5 Tage im Sommer
entblößte dabei eine zweireihige Zahnspange. Er beugte sich über den Tresen. »Was kann ich für Sie tun, Sir?«
»Meine Frau hat gestern hier eingekauft«, begann Will.
Todd nickte lächelnd.
»Und sie ist seitdem nicht mehr nach Hause gekommen.«
Todds Lächeln verblasste.
»Sie wurde zuletzt hier gesehen.«
»Sind Sie sicher, dass sie hier eingekauft hat, in diesem Super Stop & Shop? Wir haben überall auf dem Cape Filialen. Und dann gibt es noch einen Shaw’s drüben auf den Commons.«
»Sie kauft immer hier ein«, entgegnete Will. »Auf dem Kassenbon steht, dass sie an Kasse acht bezahlt hat. Könnten Sie mir sagen, wer dort gestern Nachmittag gearbeitet hat?«
Todd brauchte einen Moment, um über das Ansinnen nachzudenken. »Nun, eigentlich spricht nichts dagegen. Einen Moment bitte.« Er verschwand im Hinterzimmer und kam kurz darauf wieder zurück. »Das muss Pam gewesen sein.«
»Ist sie jetzt auch hier?«
»Nein, heute hat sie frei.«
»Ich würde gern mit ihr sprechen.«
»Persönliche Informationen über unsere Angestellten darf ich nicht herausgeben«, entgegnete Todd mit seinem spangenbewehrten Lächeln. »Tut mir Leid. Die Vorschriften.«
»Sie könnte die letzte Person sein, die meine Frau gesehen hat. Ich würde wirklich gern mit ihr sprechen.«
»Nun, Sir, ich kann einfach nicht viel mehr für Sie tun. Haben Sie es schon bei der Polizei versucht?«
»Könnte ich mit Pams Vorgesetztem reden?«
»Das bin ich, und wie gesagt: Sie hat ein Recht auf Privatsphäre.«
Das Kind war wirklich der Manager. Will kam sich auf einmal alt vor.
»Kann ich Ihnen sonst noch irgendwie behilflich sein?«, fragte Todd mit unverbindlicher Freundlichkeit. Sein glitzerndes Lächeln ließ jede Hoffnung auf weitere Auskünfte erlöschen.
»Nein.« Will wandte sich zum Gehen, drehte sich dann aber noch einmal um, weil er Todd am liebsten einen kleinen Rat gegeben hätte. Er wusste gar nicht genau, welchen, vielleicht den Anstoß, sich mehr zu öffnen, mehr Mensch zu sein und nicht Repräsentant eines Jobs. Aber vielleicht wollte er auch nur seine Frustration an einem leichten Opfer abreagieren. Aber dann sah er Geary um die Ecke kommen. Die Entschlossenheit des alten Mannes machte Will Angst. Intuitiv machte er kehrt und marschierte durch die erstbeste nicht besetzte Kasse, direkt in den Supermarkt hinein.
Die Gänge waren lang und breit, die Regale randvoll mit allem, was unter der amerikanischen Sonne und anderenorts produziert wurde. Der blassgrüne Boden war auf Hochglanz poliert. Will lief die Gänge auf und ab, überfordert von dem Angebot, aus dem er normalerweise ohne die geringsten Probleme auswählte. Er hatte nichts erreicht, und das setzte ihm schwer zu. Was sollte er jetzt tun? Er hatte keine Ahnung, welche Möglichkeiten es gab und wo er anfangen sollte, nach Emily zu suchen.
Er hatte Angst innezuhalten, wenn er in Bewegung blieb, würde sie vielleicht hier Gestalt annehmen, in diesem Moment. Sie würde bei den Kakaodosen stehen und die einzelnen Marken vergleichen. »Welche von den beiden«, würde sie ihn fragen und zwei Dosen mit Kakaopulver in die Höhe heben, »würden die Kinder wohl lieber mögen? Maxi würde bestimmt diese mit dem Bären lieber haben, aber David hätte bestimmt die gute dunkle Schokolade am liebsten. Sammy, glaub ich, wär es egal.« Emily würde den ganzen Abend vor diesem Regal stehen bleiben, um die richtige Kakao-Wahl für ihre Kinder zu treffen. Sie war eine Planerin. Ihr war es wichtiger, vorbereitet zu sein als gut ausgeschlafen. Wie oft war er morgens aufgewacht und hatte festgestellt, dass sie bereits aufgestanden war, um irgendetwas für irgendjemanden bereit zu haben? Ihr gefiel es sogar, noch vor dem Morgengrauen in Ruhe zu frühstücken.
Aber als er die Augen öffnete, war sie nicht da. Die Ernüchterung nahm ihm alle Kraft. Er ließ den Kopf sinken und schlug die Hände vors Gesicht.
»Ovaltine«, sagte eine Stimme.
Will hob den Blick. Geary.
»Ich habe es mein ganzes Leben lang getrunken, und es hat sich kein bisschen geändert.«
Will atmete tief durch. Geary sah ihm in die Augen.
»Ich war fast dreißig Jahre beim FBI, zehn davon auf Streife. Wenn jemand mich wie einen lästigen alten Versager behandelt, nur weil ich im Ruhestand bin, dann wurmt mich das.« Geary schlug sich auf die Brust. »Ich bin hier am Start, mit oder ohne Gehalt.« Ohne den Blick von Will zu nehmen, holte er eine große Dose Ovaltine aus dem Regal. »Manche Sachen
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