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5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

Titel: 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronnie Ware
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Sie, Jozsef, am Anfang unseres Lebens dreht sich alles um Essen und Kacken, und am Ende geht es auch wieder bloß um Essen und Kacken « , scherzte ich. Meine Arbeit mit Sterbenden erschloss mir den Kreislauf des Lebens in aller Deutlichkeit. Die Dinge, die zu Anfang am wichtigsten für das Wohlbefinden eines Babys sind, sind Nahrung und die Entleerung von Darm und Blase. Am Ende des Lebens drehen sich die Sorgen um den Sterbenden auch darum, ob er noch isst und ob Darm und Blase funktionieren.
    Es ist eine Erleichterung für alle, wenn ein Sterbender, der starke Schmerzmittel einnimmt, schließlich den Darm entleeren kann und so zumindest diesen Schmerz loswird. So war es auch bei Jozsef, als er wenig später zur Toilette musste und die Explosion aus seinem Hintern genoss. Mich erleichterte es genauso, nicht nur, weil mein Patient sich nun wieder besser fühlte, sondern auch, weil mir diese Maßnahme gleich beim ersten Mal gelungen war.
    Einer seiner Söhne wohnte in einer nahe gelegenen Vorstadt und besuchte ihn täglich. Ein zweiter Sohn wohnte in einem anderen Staat, die Tochter lebte in Übersee. Jeden Tag unterhielten sich Jozsef und sein Sohn ein wenig, in erster Linie über den Wirtschaftsteil der Zeitung, bis Jozsef zu müde wurde. Und das war ziemlich schnell der Fall, weil sich sein Gesundheitszustand so schnell verschlechterte. Ich mochte seinen Sohn, auch wenn wir keine sonderlich enge Verbindung entwickelten. Doch ich hatte keinen Grund, ihn nicht zu mögen. Als ich Jozsef gegenüber später erwähnte, dass sein Sohn ein netter Mann sei, antwortete er: » Der interessiert sich bloß für mein Geld. « Da ich die Menschen lieber nach meinem eigenen Eindruck beurteile, versuchte ich, meine Meinung über seinen Sohn nicht von diesem Kommentar beeinflussen zu lassen.
    Im Laufe der nächsten Wochen erzählte mir mein Patient viel von seinem Leben, hauptsächlich darüber, wie sehr er seine Arbeit geliebt hatte. Seine Frau Gizela und er waren Holocaust-Überlebende, die nach ihrer Befreiung in Australien landeten. Die Geschichten über seine Zeit in den Lagern kamen bruchstückhaft. Aber ich bohrte nicht nach. Ich war da, um ihm zuzuhören, ich sollte nicht entscheiden, was er mir erzählen wollte. Es war offensichtlich, dass seiner Frau und ihm das Leben leichterfiel, indem sie nicht über diese Zeit redeten. Ich versuchte, mich so gut wie möglich in die Situation einzufühlen, und stellte mir mit Grauen vor, wie viel Schmerz sie in sich getragen hatten. Sie taten mir beide von Herzen leid.
    Jozsef und ich kamen von einem Thema zum nächsten und sprachen auch über andere Dinge. Wir konnten uns gut leiden, denn wir hatten dieselbe Art von Humor und waren beide eher ruhige Menschen. Der Altersabstand fiel nicht sonderlich ins Gewicht, denn unsere Gespräche flossen ganz natürlich dahin, und mit jedem Tag unterhielten wir uns besser. Währenddessen kam Gizela regelmäßig mit Essen herein und versuchte, Jozsef zum Essen zu überreden. Sie war eine tolle Köchin, aber obwohl er inzwischen fast gar nichts mehr hinunterbrachte, machte sie trotzdem noch riesige Mengen. Teilweise war das wahrscheinlich einfach Gewohnheit, aber teilweise auch eine Art der Verdrängung.
    Irgendwie hatte die Familie auch Jozsefs Arzt überredet, ihm nicht zu erzählen, dass er sterben musste. Die reinste Massenverdrängung. Aber sie begnügten sich nicht damit, ihm die Wahrheit über seinen Zustand und die unvermeidliche Verschlechterung vorzuenthalten, sie versuchten ihn auch noch davon zu überzeugen, dass es ihm langsam besser ging. » Na los, Jozsef, iss auf. Dann wirst du im Handumdrehen wieder gesund « , sagte Gizela oft. Sie tat mir auch so leid. Es musste eine ungeheure Last bedeuten, solche Angst vor der Wahrheit zu haben.
    Mittlerweile aß Jozsef nur noch einen Becher Joghurt pro Tag und war unglaublich schwach. Er schaffte es nicht mal mehr ins Wohnzimmer, wenn man ihm dabei half, aber sie wollten ihm immer noch weismachen, dass er rasch wieder gesund werden würde. Ich hüllte mich in Schweigen, bis Jozsef mich direkt darauf ansprach.
    Gizela war gerade aus dem Zimmer gegangen. Jozsef lehnte sich zurück, und ich begann mit einer Fußmassage, etwas, was er sein Leben lang nicht gekannt hatte, woran er sich in den letzten Wochen aber mit Freuden gewöhnt hatte. Ich liebte es, meine Patienten so zu verwöhnen, und vielleicht entwickelten wir deshalb so ein enges Verhältnis. Viele meiner Gespräche mit ihnen entwickelten

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