5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)
wurden, waren nur die Manifestation des Leidens eines verirrten Kindes. So wie bei mir. Und allein dafür konnte ich sie schon weiterlieben.
Als ich neben John auf dem Balkon saß, sah ich auch in ihm das zerbrechliche Kind. Ein kostbarer kleiner Junge, der irgendeinem Einfluss ausgesetzt war, der in ihm den Glauben weckte, dass er glücklicher sein würde, wenn er sich durch seine Arbeit bewies, als wenn er mit seiner Frau auf Reisen ging. Jetzt war er zwar ein alter Mann, aber das kleine unschuldige Kind in ihm war immer noch unübersehbar. Langsam rannen ihm die Tränen über die Wangen, und er seufzte tief. Ich wollte ihn in seinen Gedanken nicht stören, räumte die Teller ab und ging nach drinnen. Als ich zurückkam, legte ich ihm eine Decke über die Beine und gab ihm einen Kuss auf die Wange, bevor ich mich wieder setzte.
» Wenn ich dir eines über das Leben sagen kann, Bronnie, dann ist es das: Richte dir das Leben nicht so ein, dass du am Ende bereuen musst, so viel gearbeitet zu haben. Ich kann jetzt sagen, dass ich nicht geahnt habe, wie ich es bereuen würde. Erst jetzt, wo mein Ende direkt bevorsteht. Aber irgendwo in meinem tiefsten Inneren habe ich doch gewusst, dass ich zu viel arbeite. Nicht nur für Margaret, sondern auch für mich. Ich wünschte von ganzem Herzen, es wäre mir damals schon so egal gewesen wie heute, was die anderen über mich denken. Ich frage mich, warum wir bis zu unserem Sterbebett warten müssen, bis wir solche Dinge rausfinden. « Er schüttelte den Kopf. » Es ist kein Fehler, wenn man seine Arbeit liebt und sich richtig engagieren will. Aber das Leben hat noch so viel mehr zu bieten. Ausgeglichenheit ist wichtig, man muss immer ausgeglichen leben. «
» Ja, John, das glaube ich auch. Ich arbeite daran, keine Sorge « , sagte ich ehrlich. Er wusste, was ich meinte. Wir hatten uns gegenseitig genug Geschichten aus unserem Leben erzählt, so dass er mich verstehen konnte. Dann begann er auf einmal in sich hineinzulachen. Ich bohrte nach, weil ich gerne mitlachen wollte.
» Na ja, ich hab doch gesagt, wenn ich dir eines sagen soll, dann das, dass du nicht zu viel arbeiten sollst. Aber mir ist gerade noch was eingefallen, das ist fast genauso wichtig. «
» Na los, sag schon « , lächelte ich.
Er sah mich mit einem schelmischen Glitzern in den Auge an und meinte: » Schmeiß bloß nie dieses rosa Kleid weg! «
Lachend bedeutete mir John, dass ich meinen Stuhl ganz nah neben seinen ziehen sollte, und so saßen wir ein paar Stunden Seite an Seite, jeder mit einer Decke über den Beinen, und blickten über den Hafen. Ab und zu wurde die Unterhaltung durch behagliches Schweigen unterbrochen, dann redeten wir wieder weiter. Dann wieder wurde die Stille nur von Johns tiefem Seufzen unterbrochen. Da ergriff ich seine Hand, und er drückte sie leicht.
Er sah mich mit einem traurigen Lächeln an. » Wenn ich irgendetwas Gutes in dieser Welt hinterlassen kann, abgesehen von meiner Familie, dann sind es diese Worte: Arbeite nicht zu viel. Bemüh dich immer um Ausgeglichenheit. Lass die Arbeit nicht dein ganzes Leben werden. « Ich lächelte sanft zurück, hob seine Hand und küsste ihm den Handrücken.
Nicht lange nach dieser Nacht starb John. Damals wusste ich es noch nicht, aber ich sollte seine Worte noch oft aus dem Munde anderer Patienten hören. Doch er hatte seine Botschaft klar formuliert, und ich würde sie niemals vergessen.
Gute Absichten und das richtige Ziel
Durch Mundpropaganda verbesserte sich irgendwann auch meine Wohnsituation. Meine Zeit in Ruths Haus war längst vorbei, aber ein ganzes Netzwerk toller Leute hatte erkannt, wie nützlich es für beide Seiten war, wenn ich in ihrer Abwesenheit auf ihre Häuser aufpasste. Ab und zu ging es mir zwar auch gründlich auf die Nerven, alle paar Wochen oder Monate umzuziehen, aber ich bekam auf diese Art auch viele schöne Häuser zu sehen. Eines davon grenzte sogar an das Grundstück des reichsten Mannes im ganzen Land. Da lebte ich weiß Gott in wohlhabenden Vierteln.
Neben mir als Housesitter gab es meistens noch eine Putzfrau und einen Gärtner, manchmal sogar noch einen eigenen Fensterputzer. Meine einzige Aufgabe bestand darin, in dem Haus zu wohnen, als wäre es mein eigenes, und es zu genießen. Es erübrigt sich zu sagen, dass mir das nicht sonderlich schwerfiel. Das Netzwerk bestand aus sehr wohlhabenden Leuten, aber manche von ihnen waren noch dazu unglaublich kreativ. Dann waren auch die Häuser hell,
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