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5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

Titel: 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronnie Ware
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begannen zu fließen. Meine Rolle brachte mich mit Leuten in Kontakt, die ich sonst nie kennengelernt hätte, und ich war glücklich darüber, so viel mit ihnen zu teilen und von ihnen zu lernen, auch wenn es manchmal schwer war.
    Jozsefs Enkelin rief mich ungefähr eine Woche später an, um mir mitzuteilen, dass er in der letzten Nacht gestorben war. Ich freute mich für ihn. Seine Krankheit hätte ihm sowieso keine Lebensqualität mehr gelassen, es war also besser so. Während ich über alles nachdachte, fand ich, dass es ein Segen gewesen war. Und ich war dankbar für das seltene Geschenk, dass ich von diesen sterbenden Menschen lernen durfte. Wir werden alle einmal sterben, aber meine Arbeit hielt mir vor Augen, dass wir alle auch eine Wahl haben, wie wir unser Leben bis dahin gestalten können.
    Nachdem ich die Qualen beobachtet hatte, die Jozsef erleiden musste, weil er nicht fähig war, seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen, war ich umso entschlossener, es selbst immer zu versuchen und den Mut zu haben, meine Emotionen zu teilen. Die Mauern, die ich um meine Privatsphäre errichtet hatte, begannen zu bröckeln, und ich fragte mich, warum wir alle solche Angst haben, ehrlich und offen zu sein. Natürlich wollen wir in erster Linie Schmerzen vermeiden, die wir uns mit unserer Ehrlichkeit einbrocken können. Aber diese Mauern, die wir da um uns bauen, bescheren uns doch auch Schmerzen, weil wir andere davon abhalten, uns so kennenzulernen, wie wir wirklich sind. Es hatte mich für immer verändert, dass ich die Tränen auf dem Gesicht dieses lieben alten Mannes gesehen hatte, der sich so danach gesehnt hätte, gekannt und verstanden zu werden.
    Nach der Nachricht von Jozsefs Tod setzte ich mich in einen Park in Strandnähe und ließ die Umgebung auf mich wirken. Überall spielten Kinder, und ich beobachtete, wie natürlich sie einander ihre Gefühle mitteilten. Wenn sie jemand mochten, sagten sie es ihm. Wenn sie traurig waren, weinten sie und ließen es heraus, und dann waren sie wieder froh. Sie wussten noch nicht, wie man Gefühle unterdrückt. Es war schön zu beobachten, wie ehrlich sie miteinander umgingen. Außerdem war es erfrischend zu sehen, wie sie spielten und zusammenarbeiteten.
    Wir haben eine Gesellschaft geschaffen, in der die Erwachsenen voneinander isoliert leben. Der natürliche Zustand der Kinder, die ich beobachtete, war hingegen Zusammenarbeit, Ausdruck der eigenen Gefühle und Fröhlichkeit. Es machte mich zwar traurig, dass wir als Erwachsene die Fähigkeit zu so totaler Offenheit verloren haben, aber es gab mir auch Hoffnung. Wenn wir einmal so gewesen sind– der eine mehr, der andere weniger–, dann könnten wir vielleicht auch lernen, wieder so zu werden.
    Ich fasste einen klaren Entschluss, als ich dort im Park am Strand saß. Die Dinge, die der arme Jozsef bereut hatte, würde ich nie bereuen müssen. Es wurde Zeit, mehr Mut zu entwickeln und meinen Gefühlen stärker Ausdruck zu verleihen.
    Die Mauern um mein Herz waren überflüssig geworden. Und endlich hatte der Prozess des Einreißens begonnen.

Frei von Schuldgefühlen
    Die Glocke klingelte und riss mich in meiner neuesten Bleibe aus dem Schlummer. Ich schlüpfte in meine Pantoffeln, wickelte mich in einen Morgenmantel und ging die Treppe hoch zu Jude. Sie brachte ein paar Worte hervor, die für ein ungeübtes Ohr wie ein Knurren geklungen hätten, und bat mich, sie umzulagern, weil ihr Bein ihr Schmerzen verursachte. Sobald sie es bequem hatte und wieder lächelte, schaltete ich ihre Lampe aus, wünschte ihr süße Träume und ging zurück in mein schönes bequemes Bett.
    Jude hatte mich per Mundpropaganda gefunden. Irgendjemand aus Songwriter-Kreisen wusste, dass ich als Pflegerin und Housesitterin arbeitete, und gab meine Telefonnummer weiter. Die Mehrheit meiner Patienten war bis jetzt älter oder zumindest in ihrer zweiten Lebenshälfte gewesen, und die meisten starben an einer Krankheit, die mit Krebs zu tun hatte, aber nicht alle. Jude hingegen war erst vierundvierzig und litt an einer Erkrankung der Motoneuronen. Ihr Mann und ihre Tochter, eine bezaubernde Neunjährige mit rotbraunen Locken und einem goldigen Lächeln, waren liebevolle, wunderbare Leute, genau wie Jude.
    Als ich die Arbeit bei ihr antrat, hatte die Familie die Agenturen, die ständig neue Leute schickten, gründlich satt. Jude hatte zahlreiche und sehr spezielle Bedürfnisse, vor allem was ihre Behaglichkeit und ihr abnehmendes Sprechvermögen betraf.

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