5 Tage im Sommer
ha ha. Bring mich so früh nicht schon zum Lachen, sonst platzen mir noch die Hämorrhoiden, und du bist der einzige Arzt, den ich dahinten ranlassen würde.«
»Nana, John, du weißt, meine Kenntnisse beschränken sich auf die Eingeweide des Verstandes.«
»Ja, und meiner ist eine Klärgrube. Aber Spaß beiseite, können wir mal einen Moment ernst sein?«
»Natürlich.«
»Hör mir zu, Roger. Ich bin an einem interessanten Fall dran. Handelt sich vielleicht um einen Wiederholungstäter.«
»Ach ja?«
»Ungelöster Fall. Passt eventuell zu einer aktuellen Vermisstenanzeige. Ich habe da einen starken Verdacht und würde gerne deine Meinung hören.«
»Ohne dass jemand was dafür zahlt, wenn ich mich nicht irre?«
»Roger, ich habe dich jahrelang bei meinen Fällen als Berater eingeschaltet.«
»Du kannst auf mich zählen«, erwiderte Bell. »Hast du schon gefrühstückt?«
»Um fünf Uhr. Ich muss noch etwas erledigen, lass uns zum Lunch treffen. Punkt zwölf, Lizzy’s Diner.«
»Bis heute Mittag dann.«
Geary legte auf, öffnete den Kühlschrank und trank einen großen Schluck Orangensaft. Mit den Handflächen wischte er sich ein paar Tropfen vom Kinn und stellte den Saft zurück. Viel zu essen war nicht mehr im Kühlschrank.
Ein paar Lebensmittel wären nicht schlecht. Vielleicht sollte er mal den neuen Stop & Shop gegenüber von Mashpee Commons ausprobieren. Wenn Emily Parker dort einkaufte, sollte der Laden doch auch für ihn gut genug sein.
KAPITEL 4
D er Kaffee bei der Polizei hatte Will fahrig gemacht, und jetzt, auf dem Weg über die 151 zum Mashpee-Kreisel, musste er immer wieder tief Luft holen, um das Zittern zu stoppen. Der Schweiß rann ihm über den Rücken und hinterließ eine nasse Bahn auf seinem Hemd. Emily musste doch irgendwo sein, oder? Sie löste sich doch nicht einfach in Luft auf? Er musste sie finden. Ungeduldig wartete er, bis die rote Ampel an der Kreuzung zwischen Mashpee Commons und dem neuen Einkaufszentrum endlich grün wurde. Die Kinder würden jetzt so langsam aufwachen. Hoffentlich hatte Sarah die Kraft, sich zusammenzureißen. Er würde sich später bei ihr melden und versuchen sie zu beruhigen. Die Ampel schaltete um, und er fuhr auf den Parkplatz des Stop & Shop . Leute schlenderten in den Supermarkt hinein, andere kamen mit voll beladenen Einkaufswagen heraus, als sei dies ein ganz gewöhnlicher früher Morgen. Will neidete ihnen den so selbstverständlichen Einkauf. Erst gestern noch war Emily eine von ihnen gewesen. Sie war in den Laden hineingegangen, und sie war auch wieder herausgekommen – so viel wusste er.
Auf dem Parkplatz standen erst wenige Autos. Die meisten besetzten die besten Plätze am Eingang. Nur ein Wagen stand am äußersten Ende des Platzes. Will konnte sehen, dass er weiß war, wie ihr Wagen. Er fuhr näher heran. Ein weißer Volvo Kombi. Wie ihrer. Noch näher. Ein 9VL. Wie ihrer. Und dann erkannte er die New Yorker Nummer, ihre Nummer.
Er parkte den SUV, sprang hinaus und rüttelte an den Türen des Kombis. Alle waren verschlossen. Auf der Rückbank sah er Maxis Kindersitz, von Saft und Süßigkeiten beschmutzt. Die schwarzweiße Schmusekatze, die er ihr Anfang des Sommers als Kuscheltier geschenkt hatte, hing über eine Armlehne. Eines der blauen Augen war mit Schokolade bekleckert. In der Mitte der Sitzbank lagen Beutel mit Sams holographischen Pokémon-Karten; er trug sie stets bei sich für den Fall, dass er neue Kinder auf dem Spielplatz traf. Im Netz auf der Rückseite des Fahrersitzes steckte Der König von Narnia , das David vor ein paar Wochen auf ihrer Fahrt zum Cape zu Ende gelesen hatte. Neben dem Fahrersitz stand eine halb leere Flasche Mineralwasser, von innen beschlagen.
Ihr Schlüssel steckte nicht im Zündschloss. Er benutzte seinen eigenen, um die Fahrertür zu öffnen. Der grässliche Gestank verdorbener Lebensmittel stieg ihm in die Nase. Die Einkäufe. Sie mussten hier im Wagen sein.
Er riss die Kofferraumtür auf. Hier war der Gestank noch schlimmer. Die Milch war in der Hitze sauer geworden, und der Käse hatte begonnen zu schimmeln. Der Geruch war fürchterlich, aber das, was er implizierte, war noch viel schlimmer. Jemand hatte Emily entführt. Unmittelbar nachdem sie miteinander gesprochen hatten. Will schluckte schwer und trat einen Schritt zurück. Instinktiv wollte er alles in den nächsten Mülleimer befördern. Aber waren das nicht Beweismittel? Zumindest doch Beweise dafür, dass sie hier gewesen war.
Er
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