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5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

Titel: 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronnie Ware
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ersten paar Wochen wanderte ich über zerklüftete Klippen, während zu meinen Füßen das Wasser gegen die Felsen brandete. Ich fühlte mich unglaublich lebendig, wenn ich mit Hut und dickem Mantel lange Spaziergänge unternahm und mich dabei vom kalten Seewind anpusten ließ. Ich genoss es und ging spazieren, solange ich konnte. Dann setzte ich mich im Haus ans offene Kaminfeuer und verbrachte den Abend mit Schreiben und Gitarrespielen.
    Ich hätte zwar ewig so weitermachen können, aber irgendwann brauchte ich auch wieder ein Einkommen, und so begann ich Elizabeth zu pflegen. In gewisser Hinsicht brach mir ihre Situation das Herz, aber ich hatte inzwischen gelernt zu akzeptieren, dass uns allen verschiedene Lektionen erteilt werden. Was für andere tragisch aussehen mag, konnte für die betroffene Person zugleich eine große Gelegenheit sein zu wachsen und zu lernen.
    Während ich meine eigenen Probleme aufarbeitete, lernte ich erkennen, was für Geschenke in solchen Lernprozessen auf uns warten, und auch ich wurde durch meine Vergangenheit letztlich beschenkt. Ich entdeckte viel Gutes, Gaben, die ich nicht bekommen hätte, wenn ich im perfekten Elternhaus groß geworden wäre– wenn es so etwas denn überhaupt gibt. Stärke, Vergebenkönnen, Mitleid, Freundlichkeit und viele andere Lektionen hatte ich erst durch meine persönlichen Umstände gelernt– für diese Umstände an sich war ich weiß Gott nicht nur dankbar, aber sie formten aus mir tagtäglich einen besseren Menschen.
    Also musste ich auch angesichts des Leids meiner Patienten innerlich einen Schritt zurücktreten und akzeptieren, dass ich nicht wusste, was sie dabei lernen sollten. Aus irgendeinem Grund hatten sie genau die Art von Leben angezogen, die sie lebten, und es lag nicht an mir, daran etwas zu ändern. Ich war hier, um ihnen in ihren letzten Wochen liebevolle Pflege, Freundschaft, Akzeptanz und Behutsamkeit angedeihen zu lassen. Wenn ihnen das half, ihren Frieden zu finden, wie es ja manchmal der Fall war, dann war meine Arbeit gleich noch mal so befriedigend für mich. Ich gab etwas und bekam dafür etwas zurück, und meine Arbeit auf diesem Gebiet beschenkte mich ja nun wirklich reich.
    Außerdem war es mir eine Ehre, mit Sterbenden zu arbeiten. Ihre Erinnerungen und Geschichten änderten mein eigenes Leben. Es war ein unschätzbar wertvolles Geschenk, dass ich in meinem Alter schon an ihren Gedanken und Einsichten teilhaben konnte. Vieles von dem, was ich von meinen Patienten gelernt hatte, konnte ich inzwischen auf mein eigenes Leben anwenden. Ich musste nicht warten, bis ich auf dem Sterbebett lag, um dann dieselben Dinge zu bereuen wie sie. Jedes Mal, wenn ich das Haus eines neuen Patienten betrat, betrat ich gleichzeitig ein neues Klassenzimmer, entweder mit neuen Lektionen oder mit ähnlichen, nur aus anderer Perspektive. In beiden Fällen nahm ich so viel wie möglich in mich auf.
    Elizabeth war noch keine ältere Frau, vielleicht fünfundfünfzig Jahre alt. Sie war die letzten fünfzehn Jahre Alkoholikerin gewesen und starb nun an den Krankheiten, die sie sich durch ihre Sucht zugezogen hatte. Am Morgen meiner Ankunft schlief sie noch, und ihr Sohn führte mich unterdessen durchs Haus und erklärte mir ihre Krankheit. Außerdem verkündete er mir, die Familie habe beschlossen, ihr nicht zu sagen, dass sie im Sterben lag. » Ach je « , dachte ich. » Nicht schon wieder. «
    Da ich mich ständig selbst weiterentwickeln und inneren Frieden finden wollte, versuchte ich so viel wie möglich in der Gegenwart zu leben. Wie ich bald merkte, war das im Fall von Elizabeth der einzig gangbare Weg. Wenn sie mich fragen sollte, ob sie im Sterben lag, würde ich mich damit befassen, vorerst musste ich mir aber keine Gedanken darüber machen. Vielleicht würde sie mich nie fragen, das war okay für mich– aber belügen würde ich sie sicher nicht.
    Verwirrung und Verzweiflung umgaben Elizabeth. Die Familie hatte allen Alkohol aus dem Haus entfernt und in einen Schrank in der Garage gesperrt, wo sie sich selbst bedienten, wenn sie Lust hatten. Da Elizabeth sterbenskrank war, hatten sie beschlossen, ihr jeden Zugang zu Alkohol komplett zu verwehren. Das fand ich entsetzlich. Sie lag doch sowieso im Sterben, also warum wollten sie ihr zusätzlich noch den Schmerz eines Entzugs antun? Aber auch hier galt: Es war nicht mein Leben, und meine Entscheidung war es auch nicht.
    Schon in allzu jungen Jahren hatte ich mit Alkoholikern zu tun gehabt. Als

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