5 STERNE FÜR DIE LEIDENSCHAFT
Sam musste jemanden in ihr Zimmer geschickt haben.
„Keinen Mucks, meine Kleine“, flüsterte sie Muffin zu.
Neben den Kleidern lag auch ihre elektronische Zimmerkarte. Gott sei Dank. Wenn sie sich leise genug verhielt, konnte sie sich mit Muffin davonschleichen, ohne Sam unter die Augen treten zu müssen.
Vorsichtig nahm sie die Kleider hoch. Es rührte sie, dass Sam sich darum gekümmert hatte.
Oder war das gar nicht so uneigennützig und großherzig? Hatte Sam die Kleider vielleicht nur bereitgelegt, um sie so schnell wie möglich loszuwerden? Alte Gefühle der Unsicherheit stiegen wieder in ihr auf. Muffin sprang auf und ab, und dabei klingelte das Glöckchen um ihren Hals.
„Psst, Muffin. Sei still.“
Mit einer schnellen Bewegung nahm Bella Muffin das Halsband mit dem verräterischen Glöckchen ab.
Nur weg von hier! Bella wollte auf keinen Fall auf einem Foto zusammen mit einem der begehrtesten Junggesellen der Welt auftauchen. Oder gar eine Beziehung mit ihm haben.
Schnell zog sie sich an und setzte Muffin ins Hundekörbchen. Dann schlich sie sich zur Tür. Als sie bereits im Türrahmen stand, sah Bella sich noch einmal um und blickte zur Badezimmertür. Wehmut stieg in ihr auf. Was wohl passiert wäre, wenn sie gemeinsam geduscht hätten?
Mensch, Bella, sei nicht so blöd, sagte sie sich. Was wäre wenn, so ein Schwachsinn. Sie hatten tollen Sex zusammen gehabt, und das war’s. Sex zwischen zwei erwachsenen Menschen, die beide keine feste Bindung wollten.
Es war vorbei.
Lautlos schloss sie die Tür hinter sich und nahm den Fahrstuhl hoch zu ihrer Etage. Das wäre geschafft! Normalerweise müsste sie jetzt mit Muffin Gassi gehen, aber sie fühlte sich noch nicht bereit dazu, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Deshalb wandte sie sich an den Fahrstuhlführer.
Dienstbeflissen sah er sie an. „Brauchen Sie Hilfe mit Ihrem Hündchen, Mademoiselle?“
Der Mann war schnell von Begriff. So etwas schätzte sie. „Ja, danke. Die Kleine müsste nur mal Gassi gehen. Wenn Sie das übernehmen könnten …? Die Leine liegt hier in ihrem Hundekörbchen.“ Sie überreichte dem Mann das Körbchen und gab ihm schnell ein paar Anweisungen.
Als sie in ihrem Stockwerk angekommen war, ging sie zu ihrer Tür. Jetzt eine Dusche, frische Kleider – und dann in ein anderes Hotel umziehen, schoss es ihr durch den Kopf. Mit einem Ruck zog sie ihre Chipkarte durch den Schlitz und öffnete die Tür.
Eine Sekunde später blickte sie erstaunt in das Gesicht der Person, mit der sie am allerwenigsten gerechnet hatte.
4. KAPITEL
Bella hielt sich am Türgriff fest und bekämpfte den Impuls, zurück in den Flur zu gehen. Auf der Couch saß ihre Cousine Charlotte und blätterte gelangweilt in einer Zeitung.
Ihre Cousine – oder, wie sie jetzt wusste, eigentlich ihre Halbschwester. Schließlich hatten sie beide denselben Vater.
Was für ein verwirrender Stammbaum! Bella hatte drei Brüder, mit denen sie aufgewachsen war, und vor Kurzem hatte sich herausgestellt, dass ihre beiden Cousins in Wirklichkeit ihre Halbgeschwister waren.
Charlotte Hudson Montcalm lebte mit ihrem Mann, einem französischen Aristokraten, auf Schloss Montcalm, irgendwo in der Provence, weit weg von dieser Hafenstadt. Was, um Himmels willen, hatte sie in Marseille zu suchen?
Und warum saß sie in ihrer, Bellas, Hotelsuite?
Sie hatte Charlotte wirklich gern, aber durch die neuen Enthüllungen war ihre Beziehung urplötzlich eine andere geworden, und damit kam Bella noch nicht klar. Sie brauchte Zeit, um das alles zu verarbeiten. Eigentlich wollte sie zurzeit niemanden aus der Verwandtschaft sehen.
Andererseits – warum war sie dann gerade in das Land geflüchtet, in dem ihre Cousine oder Halbschwester mit ihrem Mann Alec lebte?
Bella seufzte auf. Jetzt fing sie schon wieder an zu grübeln. Das wollte sie sich doch abgewöhnen.
Energisch schloss sie die Tür hinter sich und trat ins Zimmer. Durchs Fenster sah man die Segelboote im Hafen.
Bella zwang sich zu einem freundlichen Lächeln und nahm Charlotte in die Arme. Sie wollte sich so normal wie möglich benehmen. „Hallo, Charlotte. Das ist ja eine Überraschung, dass du hier auf mich wartest.“
Charlotte trug immer noch ihr Lieblingsparfüm. Das gleiche wie früher, als die beiden zusammen ihre Sommerferien verbracht, über Jungs geredet und Make-up ausprobiert hatten.
„Selber hallo“, erwiderte Charlotte strahlend. Ihre Schwangerschaft musste schon weit fortgeschritten sein, dick,
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