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5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

Titel: 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronnie Ware
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lang fortsetzten, waren immer sehr befriedigend.
    Der Anruf kam am Montag, als ich in der Bank war– es war eine meiner letzten Anstellungen, ich managte die Filiale. Meine Großmutter war in der Nacht zuvor im Schlaf gestorben. Der Boden gab unter meinen Füßen nach, und ich musste meine Bürotür zumachen. Ich legte die Arme auf den Schreibtisch, ließ den Kopf darauf sinken und schluchzte, um von meiner geliebten Oma Abschied zu nehmen und meinen Verlust zu beweinen. » Ach Oma, Oma, Oma « , weinte ich in meine Arme.
    Ich machte früh Feierabend. Meine Augen waren trüb, und ich war zu traurig, um klar zu denken. Trotzdem machte ich noch kurz Halt an meinem Postfach und blätterte halb betäubt die Briefe und Rechnungen durch. Plötzlich hielt ich verblüfft inne. Ich hielt eine Postkarte von meiner kleinen Oma in der Hand. Sie hatte sie am Freitag aufgegeben und war Sonntagnacht eingeschlafen. Eine Tränenflut– halb aus Kummer, halb aus Freude– brach aus mir hervor, und ich drückte die Karte ans Herz. Ich schluchzte, musste aber gleichzeitig lachen.
    Ich war so dankbar für die Verbindung, die wir gehabt hatten, und dass ich aufrichtig mit ihr über den Tod gesprochen hatte. Nichts war ungesagt geblieben. Sie wusste, dass ich sie liebte, und ich wusste, dass sie mich liebte. Vor allem, als ich die schönen Worte las, die sie mir geschrieben hatte. » Ich hab Dich so lieb, mein Schätzchen. Ich denke so oft an Dich. Ich wünsche Dir, dass über jedem Tag Deines Lebens die Sonne scheint, Bron. Deine Oma. «
    Der Gedanke, dass sie sterben könnte, hatte mich schon vor ihrem Ableben zum Weinen gebracht. Natürlich weinte ich auch, als es passiert war. Aber in mir war auch Frieden, denn ich wusste, dass wir uns dem Unvermeidlichen mit Aufrichtigkeit und Offenheit gestellt hatten. Diesen Frieden habe ich immer noch in mir. Ihr Gesicht lächelt mich von einem gerahmten Foto an, das auf meinem Tisch steht. Obwohl es noch manche Tage gibt, an denen ich sie sehr vermisse, habe ich keinen Zweifel daran, dass unsere Aufrichtigkeit unser Verhältnis so besonders machte, dass es mich auch heute noch positiv beeinflusst.
    Für meinen lieben Patienten Jozsef war es jedoch nicht so einfach. Für ihn und seine Familie war Ehrlichkeit inzwischen zu schmerzhaft geworden. Sie taten mir so leid, weil ich ihren Schmerz und Frust mitfühlte. Ich mochte mir kaum vorstellen, was dieser nette Mann alles hatte durchmachen müssen. Gizela setzte ihm weiterhin ihre Riesenportionen vor und ermunterte ihn aufzuessen. Er lächelte sie sanft an und lehnte das Essen jedes Mal ab. Abends kamen andere Pfleger, aber tagsüber war hauptsächlich ich bei ihm. Wir kannten einander, und er fühlte sich wohl mit mir, weil er zumindest mir gegenüber offen sein konnte.
    Daher war ich überrascht und traurig, als ich erfuhr, dass ich durch eine andere Pflegerin ersetzt werden sollte. Sein Sohn hatte sich über die Pflegekosten beklagt. Als ich dem Sohn erklärte, dass Jozsef nur noch ein bis zwei Wochen zu leben hatte, blieb er dennoch bei seinem Entschluss, denn er meinte, sein Vater könne genauso gut noch Jahre leben. Seine Lösung war eine illegale Kraft, die bereit war, den Job für einen Apfel und ein Ei zu übernehmen.
    Ich bat Gizela inständig, ihren Sohn umzustimmen, aber vergeblich. Sie hatten sich entschieden. Anderswo wartete neue Arbeit auf mich. Aber das war ja auch gar nicht das Problem. Es ging darum, dass Jozsef endlich jemand zum Reden gefunden hatte und sich mit mir wohlfühlte. Sein Glück hätte in den letzten ein, zwei Wochen seines Lebens doch eigentlich an erster Stelle stehen sollen. Ich mochte gar nicht daran denken, wie unpersönlich die Alternative aussehen mochte, vor allem, weil er auf Grund seiner Schwäche und seiner Atemprobleme nicht mehr sprechen konnte. Dazu kam noch die Sprachbarriere mit der neuen Pflegerin. Auch sie tat mir leid.
    Doch es lag nicht mehr in meiner Hand, und ich musste darauf vertrauen, dass auch diese Ereignisse Teil von Jozsefs Lebensweg waren. Wie kann irgendjemand von uns wissen, was ein anderer Mensch in seinem Leben lernen soll? Das ist unmöglich. Also verabschiedeten wir uns mit einer Umarmung und einem Lächeln, das mehr sagte, als Worte ausdrücken könnten. Als ich auf der Schwelle war, drehte ich mich noch einmal um, und wir lächelten uns wortlos an. Dann war es Zeit zu gehen. Als ich wegfuhr, wusste ich, dass er mir in Gedanken gerade aus dem Fenster nachsah, und meine Tränen

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