ich kannte ja auch ihre andere Seite. Ich hatte keine Lust, dafür meine Sicherheit aufs Spiel zu setzen. Das Bild, wie sie mich mit grimmiger Entschlossenheit mit dem Besen vom Grundstück jagte, stand mir immer noch lebhaft vor Augen. Während ihrer nachmittäglichen Schreikrämpfe erhaschte ich immer wieder einen Blick auf diese kriegerische Persönlichkeit, daher vertraute ich auf die professionellen Pfleger, die den Pflegeplan so und nicht anders festgesetzt hatten. Trotzdem tat sie mir leid. Es muss doch schrecklich sein, wenn man ein Gefangener im eigenen Haus ist.
    Die Seitengitter an ihrem Bett und juristische sowie professionelle Entscheidungen waren die Faktoren, die Florence momentan gefangen hielten. Davor war sie jedoch Gefangene ihrer Paranoia gewesen. Ihre Krankheit hatte ihr die Freiheit geraubt, ihr eigenes Heim zu verlassen. Dazu kam ihr krankhaftes Misstrauen gegen die Leute, die ihr jaetwas stehlen könnten, wenn sie das Haus doch einmal verließ. Zwar sind die meisten Leute nicht in ihrem Bett gefangen, aber man kann auch so ein Leben führen, in dem man sich von selbst gemachten Fesseln gefangen halten lässt.
    Eine meiner frühesten Erinnerungen ist die, wie ich in einer Kiste gefangen war. Doch ich fühlte mich gar nicht gefangen. Es war eine große Holzkiste an einer Außenwand unseres Hauses. Eines meiner älteren Geschwister überredete mich hineinzuklettern und schloss dann den Deckel. Ich weiß noch, wie ich in der Dunkelheit saß, mich dabei aber ganz sicher und glücklich fühlte. Obwohl ich erst zwei, drei Jahre alt war, konnte ich gut mit mir selbst alleine sein und genoss den Frieden. Wenig später hörte ich die panische Stimme meiner Mutter meinen Namen rufen, ich meldete mich, und alles war gut. Man ließ mich hinaus, und ich kehrte zurück ins Chaos unseres Familienlebens.
    In meinem Erwachsenenleben schränkten mich

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