5 Tage im Sommer
den kleinen Jungen an.
»Ich dachte, Sie wären von der Polizei.«
»Bin ich auch, sozusagen. Ich bin Detective.«
»Und wo ist Ihre Uniform?«
Ihre Leinenhosen und das blaue T-Shirt waren offenbar eine Enttäuschung für ihn.
»Detectives tragen normale Kleidung.«
»Und Sie schnappen Verbrecher, so wie die Polizei?«
Amy nickte. »Ich versuche es.«
»Meine Mommy ist verschwunden, glaub ich.« Er ging zum Streifenwagen und spähte hinein. Sie wusste nicht, ob er nach seiner Mutter Ausschau hielt oder nur die Ausrüstung und die technischen Geräte bewunderte, die vorne drin lagen.
»Bist du schon mal in so einem Wagen mitgefahren?«, fragte sie ihn.
Er schüttelte den Kopf.
»Nun, vielleicht ergibt es sich ja demnächst mal.«
»Wieso nicht jetzt?«
»Ich hab im Moment ein bisschen was zu tun.« Amy beugte sich zu Sam hinunter. »Außerdem würdest du sowieso die Erlaubnis deiner Eltern brauchen. Das weißt du doch, nicht wahr?«
Er nickte.
Aus dem Inneren des Hauses hörte Amy immer lauter werdende Stimmen. »He, ist dein Daddy zu Hause? Oder deine Großmutter?«
Im selben Moment stieß Will Parker die Fliegentür auf. »Detective! Ich sehe, Sie haben Sam kennen gelernt.«
Amy lächelte Will an. »Ja, das hab ich. Ist alles okay?«
»Sam«, sagte Will, »geh mit David nach unten. Die Erwachsenen müssen sich unterhalten.« Sam lief ins Haus.
»Hübscher Garten.«
»Meine Schwiegermutter Sarah hat einen grünen Daumen.«
»Das sieht man.«
»Irgendwelche Neuigkeiten, Detective?«
»Nein. Aber es haben Leute angerufen. Anscheinend hat jemand Plakate aufgehängt.«
Will nickte. »Sarah. Wir haben gerade darüber diskutiert.«
»Diskutiert«, sagte Amy.
»Die Situation ist neu für uns. Wir wissen nicht, wie wir uns verhalten sollen.«
»An sich ist daran nichts auszusetzen.«
Sarah erschien in der Fliegentür, Maxi auf der Hüfte. »Also war es kein Fehler?« Sie schloss die Tür hinter sich und trat zu ihnen. Amy bemerkte die dunklen Ringe unter Sarahs Augen und ihre dünne Haut.
»Alles, was uns bei der Arbeit helfen kann, ist uns willkommen. Es wäre jedoch besser gewesen, wenn Sie sich mit uns abgestimmt hätten. Wir hätten Ihnen ein paar Ratschläge geben können, was darauf erwähnt werden sollte.«
»Wir wollen nur Emily finden.« Sarah strich ein Löckchen hinter Maxis Ohr.
Amy unterdrückte den Impuls, die Wange des kleinen Mädchens zu streicheln. »Ebendas wollen wir auch.«
»Ich bin heute Morgen zu dem Supermarkt gefahren«, sagte Will. »Der Wagen stand da, und ich hab rumgefragt …«
»Ich weiß. Ich komme gerade von dort.«
»Es hat letzte Nacht geregnet.« Es klang wie ein Vorwurf, so als hätte sie persönlich den Wettergott gebeten, die Überlebenschancen seiner Frau zu verschlechtern. Doch Amy wusste nur zu gut, dass sie die Anspannung der Familie nicht persönlich nehmen durfte.
»Mister Parker, ich habe in diesem Moment ein Team von der Spurensicherung an Ort und Stelle. Der Wagen wird sichergestellt. Wir werden jeden Quadratzentimeter mit dem Mikroskop untersuchen.«
»Wann?«
»Heute. Jetzt in dieser Minute.«
»Warum hat das so lange gedauert?«
Amy stockte. Wenn sie selbst die Nachtschicht gehabt hätte, hätte sie sofort etwas unternommen. Aber Snow sah solche Dinge anders: Wenn eine Ehefrau verschwand, vermutete er, dass sie eben durchgebrannt war, wie seine eigene Frau es getan hatte, und wieder auftauchen würde, wenn sie nur wollte. Oder auch nicht, wie seine Frau es vorgezogen hatte. Doch das konnte sie Will Parker nicht sagen.
»Vorschriften«, antwortete sie stattdessen. »Es gibt eine 24-Stunden-Frist bei Erwachsenen …«
»Hat jemand mit den Leuten gesprochen, die im Supermarkt arbeiten? Sie vielleicht?«
»Das habe ich. Und ich weiß auch, dass Sie und Mister Geary uns zuvorgekommen sind.«
»Haben Sie auch von diesem Mister White gehört?«
Amy versuchte so ruhig wie möglich zu klingen. »Mister Parker, es wäre besser, wenn Sie diese Arbeit uns überlassen würden. Wir haben von dem ominösen Mister White erfahren und werden ihn überprüfen. Wir wissen, dass Ihre Frau keine sonstigen Besorgungen mehr erledigt hat. In keinem der anderen Geschäfte am Ort wurde sie gestern gesehen. Heute Nachmittag bekommen wir einen vorläufigen Bericht von der Spurensicherung. Glauben Sie mir, wir sind an dem Fall dran. Lassen Sie uns unsere Arbeit tun.«
»Und was kann ich tun?« Es war Bitte und Kommentar zugleich.
»Sie sollten beide
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